RegierungspräsidiumAntwerpes trauert um seine Rebstöcke
Köln – „Das haut mich einfach um, ein ausgesprochen unfreundlicher Akt.“ Franz-Josef Antwerpes, legendärer Ex-Regierungspräsident mit kurfürstlichem Gehabe, bekannt als nächtlicher Lastwagenkontrolleur, Havanna-Genießer, Hobbywinzer und als Mann pointierter Kommentare, braust gar nicht in sonst typischer Lautstärke auf. So tief hat es ihn getroffen, dass der Ärger nur mit leiser Stimme hörbar wird. Seit gut einer Woche sind seine Rebstöcke am Regierungspräsidium verschwunden. „Niemand hat mir etwas von dem Abriss mitgeteilt. So was habe ich nicht erwartet.“
So ganz unerwartet kommt die Abholzung aber doch nicht. Im April hatte Regierungspräsidentin Gisela Walsken ihrem Amtsvorgänger im Gespräch mitgeteilt, dass es Bauarbeiten im Vorgarten geben würde. „Ein ein Meter achtzig breiter Graben sollte ausgehoben werden, um ein Rohr von dreißig Zentimetern Durchmesser zu legen“, erzählt Antwerpes. „Wegen Undichtigkeiten“, seien die Bauarbeiten nötig, erläutert RP-Pressesprecher Oliver Moritz die Lage. Ein Eingriff, der auch 20 Rebstöcke betrifft, die am Gebäude hochwachsen. „Frau Walsken zeigte mir die Baupläne, die hielt ich für völlig unzureichend“, sagt der 77-Jährige. „Ich wollte deshalb vorher mit der beauftragten Firma sprechen, ob das wirklich nötig ist und teilte ihr das per Mail mit. Aber schon darauf habe ich keine Antwort erhalten, und jetzt ist der Wein einfach weg.“
Die Symbolik wurde gekappt
Doch da sind nicht einfach nur ein paar Rebstöcke weg, gekappt wurde die Symbolik, die die Reben an dieser Stelle hatten, und eine Tradition guter Taten, die der Winzer mit dem Spätburgunder verknüpft hatte. Der passionierte Weintrinker wusste, dass das Dienstgebäude an der Zeughausstraße auf dem ehemaligen Wingert des Klosters St. Andreas errichtet worden war, dessen kalk- und gipshaltiger Boden sich bestens für Burgundertrauben eignet.
20 zwei Jahre alte Stöcke, ein Geschenk der Winzergenossenschaft an der Ahr, pflanzte Antwerpes 1981 vor seinem Amtssitz an. Sie wuchsen im Laufe der Jahre bis in vier Meter Höhe und spendeten kiloweise Trauben, die von Antwerpes stets höchstpersönlich geerntet wurden. Ein Winzer an der Ahr veredelte sie zu trinkbaren Tropfen, von Gastro-Kritiker Helmut Gote als „durchaus überraschend“ gewürdigt, „mittelkräftig, mit einem Geschmack nach schwarzen Kirschen und etwas Holunder“.
Für den guten Zweck versteigert
Abgefüllt in kleine Flaschen, versteigerte Antwerpes seine Rarität, den „Klein Kölnhausener Zuckerberg“ , übers Internet. Der Erlös kam stets der Aidshilfe, der Kinderkrebshilfe und Finkens Garten zugute. „In den Jahren waren das rund 50.000 Euro.“ Zwei Jahrgänge hat Antwerpes noch, abgefüllt in 60 bis 70 Halbliter-Flaschen, die will er im September versteigern. Dann hat diese liebenswerte Form kölscher Mildtätigkeit ein Ende.
Ein Ende hat wohl auch die gute Beziehung zur Amtsnachfolgerin. „Ich glaube, die hat das einfach gestört, dass ich im Sommer zur Ernte auf dem Balkon vor dem Dienstzimmer rumgelaufen bin“, glaubt Antwerpes. „Das aber so zu regeln, das sind keine Manieren.“