Karneval mit HerzblutWieversitzung in Antweiler mit kleiner politischer Botschaft

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Claudia Schäfer und Gerdis Reuter liegen verkleidet in einem Bett.

Als altes Ehepaar beim Bettenkauf trieben Claudia Schäfer (l.) und Gerdis Reuter den Jecken die Lachtränen in die Augen.

Die Damensitzung im Mechernicher Ortsteil Antweiler wird von 14 Jecken Wievern fast ein Jahr lang mit viel Leidenschaft vorbereitet. 

Erschrocken zuckten die Gäste im Festsaal der Alten Schule zusammen. Nur Sekunden nach der Ankündigung des nächsten Sketches ließ das ohrenbetäubende Kreischen einer Trillerpfeife alle mehr als aufhorchen: Im Stile eines Drill-Sergeanten führte Susanne Pohl ihre in Badeklamotten gehüllte Truppe durch den Saal.

Verkleidet als die „Antweiler Jonge“ simulierten die „Jecke Wiever“ die Bemühungen, mit denen sich die Herren des Mechernicher Ortsteils Zutritt zu der beliebten Damensitzung verschaffen wollten: Sie wollten schließlich nach 21 Jahren selbst endlich einmal das mit viel Herzblut gestaltete Programm der Wieversitzung miterleben.

Vorbereitungen für Antweiler Damensitzung beginnen im März

Das wird schließlich akribisch und fast das ganze Jahr über vorbereitet. „Im März beginnen schon wieder die Vorbereitungen für unsere Sitzung im nächsten Jahr. Eine Zeit ganz ohne Karneval, und vor allem ganz ohne einander, kennen wir gar nicht“, berichtete Christine Buderath, die sich mit den anderen 13 „Jecke Wiever“ für die Gestaltung der Damensitzung verantwortlich zeichnete.

„Natürlich ist es immer eine Menge Arbeit, sich die Sketche auszudenken. Das Team ist aber einfach großartig und die gemeinsame Zeit macht uns allen so viel Spaß, dass wir gar nicht mehr darauf verzichten wollen.“

Der Festsaal in der Alten Schule war ausverkauft

Nicht nur bei den Akteuren auf der Bühne, sondern auch bei den Karnevalsfreundinnen im Ort hat sich das längst herumgesprochen: Erneut blieb kein Platz im Festsaal unbesetzt.

Während das Publikum noch den jüngsten Bühnenauftritt bejubelte, waren einige „Jecke Wiever“ bereits in ihr nächstes Kostüm geschlüpft, um die Wartezeiten zwischen den Programmteilen möglichst kurz zu halten. DJ Sascha Hilgers und Sänger Frank Jennickes sorgten in dieser Zeit zudem mit bekannten Karnevalsklassikern für Unterhaltung.

Das Bild zeigt einen Saal voller kostümierter Frauen.

Gut gelaunt feierten die Jecken Wiever aus Antweiler am Samstag ihre Karnevalssitzung.

Vier Frauen sitzen mit Sonnenhüten und Bier in Klappstühlen auf einer Bühne.

Mit Bier und Klappstuhl mimten die Jecke Wiever die Jungs, die endlich mal an der Sitzung der Damen teilnehmen wollten.

Von alltäglichen Gesprächen an der Discounterkasse bis zum Bettenkauf im Möbelhaus boten die 14 Akteurinnen einen zum Schreien komischen Einblick in viele wohlbekannte Situationen – die auf der Bühne jedoch schnell ungeahnte Wendungen nehmen konnten.

Außer für Gerdis Reuter und Claudia Schäfer, die als langverheiratetes Ehepaar keine Gelegenheit ausließen, ihrem Gegenüber jedes noch so kleine Vergehen der letzten 30 Jahre unter die Nase zu reiben, blieben die Hintergründe um den Streit der beliebteren Bettseite allen Anwesenden lange verborgen. Erst das Auftauchen einer verzweifelten Baumarktangestellten machte deutlich, dass das Paar das neue Bett nicht etwa im eigenen Schlafzimmer, sondern direkt im Laden austesten wollte.

Anspielung auf Bauern-Proteste bei Sitzung in Antweiler

Natürlich durften auch die kleinen und nicht wirklich ernst gemeinten Scharmützel zwischen Antweiler und Wachendorf nicht fehlen –   für einige Besucher ist das ein Höhepunkt des Abends. Dieses Mal spielten die Akteurinnen beim Spaß-Wettbewerb mit Tret-Traktor und Demo-Schildern auf die Proteste der Bauern in ganz Deutschland an. „Der ganze Abend beschäftigt sich mit Themen, die auch uns das Jahr über beschäftigt haben“, so Buderath. Und die Demonstrationen der vergangenen Wochen sind dann auch im Karneval kaum links liegen zu lassen.

Aber eigentlich wollen die Wiever nicht politisch werden – dieses Jahr war es ihnen aber wichtig, ein Zeichen zu setzen. „Beim Auftakt haben wir in unterschiedlichen, landestypischen Kostümen die willkommene Vielfalt zum Ausdruck gebracht“, so Buderath: „Ansonsten werden wir bei unseren Sketchen aber niemals zu politisch. Für uns und unsere Gäste soll der Spaß im Vordergrund stehen. Die gute Laune im Saal zeigt, dass das auch bei unserer 21. Sitzungen gelungen ist.“

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