Kreditnehmer in SorgeDas passiert, wenn die Zinsen steigen
Köln – Angesichts rasant steigender Preise hat die US-Notenbank Federal Reserve den Leitzins so stark angehoben wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr. Sie stemmt sich mit der kräftigsten Zinserhöhung seit Jahrzehnten gegen die Inflation. Der geldpolitische Schlüsselsatz steigt um 0,5 Prozentpunkte. Historisch ist er nun mit einer Spanne zwischen 0,75 und 1,0 Prozent zwar noch niedrig, im Vergleich zur Eurozone mit ihren Negativzinsen ist das aber rekordverdächtig. Viele Banker fordern daher auch von der Europäischen Zentralbank (EZB), den Leitzins in der Eurozone anzuheben. Welche Folgen das hat? Ein Überblick:
Was ist der Leitzins? Der Leitzins ist ein festgelegter Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Zentralbank, im Falle Deutschlands der EZB, Geld leihen oder anlegen. Der Leitzins hängt von der aktuellen Wirtschaftslage ab. Läuft die Konjunktur gut, hebt die Notenbank üblicherweise den Zins an. Schwächelt die Wirtschaft oder befindet sie sich in der Rezession, senkt die Notenbank meist den Zins, normalerweise jedenfalls. Der Leitzins ist ein zentrales Instrument der Geldpolitik, mit dem die Wirtschaft im Gleichgewicht bleiben und stabile Preise garantiert werden sollen.
Gewinner und Verlierer
Warum erhöht die Fed? Die Federal Reserve will mit ihren Zinsanhebungen den hohen Preisdruck lindern. Die Inflation in den USA hat sich im März weiter beschleunigt. Die Verbraucherpreise zogen im Jahresvergleich um 8,5 Prozent an.
Wie helfen höhere Zinsen gegen die Inflation? Durch höhere Zinsen wird die Nachfrage reduziert. Sie verteuern die Kredite. Folglich nehmen weniger Haushalte Kredite für Anschaffungen auf. Auch Unternehmen investieren weniger. Da weniger investiert und gekauft wird, sinkt die Nachfrage nach Gütern in der Wirtschaft. Um trotzdem ihre Produkte loszuwerden, setzen die Firmen ihre Preise herunter. Zudem brauchen sie weniger Beschäftigte. Dadurch sinkt der Lohndruck: Die Mitarbeiter können also weniger hohe Löhne verlangen.
Wem schaden höhere Zinsen? Natürlich Menschen, die ein Haus oder eine Eigentumswohnung kaufen wollen, für die wird es teurer. Ebenso solche Immobilienbesitzer, deren Zinsbindung bald ausläuft, und die dann zu wesentlich teureren Konditionen ihre Anschlussfinanzierung machen müssen. Leidtragende sind auch hoch verschuldete Staaten in der Eurozone. Insbesondere für Länder mit einer sehr großen Schuldenlast wird es schwieriger, diese zu finanzieren. Verlierer sind in der Theorie auch Aktionäre, denn bei steigenden Zinsen werden Anleihen rentabler, weswegen Geldanleger lieber diese Papiere als Aktien kaufen. Mangelnde Nachfrage lässt die Aktienkurse dann fallen. Aber bis dahin ist es wohl noch ein weiter Weg.
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Wem helfen steigende Zinsen? Grundsätzlich den Sparern, weil es mehr Zinsen auf angelegtes Geld gibt. Angesichts der aktuell bei fast sieben Prozent liegenden Inflation würden aber auch Ersparnisse, die verzinst sind, noch an Wert verlieren. Denn dass der Guthaben-Zins auf ein solches Niveau steigt, schließen Experten kurz- und mittelfristig aus.
Wann erhöht die EZB den Zins? EZB-Chefin Christine Lagarde, hat zuletzt klargemacht, dass die Zinsen erst dann steigen, wenn das Programm zum Kauf von Anleihen beendet wird. Die Nettozukäufe von Anleihen sollen möglicherweise schon Ende Juni eingestellt werden, kündigte EZB-Direktorin Isabel Schnabel an. Dann könnte es bereits im Juli zur Zinswende in Europa kommen. Es ist aber gut möglich, dass sich Lagarde noch bis zum Herbst Zeit lässt - vor allem, wenn der Ukraine-Krieg eskaliert.