Das Segensbüro der Evangelischen Kirche Köln bot am 11.11. Segnungen für Karnevalsfans an. Kommen konnte jeder.
Mit Krapfen und KölschKölner Karnevalsfans sagen um 11.11 Uhr „Ja“

Ute und Jürgen Selbach werden von Pfarrer Sebastian Baer-Henney getraut.
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Pünktlich um Elf Uhr elf bützt Jürgen seine Ute – auf Kommando. Pfarrer Sebastian Baer-Henney hat dafür den Wecker gestellt. Das Paar ist zum „Heiraten am 11.11.“ in der Christuskirche am Stadtgarten angemeldet und hat den Termin zum offiziellen Karnevals-Anpfiff ergattert. Der Pfarrer vom evangelischen Segensbüro „Hätzjeföhl“, Veranstalter des karnevalistischen Hochzeitsformates, achtet darauf, dass alles nach Plan läuft. Das Büro ist auf Segenswünsche unter jecken Bedingungen spezialisiert, wie im Fall von Ute und Jürgen Selbach: Sie sind schon zehn Jahre ein Paar, seit sieben Jahren auch standesamtlich verheiratet. Der kirchliche Segen fehlte allerdings bislang.
Er ist dem katholischen Paar verwehrt, denn sie waren beide vorher bereits einmal verheiratet, in einer Kirche, wo das Ehesakrament als unauflösbar gilt, Scheidung und eine zweite Hochzeit undenkbar sind. „Ich gelte dort nun nicht mehr als vollwertiges Mitglied und darf nicht mehr an der Eucharistie teilnehmen“, sagt Ute Selbach. Sie ist deswegen aus der katholischen Kirche ausgetreten. „Meine Verbindung zu Gott ist aber immer noch vorhanden“, betont sie. „Als ich von der Möglichkeit erfahren habe, hier am 11.11. zu heiraten, habe ich uns sofort angemeldet. Das fehlte in unserem Herzen und wir sind ja beide in Köln geboren und aufgewachsen.“
Kölner Karnevalsfans heiraten im Kostüm
Das kölsche Mädel aus Deutz und der Jung aus Ehrenfeld kennen und mögen sich bereits seit über 33 Jahren. „Wir haben aber immer aneinander vorbeigeheiratet“, erzählt Selbach. Den Fehler haben sie irgendwann korrigiert – und sich nun auch endlich kirchlich getraut: So küsst Matrosin Ute den Matrosen Jürgen unter Anleitung von Kapitän Pfarrer Baer-Henney. Das Kostüm ist bewusst gewählt: „Wir sind gemeinsam auf den Wellen des Lebens unterwegs, bei Wind und Sturm“, sagt Ute Selbach. Der Trauspruch lautet passend: „Zu zweit ist keiner allein.“
Eheringe haben sie schon. Der Pfarrer hat für das jecke Hochzeitsformat aber sowieso ein anderes Ritual vorgesehen als einen Ringtausch. Die beiden bekommen drei miteinander verbundene Bänder: „Eine Schnur steht für Dich, Ute, eine für Dich, Rainer, und eine dritte für Gott“, sagt der Pfarrer. Und so flechten die beiden einen Zopf, den sie am Ende mitnehmen. Auch einen Orden gibt es bei der jecken Hochzeit, genauso wie eine Urkunde.
Eine andere Braut, rot-weiß-geringelt gekleidet, mit langer Schlafmütze auf dem Kopf, heiratet heute zu ihrer eigenen Überraschung den Mann im Partnerlook, in der Christuskirche, zu der er sie mit einem Vorwand gelockt hat. Vor über fünfzig Jahren hat er sie an einer Bushaltestelle im Königsforst angesprochen. Am 11.11. erhalten Gabi und Rainer Bausch nun zum zweiten Mal den kirchlichen Segen. In der kommenden Woche feiern sie goldene Hochzeit. Die erneute Trauung war sein Überraschungsgeschenk. „Weil wir eine so schöne Zeit miteinander verbracht haben“, erläutert Bausch. Die Tochter war eingeweiht und ist mit Ehemann und Sohn gekommen. Der Mutter stehen die Tränen in den Augen. Pfarrer Baer-Henney kann den zweiten Segenswunsch verstehen. „Das hat ganz viel mit Dankbarkeit zu tun“, sagt er.
Wenige Spontanhochzeiten
Vor anderthalb Jahren hat der evangelische Kirchenverband Köln und Region das Segensbüro „Hätzjefühl“ ins Leben gerufen, und zwar für Segnungen aller Art. „Wir geben Halt, wenn es wackelt, bei Lebensumbrüchen“, sagt Baer-Henney. Er hat schon die verschiedensten Segenswünsche erfüllt: „Ich habe ein Kind gesegnet, das Angst vor der weiterführenden Schule hatte, eine Frau, die sich mit sich selbst aussöhnen wollte.“ An diesem Tag stehen aber Hochzeitssegen an. Spontanhochzeiten sind wenige dabei, aber keine Schnapsideen. Die Christuskirche liegt zu abseits vom Trubel und Vollrausch.
Als Nächstes sind Stephanie und Daniel Nagel angemeldet. Auch sie sind bereits standesamtlich und kirchlich verheiratet, haben aber den 11.11. genutzt, weil beide Töchter in der Kita sind. „Wir möchten uns als Paar damit selbst einfach noch einmal etwas Gutes tun“, sagt Stephanie Nagel.

