Die Zahl der unbegleitet nach NRW gekommenen Minderjährigen ist im Jahr 2023 auf 7668 gestiegen.
Flüchtlinge in NRWDrastisch mehr unbegleitete Kinder und Jugendliche
Die Zahl der unbegleitet nach Deutschland eingereisten Kinder oder Jugendlichen, die in NRW aufgenommen wurden, ist in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Waren es 2020 noch 1796 Mädchen und Jungen, die „In Obhut“ genommen wurden, so betraf dies 2023 bereits 7668 Minderjährige. Ein Jahr zuvor sind 6529 gekommen,2021 waren es 2490. Dies geht aus einer Antwort des nordrhein-westfälischen Flüchtlingsministeriums auf eine Anfrage aus dem Landtag hervor.
Bei den von IT-NRW ermittelten Zahlen könne es sich in einigen Fällen um „Doppelerfassungen“ handeln, nachdem vorläufige Inobhutnahmen in eine dauerhafte Unterbringung umgewandelt wurden, heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums. Für 2023 werde sich die Zahl der unbegleitet Eingereisten vermutlich noch erhöhen, da es „bei einigen Jugendämtern zu Untererfassungen oder Datenausfällen gekommen“ sei.
In Köln wurden die meisten Kinder und Jugendlichen untergebracht und versorgt
Seit 2020 wurden NRW-weit in Köln die meisten Kinder und Jugendlichen untergebracht. Bereits 2020 waren es 346, im Jahr 2023 stieg die Zahl auf 478. Zum Vergleich: In Düsseldorf waren es 2023 insgesamt 364, in Bonn 118, in der gesamten Städteregion Aachen 452 und in Leverkusen 65.
Auch die Kosten für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der minderjährigen Flüchtenden, die das Land den Kommunen vollständig erstattet, sind dementsprechend gestiegen. Von 2022 mit 123,6 Millionen Euro hat sich die Summe 2024 mit 284,4 Millionen Euro mehr als verdoppelt, teilte das nordrhein-westfälische Fluchtministerium auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. 2023 waren es 164,6 Millionen Euro. Die gemeldeten Zahlen verdeutlichen zumindest den Trend, wenngleich sie nicht exakt den „ausgezahlten Aufwendungserstattungen im jeweiligen Haushaltsjahr“ zuzurechnen seien, hieß es aus dem Ministerium. Denn die Frist, in der die Jugendämter ihre Kosten melden müssen, könne bis zu vier Jahre betragen.
284,4 Millionen Euro Betreuungskosten für unbegleitete Minderjährige im vergangenen Jahr
In den vergangenen Jahren haben die nordrhein-westfälischen Kommunen mehrfach Alarm geschlagen, weil sie bei der Betreuung von Asylbewerbern überfordert waren. Ende vergangenen Jahres wurde die monatliche Pauschale pro Person deshalb rückwirkend zum 1. Januar 2024 erhöht. Im Dezember hatte der Landtag eine entsprechende Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes (FlüAG) mit den Stimmen der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen beschlossen. Die SPD enthielt sich, FDP und AfD stimmten dagegen.
Konkret wurden die Pauschalen rückwirkend zum 1. Januar 2024 um 15,81 Prozent erhöht. Die Kommunen bekamen dadurch im ablaufenden Jahr einen Mehrbetrag von mindestens 70,5 Millionen Euro gegenüber der bisherigen Regelung. Ab dem Haushaltsjahr 2025 steigt der voraussichtliche jährliche Mehrbedarf laut Gesetzentwurf auf rund 87,7 Millionen Euro an.
Das Land zahlt höhere Pauschalen
Pro Person erhalten kreisangehörige Gemeinden künftig 1.013 Euro pro Monat pro Flüchtling (bisher: 875 Euro). Kreisfreie Städte erhalten eine monatliche Flüchtlingspauschale von 1.303 Euro (bisher: 1.125 Euro). Grund für die Erhöhung sind die allgemeinen Kostensteigerungen in den Bereichen Mieten, Bauen, Energie und Dienstleistungen.
Die Landesregierung stellt jedem der 31 Kreise in Nordrhein-Westfalen für die Flüchtlingsbetreuung zudem eine jährliche Pauschale in Höhe von jeweils 500.000 Euro bereit. Überdies erweitert das Land seine Beteiligung an überdurchschnittlich hohen Krankheitskosten von Geflüchteten. Hier wird die Grenze, ab der das Land die Kosten übernimmt, um 10.000 Euro pro Person auf 25.000 Euro gesenkt.
433 Millionen Euro an Landeszuweisungen im Jahr 2023
Die Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, Geflüchtete vor Ort aufzunehmen und unterzubringen. Im Jahr 2023 beliefen sich die Landeszuweisungen an die Kommunen nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz auf eine Summe von rund 433 Millionen Euro, die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor.
Auch bei der noch umfangreichen Unterbringung und Versorgung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten stünden die Kommunen „seit dem Anstieg der Zuzugszahlen Ende 2021/Anfang 2022 in der Tat vor großen Herausforderungen“, teilte eine Sprecherin des NRW-Flüchtlingsministeriums auf Anfrage mit. Um auf die „enormen Belastungen der Jugendämter“ zu reagieren und den Ausbau zusätzlicher Betreuungsplätze zu vereinfachen, habe die Landesregierung im März 2022 sogenannte „Brückenlösungen“ zugelassen. Die Jugendämter könnten so übergangsweise auch Einrichtungen nutzen, die „kurzfristig vor Abschluss einer Betriebserlaubniserteilung“ stünden, so die Sprecherin.