Serie „Auf ein Kölsch“Monika Adam zapft Kölsch in früherem OP-Saal

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Ihren Gästen serviert Monika Adam Reissdorf Kölsch. Im Hintergrund steht ihr Mann Karl Heinz Schiffer, der ebenfalls hier arbeitet.

Ihren Gästen serviert Monika Adam Reissdorf Kölsch. Im Hintergrund steht ihr Mann Karl Heinz Schiffer, der ebenfalls hier arbeitet.

Eine Kneipe wollte die 73-Jährige schmeißen, seit sie 18 Jahre alt war. Krieg, Regierung, Urlaub, Rente: Ihre Gäste in Mülheim reden über alles.

Das Reissdorf Fass an der Mülheimer Freiheit gleicht einem Museum für Kleinod, Tand und Tinnef: Kaum eine Fläche, auf der Wirtin Monika Adam nicht ihre ausgeprägte Sammlung von Kaffeemühlen platziert hätte, bunte Karnevalsorden oder Teekannen aus Blech. „Ich habe hier jede Menge Altertümcher – wenn die Leute zu Hause noch einen Staubfänger haben, wissen sie: Bei Moni ist noch ein Eckchen frei“, sagt die 73-Jährige, der man das Alter nicht ansieht.

In der Kneipe von Monika Adam gibt es viel zu sehen, jeder Zentimeter scheint genutzt.

In der Kneipe von Monika Adam gibt es viel zu sehen, jeder Zentimeter scheint genutzt.

Wieso sind Sie Wirtin geworden?

Eine eigene Kneipe zu schmeißen, das sei schon immer Adams Wunsch gewesen. „Seit ich 18 bin“, sagt sie. Die erste betrieb sie damals im heimischen Saarbrücken. 47 Jahre in Köln haben ihren Dialekt nicht überdecken können, noch heute sagt sie „Finschter“ für Fenster. „Hergekommen bin ich natürlich der Liebe wegen“, sagt Adam. Zunächst betrieb sie einen Kiosk, ab 1996 das Reissdorf Fass, das zwölf Jahre zuvor noch ein OP-Saal war.


Neue Serie „Auf ein Kölsch“

Therapeut, Kummerkasten, Lebensberater, Gesprächspartner – Wirte und Wirtinnen haben häufig noch ganz andere Jobs als lediglich den Ausschank von Kölsch oder anderen Getränken. Wir gehen für unsere neue, in unregelmäßigen Abständen erscheinende Serie „Auf ein Kölsch“ in die Veedel-Kneipen und sprechen mit Wirten und Wirtinnen darüber, was sie an ihrem Job lieben, was ihnen im Veedel fehlt und was ganz hervorragend läuft. Und natürlich wollen wir auch wissen: Wird der FC übertragen? Wird Karneval gefeiert?


Was lieben Sie an Ihrem Job?

Von einer „gemütlichen“ Kneipe spricht Monika Adam, „die Gäste lieben das“. Nie habe sie die Polizei im Lokal gehabt, stets sei alles friedlich. „Hierher kommt eher ein älteres Publikum, aber auch jüngere Leute. Die kommen super miteinander aus.“ Auch die Nachbarschaft zur alternativen Kneipe „Limes“, die direkt gegenüber liegt, kann Adam gutheißen. „Ab und zu kommen ein paar Gäste rüber, wenn es dort zu voll ist.“

Gibt es ein Highlight? Woran erinnern Sie sich besonders intensiv?

Gern erinnert sich die 73-Jährige an die Party, die ihre Gäste zu ihrem 22. Jubiläum organisiert hatten. Ihr Ehemann Karl Heinz Schiffer habe sie an jenem Samstag in die Kneipe zitiert. „Ich hatte überhaupt keine Lust und habe auch nichts geahnt“, sagt sie. Sogar das Schild über dem Eingang habe sie übersehen.

„Aber dann habe ich die Tür geöffnet und der Laden war rappelvoll, es waren bestimmt 60 Leute da und eine Live-Band. Die Gäste haben ein Büfett organisiert, da bin ich einmal in die Ecke zum Heulen gegangen“, sagt sie. „Das kann nix toppen.“

Was ist besonders am Veedel?

Monika Adam lebt mit ihrem Mann nur ein paar Straßen weiter. „Mülheim ist ein schönes Veedel, besonders zum Rhein runter“, sagt sie, die sogar dem grauen Wiener Platz etwas abgewinnen kann. „Es ist immer spannend, mit Leuten zu reden, die sich erinnern, wie die oder die Ecke früher ausgesehen hat.“

Was läuft schlecht im Veedel? Was würden Sie sich wünschen?

„Es könnte ein bisschen sauberer sein“, meint Adam. „Hier oben an der Mülheimer Freiheit haben wir keine Probleme, aber besonders am Rheinufer ist es stellenweise katastrophal. Ein paar Mülleimer würden nicht schaden“, sagt sie. „Aber der Dreck, der Dreck.“

Was ist grade das heiße Thema an der Theke? Was treibt die Menschen im Veedel um?

Ihre Gäste redeten über alles, was sie bewege. „Die Kriege momentan, das Weltgeschehen, unsere Regierung, die in der Welt. Ich muss immer darauf achten, dass das nicht zu intensiv wird, denn es sind auch konträre Meinungen dabei.“ Man müsse vernünftig miteinander diskutieren. „Ich erinnere daran, dass nichts verallgemeinert wird, denn jeder darf seine Meinung haben, aber in gemäßigtem Ton.“

Ansonsten redeten die Leute über Alltägliches: „Wer Geburtstag hat, wer heiratet, über Urlaub und Rente. Viele haben auch zu Hause keinen Ansprechpartner“, sagt sie.


Reissdorf Fass

  • Was kostet ein Kölsch? Im Reissdorf Fass stellt Monika Adam - wenig überraschend - Reissdorf Kölsch auf den Deckel. Es kostet 1,80 Euro.
  • Wird der FC übertragen? Der FC wird nicht übertragen, aber alle Fußballspiele, die im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sind - insbesondere Länderspiele der Nationalelf.
  • Wird Karneval gefeiert? Höhepunkt der Karnevalssession ist im Reissdorf Fass die hauseigene Sitzung Anfang Januar. Denn in der Kneipe gründete sich einst ein Karnevalsverein, der sein Bestehen alljährlich mit einer Sitzung samt Orden und Büttenreden zelebriert. Auch an tollen Tagen selbst ist geöffnet.
  • Gibt es Sitzmöglichkeiten draußen? Einige Stühle und Tische stehen draußen bereit, Stammgäste finden ihren Platz aber direkt an der Theke.
  • Adresse Reissdorf Fass, Mülheimer Freiheit 152. Geöffnet montags bis samstags von 17 bis 2 Uhr. Telefon: 02216402513
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