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Tipps vom OrthopädenDer Rücken zwickt? Was bei Kreuzschmerzen hilft

Lesezeit 4 Minuten
Bewegung ist die beste Medizin: Schon 160 Minuten Gehen pro Woche können helfen, Kreuzschmerzen vorzubeugen.

Bewegung ist die beste Medizin: Schon 160 Minuten Gehen pro Woche können helfen, Kreuzschmerzen vorzubeugen.

Ein Ziehen im unteren Rücken plagt Sie regelmäßig? Dann ist Ihnen der Rat, mit Bewegung gegenzusteuern, nicht neu. Aber es ist einfacher, als Sie vielleicht denken.

Eine falsche Bewegung gemacht oder nachts verlegen - und auf einmal zieht es fies im unteren Rücken. Kennen Sie? Kennen viele. „Im Laufe ihres Lebens leiden 85 Prozent der Menschen an Kreuzschmerzen“, sagt der Orthopäde Prof. Bernd Kladny.

Von Kreuzschmerzen ist die Rede, wenn es im Rückenbereich unterhalb des Rippenbogens und oberhalb des Gesäßes wehtut. Die gute Nachricht: Wir können selbst etwas tun, damit es unserem Rücken besser geht. Der Orthopäde beantwortet die wichtigsten Fragen. 

Woher können Kreuzschmerzen kommen? 

Rückenschmerzen - und damit auch Kreuzschmerzen als Unterform - sind in den allermeisten Fällen nicht-spezifisch, wie Medizinerinnen und Mediziner es nennen. Bedeutet: Ihre genaue Ursache bleibt im Unklaren. Meist spielen Muskelverspannungen aufgrund von Fehlhaltungen und einseitigen Belastungen oder Bewegungsmangel eine Rolle, heißt es von der Aktion Gesunder Rücken (AGR). 

Kreuzschmerzen neigen oft dazu, von selbst wieder zu verschwinden, wie Orthopäde Kladny sagt. Nur selten haben die Schmerzen eine ernsthafte Ursache wie etwa einen Wirbelbruch oder einen Tumor. Lästig sind sie aber dennoch - vor allem, wenn man das Gefühl hat, sich nicht richtig bewegen zu können. 

Ich habe immer mal wieder Kreuzschmerzen. Was kann ich tun? 

Die Antwort dürfte Sie nicht überraschen: Bewegung, Bewegung, Bewegung. Die wirkt nicht nur vorbeugend, sondern kann auch helfen, wenn es bereits zwickt. 

Daran liegt es: Bewegung ernährt die Strukturen der Wirbelsäule, wie Bernd Kladny erklärt. Wenn Gelenkknorpel und Bandscheiben einen Wechsel aus Belastung und Entlastung erleben, können sie - vereinfacht gesprochen - schädliche Stoffe abgeben und hilfreiche Stoffe aufnehmen. 

Ein zweiter Effekt: Bewegung stärkt die Muskulatur - und die ist auch für die Wirbelsäule wichtig. „Denn die Wirbelsäule selbst ist gar nicht so stabil. Deshalb kommt der Muskulatur viel Bedeutung zu“, sagt Kladny, der stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) ist. 

Das klingt, als müsste ich gezieltes Krafttraining machen. Oder?

„Nein, Sie müssen nicht in den Kraftraum“, sagt Bernd Kladny. „Wenn wir über Bewegung sprechen, sprechen wir nicht unbedingt über Sport.“ 

Erstmal gilt: Jede Art von Bewegung ist für den Rücken gut. So auch die Runde an der frischen Luft nach Feierabend. „Walking, also zügiges Spazierengehen, kann helfen, Rückenschmerzepisoden vorzubeugen, insbesondere wenn man schon einmal eine hatte“, sagt der Orthopäde.

Er verweist auf eine australische Studie, die zeigen konnte, dass die beschwerdefreie Zeit zwischen zwei Schmerzattacken sich durch regelmäßiges Gehen verlängert. Schon 160 Minuten in der Woche reichen demnach aus, um diesen Effekt zu erreichen. 

Klar, im besten Fall nimmt man sich Zeit und dreht eine große Runde durch die Natur. Doch auch kleine Bewegungsroutinen im Alltag zahlen auf das Bewegungskonto - und damit unsere Rückengesundheit - ein. Bernd Kladny schlägt zum Beispiel vor, beim Telefonieren im Büro oder in der Wohnung aufzustehen und ein paar Schritte zu gehen. Erledigungen zu Fuß zu machen statt mit dem Auto.

Gibt es Sportarten, die mir eher schaden, wenn ich zu Kreuzschmerzen neige? 

Unkontrollierte Bewegungen und Krafteinwirkungen hat der Rücken gar nicht gern. Das ist aber typisch für Sportarten wie Fußball, Volleyball oder Tennis, so der Orthopäde. Neigt man zu Rückenbeschwerden, sind sie nicht automatisch tabu. Wichtig ist jedoch, die Rückenmuskulatur entsprechend zu kräftigen, dann schützt sie die Wirbelsäule beim plötzlichen Abbremsen. 

Wer auf Nummer sicher gehen will, setzt besser auf Sportarten mit „gleichförmigen Bewegungen“, rät Kladny. Dazu zählen Schwimmen, Nordic Walking oder Ski-Langlauf. 

Ich habe fiese Kreuzschmerzen. Wie sieht es mit Schmerztabletten aus? 

Zähne zusammenbeißen und aushalten? Muss nach Ansicht von Orthopäde Kladny nicht sein. Und auch die medizinischen Leitlinien zur Behandlung von nicht-spezifischem Kreuzschmerz empfehlen in so einem Fall die Einnahme sogenannter nichtsteroidaler Antirheumatika (NSAR). Dazu zählen etwa die Wirkstoffe Ibuprofen und Diclofenac, die Schmerzen lindern und Entzündungen hemmen. 

„Und zwar aus dem Grund, dass man wieder in Bewegung kommt“, sagt Bernd Kladny. Denn wer das Gefühl hat, steif zu sein und sich nur unter Schmerzen bewegen zu können, bleibt oft in einer Schonhaltung. Dabei gibt es nur wenige Rückenerkrankungen, bei denen Bewegung tabu ist. 

Wann sollte ich mit Kreuzschmerzen zum Arzt? 

Meist sind Kreuzschmerzen harmlos, aber eben nicht immer. „Es gibt auch hartnäckige Kreuzschmerzen, bei denen eine krankhafte Veränderung vorliegen kann, die für diesen Schmerz verantwortlich ist“, sagt Kladny. Etwa eine bakterielle Entzündung, was allerdings selten vorkommt. 

Wenn die Schmerzen andauern, sich mehr und mehr steigern, ist das ein Warnzeichen - und Anlass, einen Arzttermin auszumachen. Das gilt auch, wenn die Schmerzen in die Beine ausstrahlen und Symptome wie Gefühlsstörungen und Muskelschwäche mit sich bringen. Bildgebende Verfahren wie Röntgen, CT oder MRT helfen dabei, die Ursache zu finden - und gezielt zu behandeln. (dpa)