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WeihnachtsbrauchJeder dritte Tannenbaum kommt aus NRW – Öko-Alternativen gibt es auch in der Region

Lesezeit 6 Minuten
Ein Schild weist den Verkauf von Weihnachtsbäumen aus. Dahinter ragen Tannen in den Himmel.

Rund 30 Millionen Weihnachtsbäume werden jährlich in Deutschland verkauft. (Symbolbild)

Heiligabend rückt näher – und damit für viele auch die Frage: Welche Tanne wird es dieses Jahr? Ein Blick auf die Zahlen hinter dem Geschäft mit dem Weihnachtsbaum

„Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen.“ Und wie. Die jahrhundertealte Tradition um die immergrünen Tannenzweige regt Millionen von Menschen auf der ganzen Welt zum Baumfällen an – oder zumindest zum Kauf beim nächstgelegenen Händler. Neben dem klassischen Weihnachtsbaum, der an Heiligabend Kinder- und Erwachsenenaugen aufleuchten lässt, geht der Trend zum Adventsbaum. Manche gönnen sich auch einen Zweitbaum im Garten oder auf dem Balkon.

Dass immer mehr Haushalte ihr Geld zusammenhalten müssen, wird aber auch an Weihnachten spürbar: Knapp die Hälfte der Deutschen will auf einen Weihnachtsbaum verzichten, um Geld zu sparen. Das ergab eine Befragung der Konsumforschungsinstitute GfK und NIM, die kürzlich vorgestellt wurde.

30 Millionen Weihnachtsbäume werden jährlich in Deutschland verkauft

Trotzdem werden in Deutschland jährlich knapp 30 Millionen Christbäume gekauft – vor allem durch private Haushalte. Einen kleineren Teil, um die 15 Prozent, beziehen laut dem Verband Natürlicher Weihnachtsbaum gewerbliche Kunden. Die Zahlen seien seit einem Jahrzehnt stabil, heißt es seitens der Weihnachtsbaumverkäuferinnen und -verkäufer, die von der Krisenstimmug nichts wissen wollen. Der Baum sei Tradition.

Woher der Brauch stammt, ist nicht eindeutig geklärt. Als Geburtsort des Christbaums konkurrieren gleich mehrere Länder, Estland und Lettland zum Beispiel. Aber auch das Elsass hat ein Wörtchen mitzureden. Berichte über die ersten „Weihnachtsmaien“ reichen im Osten Frankreichs bis ins 16. Jahrhundert zurück.

16.000 Hektar groß ist die Anbaufläche der Weihnachtsbäume in NRW

Rheinabwärts gilt heute – rund 500 Jahre später – eine andere Region als Tannen-Hochburg, zumindest deutschlandweit: 600 Produzenten haben sich in Nordrhein-Westfalen dem Geschäft mit dem Weihnachtsbaum verschrieben, das weiß das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Jeder dritte in Deutschland verkaufte Baum stammt demnach aus NRW. Sieben Millionen Stück wachsen allein im Sauerland, auf einer Anbaufläche von etwa 12.000 Hektar – das entspricht etwas weniger als der Stadtfläche von Bonn.

80 Prozent der Käuferinnen und Käufer entscheiden sich für eine Nordmanntanne

Der Verkaufsschlager ist mit Abstand die Nordmanntanne. Fast acht von zehn Deutschen entscheiden sich laut dem Verband Natürlicher Weihnachtsbaum aufgrund der weichen, aber robusten Nadeln dafür. Weit abgeschlagen folgt mit rund 10 Prozent die Blaufichte, die man an den graugrünen, deutlich spitzeren und härteren Nadeln erkennt. Weniger verbreitet ist die Nobilistanne. Sie hält sich zwar länger, doch ihr Wuchs ist meist weniger regelmäßig als der anderer Baumarten. Liebhaber von europäischen Exoten stellen sich auch gerne mal Bergkiefern, Douglasien, serbische Fichten oder Koreatannen ins Wohnzimmer.

Und dann gibt es da auch noch die Plastikalternative. Vom Tannenimitat – meist hergestellt in Fernost – rät allerdings beispielsweise der Naturschutzbund (NABU) NRW ab: Das sei eine „echte Verschwendung wertvoller Ressourcen und Belastung der Umwelt und des Klimas bei der Produktion und durch lange Transportwege“.

1,5 - 1,75 Meter groß ist der durchschnittliche Weihnachtsbaum

Ökologische Alternativen zum durchschnittlich 1,50 bis 1,75 Meter großen Echtbaum gibt es aber trotzdem: Tannenzweige in der Vase oder Girlanden aus frischem Tannengrün eignen sich besonders in kleineren Wohnungen als Weihnachtsdeko.

Der Baum im Topf gilt laut NABU nur dann als Öko-Alternative zur gefällten Tanne, wenn es nach dem Fest gelingt, ihn im Garten auszupflanzen und mehrmals zu nutzen. Das allerdings ginge meistens schief „Ich würde behaupten, dass 90 Prozent der Bäume nicht überleben“, sagt Landschafts- und Gartenbauer Stefan Lüdenbach aus Engelskirchen. Dafür „Erde in der Weltgeschichte herumzutransportieren“, lohne nicht. „Entweder, man will einen Weihnachtsbaum, oder man will sich das Gewissen schönreden.“

22 bis 30 Euro kostet der durchschnittliche Meter Nordmanntanne

Wer sich eine nachhaltig gewachsene Tanne wünscht, hat auch das Wirtschaftsargument auf seiner Seite. Schließlich weicht der Meterpreis für einen ökologisch produzierten Baum laut Aktionsgemeinschaft Robin Wood kaum von dem konventioneller ab.

„Die Preise bewegen sich zwischen 22 Euro bis 30 Euro pro Meter Nordmanntanne“, teilt der Bundesverband der Weihnachtsbaumerzeuger in Deutschland für dieses Jahr mit – ein Euro mehr als im Vorjahr, trotz guter Wachstumsbedingungen im Sommer. Begründet wird der steigende Preis mit den höheren Betriebskosten. Auch hier macht sich die Inflation bemerkbar, durch steigende Löhne und Transportkosten.

0,6 Prozent der Weihnachtsbäume in Deutschland stammen aus ökologischem Anbau

Am unteren Ende der Skala reiht sich der Familienbetrieb von Stefan und Philipp Lüdenbach ein. Seit elf Jahren spezialisiert man sich hier auf den Anbau von Bio-Weihnachtsbäumen. Zu kaufen gibt es diese nicht nur auf dem Hof im Oberbergischen Kreis, sondern auch in Köln – an der Deutzer Freiheit und am Volksgarten zum Beispiel. Dort kostet der Meter 22 Euro. Am ersten Adventswochenende sei der Verkauf in diesem Jahr erstaunlich gut angelaufen, berichtet Lüdenbach. „Da waren schon richtig viele Leute da“, sagt er. Pro Jahr verkauft der Betrieb bis zu 10.000 Bäume.

Acht Jahre wächst ein Bio-Baum bis er ins Wohnzimmer ziehen kann

Doch obwohl die Nachfrage nach ökologisch produzierten Christbäumen steige, ist der Marktanteil an den Pflanzen mit Biolabel mit unter einem Prozent weiterhin gering. „Die Produzenten, die bereit sind, diesen Weg zu gehen, sind wenig“, sagt Lüdenbach. Die Gründe liegen zum einen darin, dass so ein Bio-Baum einfach länger wachse: „Ungefähr acht Jahre sind das bei uns“, sagt Lüdenbach.

Zum anderen sei der Anbau aufwendig. Anders als in den Monokulturen von konventionell wirtschaftenden Weihnachtsproduzenten, verzichten die mit dem entsprechenden FSC-Bio-Siegel ausgezeichneten Unternehmen auf Dünger und Pestizide – denn die wiederum belasten Böden, Gewässer, Tiere und schließlich auch den menschlichen Körper, so Lüdenbach. Hinzu komme die „Umweltproblematik“, wie er es nennt: gespritzte Flächen binden weniger CO2.

Statt Unkrautvernichter setzen die Bioproduzenten deshalb auf natürlichen Bodenbewuchs und – falls nötig – biologische Schädlingsbekämpfung. Schafe werden als Rasenmäher eingesetzt. So „bleibt auch Käuferinnen und Käufern eine Belastung der Raumluft durch ausgedünstete Pestizide während der Weihnachtszeit erspart“, schreibt der NABU.

600 Weihnachtsbaumproduzenten gibt es in NRW, 19 davon produzieren in Bioqualität

In NRW wird der Wunsch vom Bio-Baum derzeit an 2013 Verkaufsstellen erfüllt. Sie beziehen ihre Tannen und Fichten von 19 ökologisch produzierenden Betrieben. Damit der Sinn hinter einem ökologisch produzierten Baum auch wirklich bestehen bleibt, sollten auch die Fahrtwege mit dem Auto minimiert werden.

Rund 800 Millionen Euro werden in Deutschland mit Weihnachtsbäumen umgesetzt

Mit rund 800 Millionen Euro jährlich mache der Christbaumhandel nur einen kleinen Anteil des Weihnachtsgeschäfts aus, so der Branchenverband. Prognosen des Handelsverbands Deutschland zufolge werde der Gesamtumsatz in den letzten beiden Monaten des laufenden Jahres bei 121,4 Milliarden Euro liegen.

Doch im besten Fall geht es beim Weihnachtsfest ja weder ums Geld noch ums Geschäft. Der Weihnachtsbaum, mit seinen immergrünen Zweigen, „ist ein wunderschönes, jahrhundertealtes Symbol des Lebens und des Lichts“, sagt etwa NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen.

Auch Baumproduzent Stefan Lüdenbach, dessen Blick aus dem Fenster 365 Tage im Jahr auf Tannen fällt, hat sich noch nicht sattgesehen. Weihnachten sei auch für ihn ein Fest mit grünen Nadeln, für seine Enkelkinder erst recht. „So ganz ohne Baum, das finde ich auch blöd.“