Teilweise abgerissenBunte Giebelhäuschen am Kölner Fischmarkt können nicht gerettet werden

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Bild der Giebelhäuschen am Kölner Fischmarkt aus 2021, auf dem noch alle bunten Häuser stehen.

Die zwei linken Giebelhäuschen (grün und orange) sind in ihrer bisherigen Form für immer verloren.

Die historischen Holzbalken des ehemaligen Fachwerks sind verrottet. Das beliebte Fotomotiv wird nie wieder so aussehen wie bisher.

Die zwei zum Teil abgerissenen Giebelhäuschen am Fischmarkt werden nicht mit historischer Substanz wieder aufgebaut werden können. Das teilten Kölns Baudezernent Markus Greitemann und Stadtkonservator Thomas Werner am Montag (6. Mai) mit. Die 600 bis 700 beim Abbruch sichergestellten historischen Holzbalken des Fachwerks sind in einem so schlechten Zustand, dass sie nicht wieder verbaut werden können. „Ich bedauere zutiefst, dass die Gebäude in dieser Form unwiederbringlich verloren gehen“, sagte Greitemann.

Fachwerk der Giebelhäuschen war verrottet – „Von den Nazis kaputtsaniert“

Die Giebelhäuschen am Fischmarkt 1-3 waren seit August 2023 zunächst eingezäunt, und ab November dann bis runter zum ersten Stockwerk abgerissen worden. Bei Renovierungsarbeiten des Hotels „Kleines Stapelhäuschen“, das in den oberen Geschossen seine Zimmer hatte, waren unter dem Putz die Schäden am Fachwerk entdeckt worden. Die Holzbalken waren feucht geworden und von Pilz- und Schädlingsbefall betroffen.

Unter Planen versteckt: Die zwei linken Giebelhäuschen sind bis auf die erste Etage abgebrochen worden.

Anfang Mai 2024, unter Planen versteckt: Die zwei linken Giebelhäuschen sind bis auf die erste Etage abgebrochen worden.

Das Holz stammt vermutlich aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, im Gegensatz zu den benachbarten drei Stapelhäuschen hatten die Giebelhäuschen am Fischmarkt 1-3 also historische Bausubstanz. Die Nationalsozialisten hatten in den 1930er Jahren Kölns Altstadt ummodelliert und dabei auch die zwei Giebelhäuschen verändert. So hatten sie ursprünglich keine Ladebalken und runde Fenster in den obersten Etagen.

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Thomas Werner ist Kölns Stadtkonservator.

Thomas Werner ist Kölns Stadtkonservator.

Dadurch, dass die Holzbalken mit einer dicken Putzschicht überdeckt wurden, hinter der sich die Feuchtigkeit sammelte, hätten die Nazis die Häuser in den 30er Jahren „kaputtsaniert“, sagte Thomas Werner. „Davor haben sie seit dem 16. Jahrhundert dort einwandfrei gestanden und würden das sonst auch heute noch tun.“

Bunter Anstrich der Stapelhäuschen kam wohl erst in den 1980er-Jahren

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Häuschen neben Groß St. Martin zum Teil nach den Plänen der Nazis restauriert. Ihren charakteristischen bunten Anstrich erhielten sie vermutlich erst in den 1980er Jahren im Zuge der Sanierung des Rheingartens. „In den 50er-Jahren waren die Häuschen zwar schon unterschiedlich, aber nicht so bonbonfarben“, so Werner.

Anfang August 2023 standen die Giebelhäuschen zwar noch, waren aber bereits eingezäunt.

Anfang August 2023 standen die Giebelhäuschen zwar noch, waren aber bereits eingezäunt.

Seit Dezember wurden die Holzbalken darauf geprüft, ob sie wiederverwendet werden können. Diese Hoffnung hat sich nun zerschlagen. Der Eigentümer der zwei Giebelhäuschen, die Hamburger Centralis Immobiliengruppe, kann jetzt also selbst entscheiden, wie sie die Häuser wieder aufbauen will. Die Keller, Erdgeschosse und ersten Etagen sind erhalten geblieben, weil sie gemauert sind. Daher bleibt auch der Denkmalstatus der Häuschen bestehen. Für den Wiederaufbau oberhalb macht der Stadtkonservator nur grobe Vorgaben. „Eine Fachwerkstruktur erwarten wir nicht mehr“, sagte Werner. „Was es wieder geben soll, ist das Steildach mit der bisherigen Trauflänge und Firstlinie, die hochstehenden Fensterformate und der Putzbau.“

Zeitplan und Kosten für Wiederaufbau stehen noch nicht fest

Markus Greitemann sagte: „Mir ist wichtig, dass die Stadtsilhouette und der Charakter der Häuser beibehalten werden.“ Thomas Werner betonte, dass die Giebelhäuser auf den Ostchor der Kirche Groß St. Martin reagieren. Die Proportionen müssten also erhalten werden. Doch wie der Eigentümer die Häuser wieder aufbaut, kann er selbst entscheiden. Innen hat er völlige Gestaltungsfreiheit, auch was die Einteilung der Geschosse angeht. „Da werden wir nicht eingreifen und auch nichts rekonstruieren“, so Werner. Noch liegen keine Pläne von der Hamburger Centralis vor, auf eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ reagierte das Unternehmen am Montag nicht. Damit bleibt auch unklar, wie die Zeitplanung für den Wiederaufbau und die Kostenprognose aussieht.

Kölns Baudezernent Markus Greitemann.

Kölns Baudezernent Markus Greitemann

Greitemann sagte am Montag, dass die Stadt, sobald die Pläne eingereicht sind, sich beeilen werde, sie zu prüfen. „Wir stehen parat. Es ist in unserem Interesse, dass es an dieser Stelle eine schnelle Heilung gibt.“ Denn seit Monaten ist das beliebte Fotomotiv mit Planen eingepackt und trägt nicht gerade zur Stadtverschönerung bei. „Es ist wichtig, dass es jetzt schnell geht“, so Greitemann. Auch, weil der Gastronom im Erdgeschoss zu kämpfen habe.

Gastronom des „Feinfein“ hofft auf baldige Wiedereröffnung am Fischmarkt

Dort befindet sich das Restaurant „Feinfein“ von Thomas Wippenbeck und Nadja Maher, die auch das „Frau Maher“ am Ubierring betreiben. Seit rund einem Jahr ist ihr Restaurant in der Altstadt nun geschlossen, 300.000 Euro hatten sie in die historische Schankstube mit Holzvertäfelungen und Wendeltreppe gesteckt. 2021, noch zu Corona, eröffneten sie, die Gastronomie fand schnell viele Fans. Nun ist über ihrem Restaurant nichts mehr, die Einrichtung versteckt sich unter den Planen.

Nadja Maher und Thomas Wippenbeck in ihrem Restaurant „Feinfein“.

Nadja Maher und Thomas Wippenbeck in ihrem Restaurant „Feinfein“.

„Für mich ist es eigentlich eine gute Nachricht, dass die Balken nicht verwendbar sind“, sagte Thomas Wippenbeck am Montag dieser Zeitung. „Die alten Balken würde man so oder so nicht sehen und ich hoffe, dass der Wiederaufbau nun innerhalb von sieben bis acht Monaten gelingen kann. Dann könnten wir in rund einem Jahr wieder aufmachen.“

Pacht muss er aktuell zwar nicht zahlen, aber Personal entlassen, um die Kosten für das „Feinfein“ so gut wie auf Null zu bringen. „Die Situation ist für uns der Horror und belastet uns menschlich und seelisch sehr“, so Wippenbeck. Nun ist die Hoffnung wieder zurück, dass das „Feinfein“ zumindest wieder eine Perspektive bekommt. Und die Planen bald wieder abgedeckt werden können.

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