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Medienpolitik in den USAReportervereinigung des Weißen Hauses wehrt sich gegen Trump

Lesezeit 5 Minuten
Trump krempelt die Regeln um - und die Korrespondenten-Vereinigung warnt vor einer Bedrohung der Pressefreiheit.

Trump krempelt die Regeln um - und die Korrespondenten-Vereinigung warnt vor einer Bedrohung der Pressefreiheit.

Seit Jahrzehnten bestimmen die US-Medien selbst, welche Reporter dem Präsidenten im Oval Office Fragen stellen dürfen. Trump stellt das bewährte System auf den Kopf – und erntet heftigen Widerstand.

Die Reportervereinigung des Weißen Hauses wehrt sich gegen die Eingriffe der Regierung von US-Präsident Donald Trump in die Arbeitsweise unabhängiger Medien. „Unser Vorstand wird keinen Versuch dieser oder irgendeiner anderen Regierung unterstützen, die unabhängige Berichterstattung über das Weiße Haus zu unterwandern“, schrieb der Vorsitzende der White House Correspondents' Association (WHCA), Eugene Daniels von „Politico“, in einer E-Mail an die Mitglieder der Vereinigung. Jedes Medienhaus müsse nun selbst entscheiden, ob es sich den neuen, von der Trump-Regierung auferlegten Regeln beugen wolle, hieß es darin.

Presse folgt US-Präsident auf Schritt und Tritt

Konkret geht es in dem Streit mit dem Weißen Haus um die Zusammensetzung des sogenannten Korrespondenten-Pools. In den USA ist es üblich, dass der Präsident nahezu rund um die Uhr von Journalisten begleitet wird. Dies gewährleistet der Pool – eine Gruppe von Reporterinnen und Reportern, die bei öffentlichen Auftritten des Präsidenten stets vor Ort sind. Der Pool erhält im Gegensatz zu vielen anderen Medien auch bei Terminen mit begrenztem Platzangebot direkten Zugang zum Präsidenten - oft mit der Möglichkeit, ihm Fragen zu stellen. 

Vertreten sind dabei in der Regel Fernsehen, Radio, Printmedien, Nachrichtenportale und Agenturen. Die ausgewählten Reporter teilen dann ihre Informationen und leiten sie unter anderem über einen E-Mail-Verteiler der WHCA an die übrigen Kollegen weiter. Diese E-Mails sind für alle Journalisten, die über den US-Präsidenten berichten, eine wichtige Stütze bei ihrer Arbeit. Sie bekommen auf diesem Weg etwa Zitate beinahe in Echtzeit, wenn noch kein Videomaterial verfügbar ist. 

Weißes Haus reißt Kontrolle über Journalisten-Pool an sich

Die unabhängige Journalistenvereinigung WHCA hatte bisher die Hoheit darüber, welche Reporter stellvertretend für alle Mitglieder an diesen Terminen teilnehmen durften. Für die Zusammensetzung des Pools gab es feste Kriterien und ein Rotationsverfahren - bewerben konnte sich jedes WHCA-Mitglied. 

Am Dienstag verkündete Trumps Sprecherin Karoline Leavitt jedoch, dass das Weiße Haus nun die Kontrolle über diesen Pool übernehme. „Die WHCA hat lange Zeit diktiert, welche Journalisten dem Präsidenten der Vereinigten Staaten in höchst privaten Situationen Fragen stellen können“, sagte sie. „Jetzt nicht mehr.“

Am Mittwoch griff die neue Regel bereits beim Zugang zur Kabinettssitzung. Das Weiße Haus legte fest, dass für das Online-Portal „HuffPost“, die Nachrichtenagentur Reuters und den deutschen „Tagesspiegel“ an diesem Tag kein Platz sei. Der „Tagesspiegel“ ist als Mitglied der Foreign Press Group, die die ausländische Presse vertritt, Teil des erweiterten Pools. 

Wichtiger E-Mail-Verteiler auf Eis gelegt

Der WHCA-Vorsitzende Daniels wies nun an, dass die Pool-Berichte künftig nicht mehr über den Verteiler der Vereinigung versendet werden sollen. Seine Begründung: Da das Weiße Haus die Kontrolle über den Prozess übernommen habe, könne man nicht mehr sicherstellen, dass die seit Jahrzehnten etablierten Standards weiterhin gewahrt blieben.

Es liegt nahe, dass die WHCA mit diesem Schritt Druck auf das Weiße Haus ausüben will – zumal auch die US-Regierung ein Interesse daran haben dürfte, dass Informationen über Trump weiterhin verbreitet werden. Gleichzeitig wird damit aber auch eine zentrale Kommunikationskette für all jene Reporter unterbrochen, die nicht selbst vor Ort sind und auf zuverlässige, nahezu in Echtzeit übermittelte Berichte ihrer Kollegen angewiesen sind. Erste interne Kritik wurde bereits laut. Offen ist nun, an wen die Pool-Reporter ihre Berichte schicken sollen - und ob diese künftig über einen anderen Ausspielweg mit Verzögerung bei ihren Journalisten-Kollegen ankommen. 

Eindringliche Warnung: Pressefreiheit ist bedroht

Daniels betonte selbst, dass bei der WHCA-Entscheidung das große öffentliche Interesse berücksichtigt werden müsse, da Informationen aus den E-Mails Menschen in den gesamten USA und weltweit erreichten. „Ich wünschte, wir wären nicht in dieser Lage“, schrieb er.

Er widersprach außerdem der Kritik des Weißen Hauses, die aktuelle Zusammensetzung des Pools sei politisch einseitig und linkslastig. Er betonte wie bereits zuvor, dass die Vereinigung eine Plattform für eine breite Vielfalt von Medien biete - „sowohl strikt überparteilichen als auch links- oder rechtsgerichteten“. 

Daniels äußerte sich besorgt darüber, dass die US-Regierung gezielt auswähle, wer über den Präsidenten berichten dürfe. In einer freien Gesellschaft dürfe es der Regierung nicht möglich sein, ihre eigenen Journalisten auszusuchen. Der WHCA-Vorsitzende warnte eindringlich davor, dass dies eine ernsthafte Bedrohung für die Pressefreiheit darstelle. 

Streit mit Nachrichtenagentur AP wegen Sprachregelung

Dem beispiellosen Schritt des Weißen Hauses ging ein Streit mit der US-Nachrichtenagentur AP voraus, der inzwischen sogar vor Gericht ausgetragen wird. Die international tätige Agentur, die für ihre auf festen Statuten basierende Neutralität geschätzt wird, weigerte sich, die von Trump per Dekret neu eingeführte Bezeichnung „Golf von Amerika“ zu übernehmen.

AP hält weiterhin an der seit 400 Jahren gebräuchlichen Bezeichnung „Golf von Mexiko“ für das international bekannte Gewässer südlich der US-Atlantikküste fest. Als Folge dessen wurde AP-Reportern der Zugang zum Oval Office und zur Präsidentenmaschine Air Force One entzogen. Sowohl die Nachrichtenagentur als auch die WHCA gehen dagegen juristisch vor. Ein Richter lehnte es jedoch zunächst ab, eine einstweilige Verfügung gegen das Weiße Haus zu erlassen.

Trump selbst äußerte die Ansicht, dass Associated Press zur „radikalen Linken“ gehöre. Eine AP-Reporterin, deren Name nicht genannt wurde, bezeichnete er als „linksradikale Verrückte“.

Trump-Regierung wählt wohlgesonnene Fragesteller aus

Zwar hatte das Weiße Haus zuletzt den Zugang für Medien grundsätzlich erweitert, dabei jedoch bei Pressekonferenzen und regelmäßigen Briefings bevorzugt wohlgesonnene Fragesteller ausgewählt. Ein Beispiel dafür war die Pressekonferenz von Trump und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag. Trump erteilte das Wort als Erstes an Brian Glenn, ein rechter Online-Kommentator, der Trump hauptsächlich für seine Arbeit lobte. (dpa)