Schlechtes Image, kaum AzubisWarum immer mehr Metzgereien in Köln schließen

Lesezeit 4 Minuten
Eingangsbereich des Ladenlokals der Metzgerei Friedrichs in der Maternusstraße Köln-Rodenkirchen

Einer von 25 Metzgereibetrieben – in Köln sind nur noch wenige der traditionellen Fleischereien übrig. Entgegen des Rückgangs expandierte die Metzgerei Friedrichs vor einem Jahr mit ihrer zweiten Filiale in Rodenkirchen.

Traditionelle Fleischereien gab es früher an jeder Ecke Kölns, inzwischen werden sie selten. Das bedingt den Abwärtstrend. 

„Ochsen- und Schweinemetzgerei“, „Ross-Schlachterei“ – in der Holbeinstraße in Nippes prangen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt die Inschriften alter Fleischereien von den Fassaden. Sonst ist nicht mehr viel übrig von den einstigen Handwerksbetrieben.

„Es ist wie mit den Schustereien“, sagt Artur Tybussek, Geschäftsführer der Fleischer-Innung Köln. „Früher gab es in jeder Straße einen Schuhmacher, heute sind das Exoten." Für die Metzgereien in der Stadt prognostiziert er eine ähnliche Entwicklung. Vor rund 30 Jahren gingen Fleisch und Wurst in 170 Kölner Fachbetrieben über die Theken. 2022 waren es noch 25. Viele Läden mussten schließen. Erst kürzlich reihte sich der Traditionsbetrieb von Jakob Höller in Dellbrück in die Liste ehemaliger Metzgereibetriebe ein

In Köln gibt es noch 25 Metzgereibetriebe – vor 30 Jahren waren es 170

Mangelndes Kundeninteresse sei meist nicht der Todesstoß. In den übrigen Läden herrsche teils große Nachfrage. So etwa in den Filialen der Metzgerei Friedrichs. Vor fünf Jahren öffneten die Brüder David und Sebastian ihr erstes Geschäft in Sülz. Vor einem Jahr expandierten sie und öffneten einen zweiten Laden in Rodenkirchen. Als einzige Neugründung in ganz Köln sind sie der Gegenentwurf zum aussterbenden Schlachterei-Betrieb.

In der Filiale in der Maternusstraße ist es an einem Donnerstagmittag auch unter der Woche voll. Neben Fleisch- und Wurstspezialitäten – alles aus eigener Herstellung – lockt der täglich wechselnde Mittagstisch. Auch Vegetarier werden fündig. Der Trend zum wohlüberlegten, teils fleischlosen Essen wird hier nicht als Feind gesehen. „Qualität statt Masse“, heißt das Credo.

Auch Fleischersatzprodukte stellen bisher kaum eine Konkurrenz für die Branche dar, sagt Tybussek. Zwar steigt laut einer Umfrage des Forsa-Instituts für den Ernährungsreport 2023 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Beliebtheit pflanzenbasierter Lebensmittel, vegetarisch oder vegan ernähren sich allerdings insgesamt nur zehn Prozent.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Fleischkonsum deutlich abnimmt. Von 2021 auf 2022 sank der Jahresverzehr laut Deutschem Fleischer-Verband um 7 Prozent auf ein Rekordtief. 52 Kilo Fleisch pro Kopf werden demnach jährlich konsumiert. 

Gegen den Trend: Metzgerei Friedrichs expandierte vor einem Jahr

Vor allem sei es aber der Ruf des Handwerks, mit dem die Betriebe zu kämpfen hätten. Das Bild von Metzgern, die im Blut waten, schrecke ab, obwohl es nicht mehr der Realität entspreche, wie Tybussek meint. Der Nachwuchs bleibt aus. Die meisten Betriebe schließen, weil die Nachfolge nicht geregelt ist. Mit Social-Media-Kampagnen würde der Dachverband zwar versuchen, das Image aufzupolieren. „Da stoßen wir aber nur auf Nischen“ sagt Tybussek.

Deutschlandweit gab es im letzten Jahr gerade einmal 794 Gesellenprüfungen, zur Jahrtausendwende waren es über 3000. „Das Handwerk ist unattraktiv“, sagen auch die Friedrichs. Für die aktuelle Ausbildungsklasse gebe es in Köln gerade einmal 16 Neuanmeldungen – Fleischer und Fleischereifachverkäufer zusammengerechnet.

Die Brüder David und Sebastian Friedrichs sitzen vor einem gläsernen Kühlhaus.

Transparenz als Leitidee: Ein gläsernes Kühlhaus in der Rodenkirchener Filiale der Metzgerei von David (links) und Sebastian Friedrichs soll den Kunden Einblicke in den Herstellungsprozess gewähren.

Auch deshalb will die Metzgerei Friedrichs mit dem überholten Bild des Schlachters aufräumen. Statt kalter Fliesenoptik erwartet die Kunden bei ihnen ein moderner Verkaufsraum. Im Hintergrund läuft Jazzmusik. Es gibt Latte Macchiato aus der Barista-Maschine, dazu ein Brötchen mit Leberkäse. „Wir wollen zum Verweilen einladen.“

Noch eines ist den Brüdern wichtig: Das Bewusstsein dafür, dass für die Produkte ein Tier gelebt hat. Deshalb achten sie auf Transparenz und Nachhaltigkeit. Das Rindfleisch beziehen die Friedrichs vom elterlichen Hof im Oberbergischen. Mit den regionalen Lieferanten für Schwein und Geflügel stehen sie ebenfalls im engen Kontakt.

Kann es richtig sein, für Katzenfutter doppelt so viel zu zahlen wie für mein Mett?
Artur Tybussek, Geschäftsführer Fleischer-Innung Köln

Es sind Kriterien, die Konsumenten laut Forsa-Umfrage beim Lebensmittelkauf wichtiger werden. Neben Geschmack sind das unter anderem Tierhaltung und fairer Handel. Der Preis zählt aber auch. Gerade Discounter würden die Kunden mit Billigpreisen von der Fleischertheke weglocken. „Da frage ich mich: Kann es richtig sein, für Katzenfutter doppelt so viel zu zahlen wie für mein Mett?“ kritisiert Tybussek.

Auch den Supermarkt-Frischetheken gegenüber ist er skeptisch. Ein „geschicktes Marketing“ gebe ein gutes Gefühl beim Einkauf. Viele Produkte würden aber nicht alles halten, was sie versprechen. Es sei nicht unbedingt preiswerter als das Fleisch von der traditionellen Metzgerei. Beim Siegel „Aus der Region“ komme das Produkt auch gerne mal von weiter weg – aus Baden-Württemberg etwa, meint er. Und: „Der Bezug zum Tier fehlt“, finden auch die Friedrichs.

„Sicherlich ist da nicht alles Lug und Trug“, sagt Tybussek. Aber richtige Fachberatung, die gebe es nur beim echten Metzger.

KStA abonnieren