In der fesselnden Nordic-Noir-Serie „Veronika - Zeugen aus dem Jenseits“ (in der ARD-Mediathek) leidet eine Polizistin unter Wahnvorstellungen.
Tote und TablettenDas Erste zeigt einen verstörenden Nordic-Noir-Thriller mit Suchtpotenzial
Die Vergangenheit verschwindet niemals ganz. Bei Veronika Gren (Alexandra Rapaport) ist sie sogar sehr präsent. Die Kleinstadtpolizistin glaubt, die Geister von Mordopfern zu sehen. Und die geben in der achtteiligen Nordic-Noir-Mysteryserie „Veronika - Zeugen aus dem Jenseits“ (ab 22. November in der ARD-Mediathek) keine Ruhe, bis ihr Tod gesühnt ist.
Eigentlich ist Veronikas Leben mit zwei Kindern (Sarah Rhodin, Eddie Eriksson Dominguez) und einem fürsorglichen Mann (Tobias Santelmann) im nordschwedischen Provinzstädtchen beschaulich und unauffällig. Zumindest an der Oberfläche. Doch die Fassade ist brüchig.
Veronika ist tablettensüchtig, sie hat den Tod ihres Vaters nicht verarbeitet und leidet unter Wahnvorstellungen: Albträume in der Nacht und düstere Visionen am Tag wechseln sich ab. Von Normalität im herkömmlichen Sinne kann keine Rede sein, auch wenn sich vor allem Veronikas Gatte Tomas darum bemüht und Schwankungen im seelischen Gleichgewicht ausgleicht.
Die allerdings werden immer schlimmer. Zunächst glaubt Veronika bei einem gemeinsamen Angelausflug mit ihrer Familie ein totes Kind im See zu sehen. Kurz darauf wird in einem Wald die Leiche einer Schülerin gefunden. Gibt es einen Zusammenhang? Und wenn ja, wie soll sie ihn beweisen, wenn Veronika nicht einmal weiß, was real ist und was von Ängsten gesteuerte Vision?
Lügen, Scham und eine Reise an den Rand des Wahnsinns
Düster und fesselnd ist „Veronika - Zeugen aus dem Jenseits“ ein Psychokrimi, der das Nordic-Noir-Genre an die Grenze des Übernatürlichen führt - und ein Stückchen darüber hinaus. Stark bebildert (Regie: Jonas Alexander Arnby), aber recht konventionell erzählt, beschäftigten sich die Autorinnen Katja Juras und Anna Ströman Lindblom mit einem schwierigen Thema, das oftmals tabuisiert ist in der Gesellschaft.
Für Hauptdarstellerin Alexandra Rapaport machte diese Herausforderung den Reiz der Rolle aus: „Wenn man süchtig ist und mit einer psychischen Krankheit zu kämpfen hat, gibt es meiner Meinung nach viel Scham, und das habe ich in meiner Interpretation von Veronika versucht zu verkörpern: die Lügen und die Scham.“
Das gelingt der Schauspielerin ziemlich eindrucksvoll. Man nimmt ihr Veronikas Unsicherheiten ab, all die Zweifel - aber auch all die Kraft, die sie aufbringt. Da sie selbst nicht sicher ist, ob und wie mutmaßliche und tatsächliche Verbrechen zusammenhängen - und da ihr ohnehin niemand glaubt - beginnt Veronika auf eigene Faust zu ermitteln.
Das ist nicht nur für ihre Familie, ihren Kollegen Nassir (Arvin Kananian) und die ganze Kleinstadt eine Belastung, sondern auch für ihre Psyche. Veronika muss erst an den Rand des Wahnsinns erreichen und ihrer eigenen Vergangenheit ins Auge sehen, bevor sie Erlösung findet. (tsch)