Leverkusen – Um die Kirche Auf dem Blauen Berg in Schlebusch machen sich viele im Dorf Sorgen. Auch der Pfarrer. Dass die zweitälteste evangelische Kirche in Leverkusen unterhalb des „Blauen Berg“ abrutschen oder Risse bekommen könnte, wird befürchtet. Grund ist ein geplanter Neubau (wir berichteten).
Auf dem Grundstück zwischen der Kirche und der Mülheimer Straße, auf dem ein kleines Haus gestanden hat, ist so wenig Platz, dass der Bauherr einen Teil des Berges wegbaggern will, um darauf wenigstens ein Haus mit drei Wohnungen unterzubringen. Nun sind nicht nur die Sorgen um die Kirche da, mittlerweile gibt es einen handfesten nachbarschaftlichen Streit um den Bau mit verlässlich häufigem Briefverkehr – zwischen Anwälten.
Ein Haus mit langer Tradition – Bietergefecht endet zugunsten der Familie Müller
Das Haus Mülheimer Straße 11 gehörte ursprünglich einem Mann, der „Aape Will“ genannt wurde. Er besaß einen Affen, fuhr mit ihm auf dem Motorrad durch Schlebusch, das Tier saß auf dem Tank, erinnert sich der Schlebusch-Kenner Kurt Saal. Später soll der Affe in dem Häuschen oft im Fenster gesessen haben. „Aape Will“ führte nebenan im gekachelten Flachbau eine Kneipe, angeblich ein Schwarzbau. Sie hatte einen Raum mit einer Theke und einem Glas mit Sol-Eiern, die man sich mit den Fingern angelte. Den Erzählungen nach soll die Schlebuscher Kneipe aus Hygienegründen geschlossen worden sein. Der Sohn handelte mit Schrott. Nachdem der gestorben war, verkaufte das Amtsgericht die Immobilie.
Die Kirche machte gemeinsam mit dem Bestatter-Ehepaar Friedrich ein Angebot. 80 000 Euro wollten die beiden investieren und Parkplätze und eine rollstuhlgerechte Zufahrt hoch zur Kirche anlegen. Den Zuschlag erhielt allerdings am Ende die Familie Müller, die über 40 000 Euro mehr boten, um dort zu bauen. (rar)
Seit Jahren plant das Investorenbüro der Familie Müller (HKM) an dem Projekt. Das Haus nebenan, Mülheimer Straße 9, gehört dem Bestatter-Ehepaar Christine Friedrich und ihrem Mann Hans-Joachim. Der sagt: „Ich fühle mich mittlerweile erpresst“. Dabei brauchte HKM für einen zügigen Baufortschritt auf der schwierigen Baustelle eigentlich ein gutes Verhältnis zum Nachbarn.
Der Moment, als sich der Ton zwischen den beiden honorigen Schlebuscher Familien entscheidend verschärfte, war, als der Anwalt des Bauherrn Müller forderte, Friedrich solle aus Brandschutzgründen die Fenster auf der zu seiner Baustelle hin gelegenen Giebelseite zumauern oder durch Spezialfenster ersetzen.
Jetzt ist der Platz noch knapper
Der erste Entwurf von HKM für den Neubau sah einen großen Baukörper vor, der fünf Meter nah ans Mietshaus der Friedrichs angebaut werden sollte. Zwischen den beiden Häusern plante HKM einen Treppenturm mit Aufzug. Den Aufzug hätte Friedrich für sein Haus sogar irgendwie mitnutzen können, nur hätte er sein Mietshaus dafür komplett umbauen müssen. Er lehnte ab. Jetzt muss HKM vorschriftsmäßig fünf Meter Abstand zu Friedrichs einhalten, dessen Fenster bleiben wo und wie sie sind, zwischen Friedrich und dem Haus der Müllers sollen Parkplätze entstehen. Da HKM die Treppe im eigenen Haus unterbringen muss, wird der Platz für ihn noch knapper.
Die Lage schaukelt sich hoch: Friedrich will seine Giebelwand dämmen und braucht dafür eine Erlaubnis für ein Gerüst auf dem Grundstück der Müllers. Daraus wird vorerst nichts. Müllers müssten ihre Stützmauer auf dem Grundstück der Friedrichs verankern. Beiden gehört ein Teil des Hangs vom Blauen Berg. Wenn HKM seinen Teil abbaggert, muss zwingend der Blaue Berg abgestützt werden. Mit Erdankern, die im Hang der Friedrichs Halt finden sollen. Dagegen habe er auch eigentlich nichts, sagt Friedrich, nur soll HKM die volle Verantwortung für Schäden an der Kirche übernehmen.
Der will das aber nicht: Klaus Müller rechtfertigt: Am Blauen Berg gebe es am Hang der Friedrichs „jetzt schon Veränderungen“, die Böschung sei mit den Jahren etwas abgerutscht, dafür könne seine Familie nun wirklich keine Haftung übernehmen. Die alte Bodensenkung von mehreren Zentimetern kann man tatsächlich vor der Kirche gut sehen.
"Gehen auf Nummer sicher"
Müller: „Wir gehen da absolut auf Nummer sicher.“ Die Baufirma gäbe Gewährleistung, sagt er. Wie lange, lässt er offen, er sagte nur: „nach 15 Jahren wird da nichts mehr passieren“. Die Familie Müller stehe zu dem Projekt. Dort soll nach wie vor was Vernünftiges für Schlebusch entstehen, man komme schon auch ohne die Anker auf dem Grundstück der Friedrichs zurecht.
Auf der Baustelle ist es nach dem Abbruch ruhig geworden.