Selbstversetzung in RuhestandLeitender Kölner Oberstaatsanwalt soll Entlassung zuvorgekommen sein

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Zu sehen ist das Justizzentrum Köln in der Luxemburger Straße 101.

Der Leitende Kölner Oberstaatsanwalt Joachim Roth soll seinen Rücktritt zum 31. Juli behördenintern per E-Mail bekanntgegeben haben.

Abgang mit Krach: Joachim Roth ist bald nicht mehr Leitender Kölner Oberstaatsanwalt. Um die Personalie gibt es viel Wirbel.

Der Leitende Kölner Oberstaatsanwalt Joachim Roth soll am Dienstag angekündigt haben, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen, um einer möglichen Entlassung durch das Justizministerium zuvor zu kommen. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Justizkreisen erfuhr, soll die für Personalangelegenheiten zuständige Staatssekretärin Daniela Brückner (Grüne) den Chef der größten Anklagebehörde des Landes für Mittwoch nach Düsseldorf zitiert haben, um ihm seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand zu verkünden.

Der Chefankläger, der während seines Urlaubs zu dem Termin einbestellt wurde, soll dem Vernehmen nach daraufhin vorzeitig die Reißleine gezogen und nach seiner Rückkehr seinen Hut genommen haben, ohne nochmals die Behörde zu betreten.

Uneinigkeit um Ermittlungsakten

Zum 31. Juli werde er ausscheiden, teilte er behördenintern per E-Mail mit, als er am Dienstag seinen Rücktritt verkündete. Im Hintergrund sollen unterschiedliche Meinungen über das personelle Ungleichgewicht in der Behörde eine Rolle gespielt haben — unter anderem zu Gunsten der Cum-Ex-Abteilung bei der Kölner Staatsanwaltschaft, die bundesweit den größte Steuerraub der Republik verfolgt.

Ein Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft geht der Frage nach, ob die hanseatischen Finanzbehörden der Privatbank Warburg aufgrund politischer Einflussnahme die fälligen Cum-Ex-Steuerrückzahlungen im Jahr 2016/2017 zunächst erlassen hatten. Die Schwerpunktabteilung in Köln hat bisher aber keinen Beweis für diesen Verdacht geliefert.

Dennoch fordert die Hamburger Opposition seit Monaten NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) dazu auf, ihnen die Ermittlungsakten zu den Fällen Warburg Bank und HSH Nordbank zu übermitteln. Das scheiterte bisher an den rechtlichen Bedenken in Köln, da noch zahlreiche Beweismittel nicht ausgewertet seien, hieß es.

Justizminister Limbach, dem eine Klage aus Hamburg drohte, vertrat eine andere Rechtsauffassung, er ließ die Akten abholen. Bei der Staatsanwaltschaft wertete man den Vorgang als Affront — etwas Vergleichbares habe es noch nicht gegeben. Aus der Behörde ist zu hören, dass Roth nun möglicherweise als Sündenbock herhalten müsse, weil die Cum-Ex-Abteilung die Akten nicht schon früher herausgegeben habe. Möglicherweise sei man im Ministerium nicht mit seiner Amtsführung zufrieden gewesen.

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