Schumis WohnzimmerVor 40 Jahren wurde die neue Grand-Prix-Strecke am Nürburgring eröffnet

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Der rote Rennwagen von Michael Schumacher fährt 1998 vor einer Tribüne voller Fans mit roten Käppis.

In den 1990er Jahren füllten zehntausende Ferrari-Fans mit ihren roten Käppis bei Michael Schumachers Heimrennen auf dem Nürburgring die Tribünen. 1995 triumphierte „Schumi“ als erster deutscher Formel-1-Pilot am Ring.

Vor 40 Jahren wurde die neu gestaltete Grand-Prix-Strecke am Nürburgring eröffnet. Michael Schumacher nannte den Ring sein Wohnzimmer. 

Gleich zur Eröffnung am 12. Mai 1984 zeigte sich die Eifel zwar nicht von ihrer besten, aber doch von einer durchaus bekannten Seite: Nieselregen, Nebel und für die Jahreszeit viel zu kalt – typisches Ringwetter eben. 40 Jahre hat die damals komplett neu gebaute Grand-Prix-Strecke des Nürburgrings inzwischen auf dem Buckel, aber im Vergleich zur legendären Nordschleife kommt sie bis heute noch immer etwas steril und langweilig daher.

Zum Überleben der Traditionsrennstrecke in der Hocheifel hat der unter modernen Sicherheitsaspekten gestaltete Rundkurs trotzdem beigetragen, denn ohne ihn wäre eine Rückkehr der Formel 1 an den Ring nicht möglich gewesen. Nach dem Unfall von Niki Lauda 1976 fanden auf dem Nürburgring aufgrund von Sicherheitsbedenken nämlich zunächst keine Formel-1-Rennen mehr statt und es drohte die Abwanderung weiterer internationaler Rennserien. Daher entschloss man sich dazu, eine neue und modernere Rennstrecke zu errichten.

Bau der neuen Strecke am Nürburgring dauerte drei Jahre

So wurde zwischen 1981 und 1984 die damals 4,5 Kilometer lange Grand-Prix-Strecke gebaut. Ganz ohne Komplikationen ging es aber auch damals nicht: Wegen einer befürchteten Kostensteigerung wollte der Bund zunächst als Geldgeber aus dem auf 80 Millionen D-Mark geschätzten Neubauprojekt aussteigen. Erst die Gründung des Vereins „Ja zum Nürburgring“ um den damaligen ADAC-Vize-Präsidenten Otto Flimm brachte die Wende.

Wir bauen den Nürburgring in allererster Linie der Menschen wegen, die in diesem strukturschwachen Teil unseres Landes leben.
Bernhard Vogel

„Wir bauen den Nürburgring in allererster Linie der Menschen wegen, die in diesem strukturschwachen Teil unseres Landes leben“, sagt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) beim Spatenstich im November 1981. Seine Worte unterschieden sich damit vermutlich kaum von denen, mit denen der Adenauer Landrat Otto Creutz schon 1925 im Preußischen Wohlfahrtsministerium und im Reichsverkehrsministeriums in Berlin für den Bau der Eifelrennstrecke geworben hatte.

Beim ersten Rennen auf dem neuen Kurs, zu dem Formel-1-Piloten in baugleichen Tourenwagen vom Typ Mercedes 190 E 2.3-16 antraten, siegte ein damals noch fast unbekannter junger Fahrer aus Brasilien: Ein gewisser Ayrton Senna ließ bei dem live im Fernsehen übertragenen Rennen viele bekannte Namen hinter sich.

Zehntausende pilgerten zum Nürburgring, wenn Schumi startete

Dem Formel-1-Neuling, der den ursprünglich für seinen Landsmann Emerson Fittipaldi vorgesehenen Wagen übernommen hatte, gelang es als einzigem, sich nicht von dem ohne Training aus der letzten Reihe gestarteten Niki Lauda überholen zu lassen. Im Jahr 2003 wurde die Grand-Prix-Strecke durch den zusätzlichen Abschnitt „Mercedes Arena“, heute „AMG Arena“, auf die Distanz von 5,148 Kilometer verlängert.

Trotz neuer Rennstrecke fanden bis heute jedoch nur vereinzelt Formel-1 Rennen auf dem Nürburgring statt. Unvergessen ist allerdings die große Zeit von Michael Schumacher und Ferrari in den 1990er Jahren: Zu den „Heimrennen“ des Kerpeners pilgerten jeweils Zehntausende Fans in die Eifel – wegen ihrer Ferrari-Mützen wurden sie scherzhaft auch gerne „Rotkäppchen“ genannt.

Vom Motorsport-Boom profitierten auch die Gastwirte der Eifel

Ein besonderer Moment in der Geschichte der Strecke war der Sieg von Schumacher beim Formel-1-Rennen 1995, bei dem er als erster Deutscher F1-Fahrer auf dem Nürburgring triumphierte. Schumacher konnte insgesamt fünf Siege auf dem Nürburgring verbuchen, den er liebevoll „sein Wohnzimmer“ nannte. Die tiefe Verbindung zwischen ihm und dem Nürburgring wurde 2007 durch die Benennung eines Streckenabschnitts, dem Michael-Schumacher-S, gewürdigt.

Das Eifeler Gastgewerbe dürfte ebenfalls gerne an diese erfolgreichen Jahre zurückdenken, denn der durch „Schumi“ ausgelöste Motorsport-Boom sorgte an den Formel-1-Wochenenden zwischen Blankenheim, Daun, Adenau und Mayen überall für vollbelegte Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen. Nach dem Neubau der Grand-Prix-Strecke kam ein weiteres Großevent am Nürburgring hinzu: 1985 wurde das mittlerweile legendäre Musikfestival „Rock am Ring“ ins Leben gerufen.

Ein Jahr später debütierte der Truck-Grand-Prix, der weitere Besucherströme in die Eifel lockte. Wie es mit dem Motorsport in Zeiten von Elektromobilität und Klimakrise am Ring und generell weitergehen wird, bleibt abzuwarten. Rennen mit E-Autos sind nicht populär, und selbst millionenschwere Programme der Hersteller in der „Formula E“ konnten daran bislang nichts ändern.

Am Nürburgring kommen hausgemachte Probleme hinzu – zum Beispiel die Konkurrenz zweier vergleichbarer Langstreckenserien. Ohne den Mythos der Nordschleife wird es der Grand-Prix-Kurs auch weiterhin schwer haben. Das nächste Jubiläum dürfte daher für etwas mehr Aufmerksamkeit sorgen: 2027 feiert der Nürburgring seinen 100. Geburtstag.


Im Mai gibt es mehrere Veranstaltungen auf dem Nürburgring

In den kommenden Wochen dürfen sich Motorsportfreunde am Nürburgring wieder auf ein spannendes Rennprogramm freuen: Ende Mai blickt die gesamte Rennsport-Welt gebannt in die Eifel, wenn am Fronleichnamswochenende (Donnerstag, 30. Mai, bis Sonntag, 2. Juni) das 24-Stunden-Rennen auf der 25,378 Kilometer langen Kombination aus Nordschleife und Grand-Prix-Strecke ausgetragen wird.

In der Woche zuvor lädt die Nürburgring Classic (24. – 26. Mai) zum dreitägigen Fest des historischen Motorsports mit zahlreichen Oldtimern ein. Zweirad-Fans kommen an diesem Wochenende mit dem Motorrad-Doubleheader aus ADAC DMC Race Weekend (noch bis zum heutigen 11. Mai) und dem Kölner Kurs (Sonntag, 12. Mai) voll auf ihre Kosten. 

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