Statt BlumenFünf Ideen, die Müttern wirklich weiterhelfen würden – nicht nur am Muttertag

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Eine selbst gemalte Karte mit Herz steckt in einem Blumenstrauß, während auf einem Kühlschrank Fotos einer Familie hängen.





Dieser Blumenstrauß und die Karte sind zum Muttertag.

Mütter brauchen keine Blumen, sondern Gerechtigkeit.

Suchen Sie noch ein Muttertags-Geschenk? Wir hätten da ein paar Ideen, die das Leben von Müttern tatsächlich verbessern würden

Erstmal Gratulation an alle Frauen! Ihre Leistung ist gigantisch. 72 Milliarden Stunden Sorgearbeit übernimmt allein das weibliche Geschlecht in Deutschland im Jahr – Männer leisten dagegen nur gut die Hälfte. Käme das ganze Kochen, Einkaufen, Waschen, Helfen, Betreuen, Trösten, Motivieren, Zuhören, Bügeln, Organisieren, an Termine und Geschenke Denken in einem Wirtschaftsbericht vor, würden alleine Frauen den mit Abstand größten Wirtschaftszweig des Landes beackern. Zum Vergleich: Das Arbeitsvolumen der Volkswirtschaft, also die Summe aller in Deutschland geleisteten bezahlten Erwerbsstunden, beträgt jährlich insgesamt nämlich nur gut 60 Milliarden Stunden.

Umso erstaunlicher, dass diese Leistung in Wirtschaftsberichten gar nicht vorkommt. Schließlich ist sie unbezahlt und bleibt damit im Schatten von Wirtschaftsstatistiken. Dabei steht dahinter ein gigantisches Geldvolumen. Würden allein Kinderbetreuung und Angehörigenpflege in Deutschland durchschnittlich entlohnt, hätte sie einen Wert von 1,2 Billionen Euro, rechnet das Wirtschaftsforschungsunternehmen Prognos vor. Zum Vergleich: Das gesamte deutsche Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2023 betrug vier Billionen Euro.

Wer hält die Wirtschaft am Laufen, wenn es keine aufgezogenen Kinder mehr gibt?

Noch wertvoller wird die Sache, wenn man den Pfad des Geldes für einen kurzen Moment verlässt und sich überlegt, worauf unser Wirtschaftssystem denn fußt: Am Ende auf gut aufgezogenen, jahrelang durchgefütterten Menschen, denen Eltern – und hier immer noch überwiegend Mütter – irgendwann mal unter anderem das Sprechen, das Laufen, das Bitte-und-Danke-Sagen, den gegenseitigen Respekt, das Niemals-Aufgeben und das Ohrenwaschen beigebracht haben.

Diese Argumente müssten jeden Verfechter des Leistungsprinzips davon überzeugen, dass Mütter, die am stärksten von der ungleich verteilten Last der Sorgearbeit beschwert sind, finanziell nicht im Nachteil sein dürften. Laut einer Bertelsmann-Studie kommen aber gerade diejenigen, die sich um Kinder kümmern, ungleich schlecht weg. Eine Frau mit zwei Kindern verdient demnach in ihrem Leben nur etwa halb so viel Lohn wie eine kinderlose Frau oder ein Mann (mit oder ohne Kinder). Für Frauen mit drei Kindern vergrößert sich die Lücke auf fast 70 Prozent.

Um diese Ungerechtigkeit auszugleichen, sind Blumen zum Muttertag ungeeignet. Es gäbe aber andere Wege, um für Gerechtigkeit zu sorgen.

Anreize für eine hälftige Aufteilung der Elternzeit

Häufig donnert die Last der Familienarbeit kurz nach der Familiengründung unbarmherzig Richtung Frau. Wo vorher partnerschaftlich gelebt wurde, kümmert sich nach der Geburt des ersten Kindes plötzlich hauptsächlich die Mutter um das Windelwechseln, Füttern, in den Schlaf Wiegen. Und wo sie schon mal dabei ist und von der Lohnersatzleistung des Elterngeldes profitiert, übernimmt sie meist auch das Kochen und Putzen und Kuchenbacken mit – und bleibt auf diesen Aufgaben Jahrzehnte sitzen, auch wenn die Elternzeit dann längst vorbei ist.

Helfen würden Anreize, die Elternzeit gleichmäßig unter den Partnern aufzuteilen und damit für Gerechtigkeit von Anfang an zu sorgen. So könnte der Staat das Elterngeld für diejenigen aufstocken, die sich die Betreuungsmonate hälftig teilen. Derzeit ist die Quote noch ernüchternd. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes planten 2023 Väter in NRW mit durchschnittlich gut vier Monaten Elternzeit, während Mütter vorsahen, gut 15 Monate der Betreuungszeit zu übernehmen.

Betreuungs- und Arbeitszeiten aufeinander abstimmen

Auch eine bessere Qualität sowie eine bessere Verfügbarkeit und Verlässlichkeit der Betreuungsinfrastruktur würde Müttern das Leben erleichtern. Noch immer und seit Jahrzehnten quasi unverändert betreuen die allermeisten Kindertagesstätten und Grundschulen auch in Großstädten wie Köln stur bis höchstens 16.30 Uhr. Ungeachtet dessen, dass sich ein Achtstunden-Arbeitstag mit An- und Abreise bis dahin bei den meisten Arbeitgebern schon rein zeitlich gar nicht unterbringen lässt. Von der Problematik der langen Ferienzeiten und der selbstverständlichen Schließungen von Betreuungseinrichtungen an Brückentagen wollen wir gar nicht reden.

Am Ende sind es dann leider wieder die Mütter, die so gezwungen werden, auf Teilzeit zu reduzieren und damit – meist lebenslang – Karriere- wie Geldnachteile in Kauf zu nehmen. Investitionen in Kinderbetreuung, die eine Vollzeittätigkeit ermöglichen, würde die finanziellen Nachteile, die bislang in großen Teilen die Mütter alleine schultern müssen, auf alle Steuerzahler verteilen.

32-Stunden-Vollzeit für alle

Auch ein Überdenken des 40-Stunden-Vollzeit-Modells würde Müttern entgegenkommen. Die Soziologin Jutta Allmendinger schlug unlängst 32 Stunden als neue Vollzeit für alle vor. In der frei werdenden Zeit ließe sich Kindererziehung ebenso unterbringen wie Weiterbildung, gesellschaftliches Engagement oder die Pflege der eigenen Eltern. Und gerade letzteres wird in Zukunft wegen des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels in den Pflegeberufen auf immer mehr Angehörige zukommen.

Finanziell unterstütztes Zeit-Budget für Sorgearbeit und Ehrenamt

Denkbar wäre aber auch ein Zeit-Budget für Sorgearbeit und Ehrenamt, das jeder Arbeitnehmer auf das gesamte Erwerbsleben verteilen könnte. Also ein gewisses Kontingent für Auszeiten oder Stundenreduzierungen, wenn das Leben eben gerade mehr Zeit in Anspruch nimmt, als der normale Feierabend da so hergibt. Experten schlagen neun Jahre vor, in denen finanzielle Nachteile durch Ersatzleistungen sowie Rentenpunkte vom Staat ausgeglichen werden. Nicht nur für Mütter, sondern für alle, die sich kümmern wollen.

Steuern reformieren, Minijobs abschaffen

Wer seinen Muttertags-Geschenke-Korb jetzt noch nicht ganz voll hat, der kann noch eine Abschaffung der Minijobs mit reinpacken. Macht es dieses arbeitsmarktpolitische Instrument doch für viele Mütter unattraktiv, ihre Erwerbsarbeit aufzustocken und einen sozialversicherungspflichtigen Job inklusive Karrieremöglichkeiten anzunehmen. In der Realität wird dadurch die berufliche Weiterentwicklung von Müttern ausgebremst, außerdem verstärkt es ihre Altersarmut. Und wer anlässlich des Muttertags richtig lieb sein will zu den Müttern dieses Landes, der setzt noch eine Reform der Ehegattenbesteuerung obendrauf. Das Ehegattensplitting, bezeichnenderweise eingeführt in den 50er Jahren, schadet der Gleichstellung und kann nun wirklich weg.

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