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EnergiewendeDer lange Weg von Neubrück zum Kölner Klimaviertel

Lesezeit 4 Minuten
Photovoltaikanlage auf einem Dach.

Mit Photovoltaikanlagen auf Dächern lässt sich Energie gewinnen.

Die Verbraucherzentrale berät Mieter und Hauseigentümer zur Verbesserung der Wärmeisolierung und erneuerbaren Energien.

Petra Grebing will unbedingt Herrin im eigenen Haus bleiben. „Frische Luft ist gut, aber wann frische Luft reinkommt, das will ich selbst entscheiden“, stellte die Energieberaterin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor ihren Zuhörern im Treff im Pavillon in Köln-Neubrück klar. Entscheidend sollte keinesfalls der Zustand der Fenster sein, doch die Realität sehe oftmals anders aus. „Bei 30 Jahre alten Fenstern zum Beispiel ist häufig die Dichtung marode.“

Seit 2023 ist Neubrück offiziell „Klimaveedel“, in den kommenden Jahren wollen Stadt und Technische Hochschule dort ausloten, welche Klimaschutz-Maßnahmen sich mit Unterstützung der Bewohner innen und Bewohner umsetzen lassen. Deshalb steht in nächster Zeit eine Reihe von Veranstaltungen mit Informationen über den Einsatz erneuerbarer Energien und einer verbesserten Wärmeisolierung der eigenen vier Wände auf dem Programm. Die Verbraucherzentrale hat sich an das Thema gehängt und bietet von Freitag, 1. März, bis Montag, 15. April, in Kooperation mit Stadt und Bürgerverein Neubrück individuelle Energieberatungen für je 30 Euro daheim bei Mietern und Hauseigentümern an.

Einflugschneise des Flughafens Köln/Bonn wirkt sich auf Fenster aus

Bei der Auftaktveranstaltung im Treff im Pavillon konnten sich die rund 20 erschienenen Neubrücker, meist Eigenheimbesitzer, ein Bild davon machen, welche Themen zur Sprache kommen sollen. Petra Grebing nutzte die Gelegenheit aber auch, um über gängige Gerüchte und Irrtümer aufzuklären: „Energiesparen und Lärmschutz sind bei Fenstern kein Widerspruch.“ Wichtig ist das Thema in Neubrück wegen der nahen Einflugschneise des Flughafens Köln/Bonn. Nach dem Einbau von Fenstern mit Zweifach- oder Dreifachverglasung müsse man allerdings regelmäßig lüften, damit sich kein Schimmel bildet.

Typisch für Neubrück sind neben Hochhäusern die vielen, Ende der 1960er Jahre gebaut Bungalows, die Flachdächer haben. Wie mehrere Bewohner erklärten, werden die Räume darunter im Sommer sehr heiß, während sie im Winter kalt seien. „Flachdach ohne Begrünung geht gar nicht“, meinte Grebing. Eine Schicht mit sechs bis acht Zentimeter hohen Pflanzen würde die Temperaturschwankungen im Inneren des Hauses ganz von allein regulieren. „Das gilt auch für Garagendächer, die heizen im Sommer die ganze Siedlung auf.“ Selbstverständlich müsse man vorher die Statik der Gebäude untersuchen lassen.

Ganz allgemein gelte: Vor allem die Ebenen und Flächen, die beheizte Räume von unbeheizten Räumen trennen - dazu gehören auch Außenwände oder Dächer - sollten gut isoliert sein. Das gelte für die Geschossdecke unter einem unbeheizten Dachboden ebenso wie für den Boden des Erdgeschosses, wenn der Keller nicht beheizt wird. „Die Außenwände der Häuser in Neubrück liegen häufig direkt auf der Grundstücksgrenze, so dass man zum Dämmen das Grundstück des Nachbarn betreten muss“, wies eine Besucherin auf ein anderes Problem hin. Auch könnte bereits eine zusätzliche Dämmschicht in Nachbars Gelände hineinragen. Grebing konnte in dieser Hinsicht die Gemüter beruhigen, es gebe sogar gesetzliche Vorschriften, dass Nachbarn solche Maßnahmen dulden müssen: „Aber im Allgemeinen kann man sich in solchen Fragen gütlich einigen.“

Eine Energieberaterin steht vor einer Gruppe Menschen und hält einen Vortrag.

Petra Grebing, Energieberaterin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, vor den Zuhörern im Treff im Pavillon in Köln-Neubrück

Sinnvoll sei es, das Haus erst gründlich zu dämmen, bevor man sein Heizsystem etwa auf eine Wärmepumpe umstellt, oder eine Photovoltaikanlage anschafft. Die Energieberater der Verbraucherzentrale werden sich in den kommenden Wochen den aktuellen Zustand ansehen und erste Tipps geben. Einen konkreten „Sanierungsfahrplan“ für das jeweilige Haus stellen sie aber nicht auf. Das machen zum Beispiel Architekten oder Bauingenieure. Diese Leistung, aber auch die Sanierung selbst, werde in Teilen mit öffentlichen Geldern gefördert. Die Eigentümer sollten sich genau informieren. „Und immer den Förderantrag stellen, bevor gearbeitet wird, sonst kriegen Sie nichts.“

Kostenlose Energiesprechstunden für Neubrücker Bürgerinnen und Bürger

Ein 88-jähriger Hausbesitzer fragte noch nach, ob die Förderung altersabhängig sei. Nein, antwortete Petra Grebing, auch seine Umbaumaßnahmen würden selbstverständlich gefördert. „Aber lohnt sich das für mich noch? Meine Kinder haben längst eigene Häuser, die wollen den Bungalow gar nicht.“ Das, so Grebiung, könne man nur in einem persönlichen Gespräch erörtern.

Die Beratungsgespräche der Verbraucherzentrale dauern jeweils etwa 90 Minuten, nach dem Gespräch erhalten die Eigentümer ein ausführliches Protokoll. Die Kosten in Höhe von 30 Euro sind in bar zu entrichten.

Zusätzlich bietet die Verbraucherzentrale zwei weitere kostenlose Energiesprechstunden für Neubrücker Bürger an. Sie finden am Mittwoch, 24. April, und am Montag, 29. April, jeweils von 14 bis 18 Uhr im Pavillon, An St. Adelheid 2-8, statt. Diese Angebote sind kostenfrei.

Wer die Energieberatung im eigenen Haus zwischen dem 1. März und dem 15. April in Anspruch nehmen möchte, kann am sich telefonisch bei der Verbraucherzentrale unter 0211 / 33 996 555 anmelden, oder per Mail an energieberatung@verbraucherzentrale.nrw.