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Zwischen Musik und AthletikJapanische Trommelkünstler bringen Erholungshaus zum Beben

Lesezeit 3 Minuten
Ein Musiker der Gruppe Kokubu trommelt auf die Taiko-Trommeln. Im Hintergrund schlägt seine Kollegin mit den Trommelstöcken auf eine mannshohe japanische Röhrentrommel.

Mit Taikos unterschiedlichster Größe nahm Kokubu das Publikum mit auf eine musikalische Reise durch Japan.

Das japanische Trommel-Ensemble Kokubu entführte das Leverkusener Publikum auf eine Reise durch Japan. Dabei beeindruckte nicht nur der Sound.

Was die japanischen Trommelkünstler der Formation Kokubu ihrem Publikum am Dienstagabend im Leverkusener Erholungshaus boten, glich Hochleistungssport. Trotz der beeindruckenden Athletik, mit der die Gruppe eine Vielzahl der als „Taiko“ bezeichneten Röhrentrommeln bearbeitete, kamen Musik, Klang und der spirituelle Hintergrund der Darbietung nicht zu kurz.

Verlegung der Show vom Forum ins Erholungshaus

Die Zuschauenden jedenfalls belohnten das Ensemble nach der zweistündigen Show mit Standing-Ovation. Mit 400 Gästen gehörte der Halt in Leverkusen zu den eher kleineren Auftritten der Deutschland-Tournee. Doch weder davon, noch von der Verlegung der Veranstaltung vom Forum in das Erholungshaus ließ sich das bunt gemischte Publikum aus Trommel-Enthusiasten, Japanfans und Neugierigen entmutigen.

Ein technischer Defekt am ursprünglichen Spielort sorgte für den Umzug in die Nobelstraße. Damit trotz Ortswechsel alle Gäste pünktlich erscheinen konnten, starteten die Veranstalter das Konzert eine halbe Stunde später. Auch Shuttle-Busse waren im Einsatz, um die Zuschauenden schnell zum Erholungshaus zu bringen.

Dort nahm die 14-köpfige Formation das Publikum in elf verschiedenen Stücken auf eine Reise durch ihr Heimatland mit – und das zu großen Teilen lediglich durch die unterschiedlichen Klänge und Rhythmen ihrer Taikos. Mal streichelten die Künstler die kleineren Instrumente mit den hölzernen Schlägeln zu fast zarten Tönen. Mal simulierten sie die Sounds japanischer Naturgewalten mit dumpfen, gar knallenden Geräuschen auf einer mannshohen bespannten Röhrentrommel.

Chiaki Toyama, der Gründer von Kokubu, spielt auf der Bambusflöte.

Kokubu-Gründer Chiaki Toyama begleitete einige Stücke mit einer Bambusflöte.

Eine Stimme aus dem Off – ähnlich dem ruhigen Erzählton eines Naturdokumentationssprechers – führte vor jedem Stück in die dahinterliegende Geschichte ein. Da ging es unter dem Titel „Hoi“ ums Verlieben, um „Umikaze“, den Meereswind oder um das Danjiri-Ritual, bei dem japanische Gläubige ihren Göttern huldigen. Selbst Nichtkenner konnten diese Elemente in der Performance wiederfinden, so deutlich verpackten die Künstler Bilder und Emotionen in ihre Performance.

Artistisches Rhythmus-Spektakel

Zur klassischen fernöstlichen Atmosphäre trugen auch die Begleitung durch „Shamisen“, ein dreisaitiges Zupfinstrument und die zitherähnliche „Koto“ bei. Kokubu-Gründer Chiaki Toyama ließ zudem die Bambusflöten klingen. Eine Mini-Version der hier manchmal belächelten Becken zeigte außerdem, wie viel Potenzial in den metallisch dröhnenden Platten steckt.

Am meisten aber beeindruckte die Energie, die die Trommler und Trommlerinnen mit ihren schwarzen Kimonos und weißen Stirnbändern im Saal freisetzten. In perfektem Einklang miteinander oder beabsichtigter Asynchronität hämmerten sie hingebungsvoll, kniend, hockend und stehend auf die Taikos ein. Kurze Jonglageeinlagen mit den Stöcken kamen obendrauf. Aufgeplusterte Wangen, vor Anstrengung verzerrte Gesichter und ein Kampfschrei nach dem anderen untermauerten dabei das artistische Rhythmus-Spektakel.

Bei Stücken von über acht Minuten, verschiedensten Trommeltechniken und ungeheuren Geschwindigkeiten, mit denen die Taikos zum Schwingen gebracht wurden, kam eines nicht zu kurz: die Leidenschaft, die, die Künstler in jeden einzelnen Schlag steckten. Nach zwei Stunden der lauten Töne endete der Abend dann aber doch in überraschender Ruhe. Mit einer respektvollen Verbeugung verabschiedete sich das Kokubu-Team von der Bühne. Nur Minuten, nachdem sie vom Publikum gefeiert wurden, starteten die ersten Trommler mit dem Abbau der Taikos. Das machen sie, ganz im Sinne japanischer Bescheidenheit, nämlich immer noch selbst.