Wie viele andere Städte wirbt jetzt auch Köln mit Riesenbuchstaben um Touristen – der Standort ist allerdings fragwürdig.
Plastikschrift vor SportScheckWie dilettantisch Köln für sich selbst wird
Erinnern Sie sich an diesen Gag aus den „Austin Powers“-Filmen? Eine Stadtansicht von Paris, Eiffelturm und Notre-Dame inklusive, bleibt etwas zu lang im Bild, bevor eine Texttafel endlich verrät, was alle schon wissen: „Paris“.
Redundanz ist komisch. Des ungeachtet hielten es in den letzten Jahren viele Städte für geboten, sich selbst in Großbuchstaben anzukündigen. „I amsterdam“ verraten wortwitzelnd Riesenbuchstaben – „I“ und „am“ Leuchten rot – direkt vor dem Rijksmuseum. Die drittgrößte Stadt Frankreichs erfreut Scrabble-affine Besucher mit dem PVC-Schriftzug „Only Lyon“, während Danzig seinen Namen in rostendem Stahl gefasst hat und die spanische Stadt Vitoria-Gasteiz den ihren als hochgewachsene Hecke präsentiert.
Ortsinformationen für Freunde und Neider auf Instagram
Komisch ist das nicht, obwohl Ortsinformationen für diejenigen, die sich vor den skulpturalen Lettern fotografieren lassen, überflüssig sind. Aber es geht um jene Freunde und Neider, denen man via Instagram mitteilen möchte, wo man in seinem rastlos aufregenden Leben gerade wieder gelandet ist.
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Wie Städtemarketing Touristen in Werbeträger verwandeln kann, weiß man spätestens, seit der Designer Milton Glaser 1975 den Slogan „I Love New York“, mit einem Herzchen anstelle des Verbs, erfunden hat.
„Liebe Deine Stadt“ war wenigstens noch ein Aufruf zur Selbstüberwindung
Ebenjenes hat sich die Stadt Köln für ihren sechs Meter langen und knapp 500 Kilogramm schweren Schriftzug geklaut. Am liebsten hätte man wohl das schön geschwungene „Liebe Deine Stadt“ verwendet, doch dieses Bekenntnis zur architektonischen Nachkriegsgeschichte Kölns hat sich der Künstler Merlin Bauer wohlweislich schützen lassen. Und es geht dabei weniger um Selbstvergewisserung, als um die Überwindung, die es kostet, dieser Aufforderung nachzukommen.
Nun gewinnt man mit „I Love Köln“ keinen Originalitätspreis, aber wichtiger ist sowieso die Location: In Lyon stehen die Buchstaben am Ufer der Saône vorm Altstadtpanorama, in Budapest auf dem Heldenplatz, in Toronto vor der innerstädtischen Skyline. Sie sollen ja schließlich zum Fotografieren einladen.
Und in Köln? Hat der Schriftzug einen tollen Platz in der Schildergasse gefunden, direkt vor SportScheck. Kinder, ist das eine Aussicht! Zumindest außerhalb der Geschäftszeiten, wenn man nicht mehr von den shoppenden Massen umgerannt wird, lassen sich hier phänomenale Fotos schießen, etwa mit der Unterzeile: „Urlaub in der Fußgängerzone – Scheck das aus!“ 27 000 Euro hat man für diese „nachhaltige Maßnahme zur Aufwertung der Innenstadt“ aufgebracht, das Geld ist jetzt weg.
Demnächst soll der Slogan weiter durch Kölns Gassen wandern. Vielleicht schmiegt er sich an den Bauzaun auf dem Offenbachplatz, macht am Barbarossaplatz Halt oder verschönert das Kommerz-Hotel hinterm Bahnhof. Diese Stadt ist voll von Motiven. Nur das rote Plastikherz sollte man lieber wegbrechen, „I Köln“ reicht völlig.