„Stadt mit großen Potenzialen“Diese Pläne hat der neue Technische Beigeordnete für Euskirchen

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Die Stadt Euskirchen lässt die durch die Flut beschädigte Fußgängerzone sanieren, hier die Berliner Straße.

Die Sanierung der Fußgängerzone gehört zu den vielen Vorhaben im Verantwortungsbereich des neuen Dezernenten.

Im Gespräch mit Johannes Bühl berichtet der neue Dezernent Wolfgang Honecker über seine Arbeit in Euskirchen.

Herr Honecker, was waren Ihre ersten Eindrücke von Euskirchen, als Sie hier Ihren Dienst antraten?

Wolfgang Honecker: Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich die Stadt bis dahin nicht kannte. Positiv überrascht war ich von ihrer hohen Zentralität. Es gibt ein Theater, ein Kino, die Therme. Viele vergleichbar große Städte entlang der Rheinschiene haben das nicht. Euskirchen steht viel stärker für sich selbst.

Was sticht aus Ihrem Rückblick auf das erste halbe Jahr noch heraus?

Auffällig sind das gesunde Selbstbewusstsein und das hohe Maß an Heimatverbundenheit. Diese Verbundenheit zeigt sich auch am Umgang mit der Hochwasserkatastrophe. Viele Menschen sind von der Flut hart getroffen worden, ich habe aber von niemandem gehört, dass er deshalb weg will aus Euskirchen. Die Folgen der Flut, die Wunden, die sie hinterlassen hat, gehören natürlich auch zu den Eindrücken aus meiner Anfangszeit.

Wie bewerten Sie die Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt im Allgemeinen?

Euskirchen verfügt über große Potenziale. Ich denke dabei an das Areal der früheren Steinzeugwerke, die LEP-Fläche am Silberberg und die City Süd.

Wie ist bei den Steinzeugwerken der aktuelle Stand?

Die Bauleitplanung ist abgeschlossen. Ich erwarte, dass die Investoren bald in die Entwicklungsphase eintreten.

Es ist von 1100 Wohneinheiten die Rede, die dort entstehen sollen. Braucht Euskirchen denn überhaupt so viel neue Wohnfläche?

Es gibt kaum etwas so Volatiles wie Bevölkerungsprognosen. Fakt ist aber, dass die Bodenmarktpreise deutlich angezogen haben. Das zeigt, dass die Nachfrage höher ist als das Angebot. Der Bedarf ist also vorhanden.

Der Wohnungsmangel ist immer wieder ein Thema im Rat und seinen Fachausschüssen. Zuletzt wurde über die Baulandplanung hinter verschlossener Tür beraten. Sollte die Stadt Ihrer Meinung nach Wohnungen bauen und wieder selbst unter die Vermieter gehen?

Dies würde zu einer Parallelstruktur führen – hier die Stadt, dort die Eugebau mit der Stadt als Mehrheitsgesellschafter –, von der ich abrate. Gäbe es die Eugebau nicht, würde ich die Frage eventuell anders beantworten.

Zur City Süd: Wie ist der Planungsstand beim Bau von Rathaus und City-Forum? Für den Verwaltungsneubau auf dem Eckgrundstück Roitzheimer Straße/An der Vogelrute soll der Rat am 15. März den Vergabebeschluss fassen. Für das City-Forum hat der Ausschuss für Umwelt und Planung die Standortvorentscheidung getroffen. Das City-Forum soll näher an die Bahnhofsrückseite rücken. Im Gegenzug wollen wir das geplante Pendlerparkhaus auf dem früheren Bünder-Gelände am Pützbergring unterbringen. Wir prüfen jetzt, ob die Flächen geeignet sind. Falls ja, können wir in die Planung einsteigen.

Das neue Konzept geht auf Ihre Ideen zurück. Wie kam es dazu?

Mir ist sofort aufgefallen, dass die beste Lage in der City Süd für ein Parkhaus vorgesehen war, während der wichtigste Veranstaltungsbau der Stadt in einer Randlage diskutiert wurde. Das ergibt aus städtebaulicher Sicht keinen Sinn, weshalb ich die Lage des Parkhauses hinterfragt habe. Der Parkhaus-Standort am Pützbergring macht die Verkehrsführung deutlich einfacher. Und das City-Forum gleich hinter dem Bahnhof zu bauen ist vorteilhaft für die Besucherinnen und Besucher, die für die Anreise den ÖPNV nutzen.

Die Bebauung der City Süd gehört zu den großen Projekten in Ihrem Verantwortungsbereich. Welche anderen Vorhaben stehen im Vordergrund?

Sehr bedeutende Themen sind der Hochwasserschutz und die Starkregenvorsorge. Euskirchen so weit wie möglich resilient zu machen gegen die Folgen zukünftiger Hochwasserereignisse ist ein Stück weit die Königsdisziplin. Ich bin froh, dass ich inzwischen einen guten Draht zum Erftverband habe, der ein wichtiger Kooperationspartner der Stadt ist.

In Ihrem Dezernat sind auch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept für die Innenstadt und die Sanierung der Fußgängerzone angesiedelt, ebenso das Mobilitätskonzept und das Radverkehrskonzept. Ganz schön viele Projekte für eine Verwaltung, die mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat.

Das stimmt. Ich habe seit meinem Dienstantritt festgestellt, dass wir viele gute Leute in der Verwaltung haben, aber wegen des Fachkräftemangels bekommen wir die Vakanzen nicht gefüllt, sodass wir nicht voll leistungsfähig sind, zumal wir neben dem Tagesgeschäft auch die Flutfolgen zu bewältigen haben. In manchen Sachgebieten beträgt die Vakanz 20 bis 30 Prozent. Gerade bei den Ingenieurstellen fehlen uns Leute. Mittlerweile ist es zur Regel geworden, dass wir Stellen mehrfach ausschreiben müssen. Diese Entwicklung macht mir Sorgen.

Besteht Hoffnung auf Besserung?

Das Binnenklima ist gut, die Stadtverwaltung Euskirchen hat nach meiner Wahrnehmung ein familiäres Betriebsklima. Solche Attribute können helfen, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen. Dennoch müssen wir mit der Politik, die ja unser Auftraggeber ist, darüber reden, wann wir was erledigen können und was wir zurückstellen müssen. Ein klassischer Fall von Priorisierung, ohne die es nicht geht, wenn Personal fehlt.

Wie fällt Ihr erstes Zwischenfazit aus, das Sie als Neuling in Euskirchen ziehen?

Positiv. Nach der Flut kommt in der Stadt vieles in die Gänge. Es macht mir Freude, an dieser Entwicklung teilzuhaben, Impulse zu setzen und zu spüren, dass die Politik der Verwaltung eine hohe Wertschätzung entgegenbringt. (jb)


Zur Person

Wolfgang Honecker (50) ist verheiratet und Vater zweier Kinder. An der RWTH in seiner Geburtsstadt Aachen studierte er Architektur mit dem Schwerpunkt Städtebau. Anschließend arbeitete er unter anderem in einem Kölner Planungsbüro, beim Stadtplanungsamt Frankfurt am Main, wo er ein Referendariat zum Bauassessor absolvierte, und als Stadtplaner für den Stadtbezirk Köln-Mülheim. Vor seinem Wechsel nach Euskirchen im August 2022 war er acht Jahre für die Stadt Bergisch Gladbach (Rheinisch-Bergischer Kreis) tätig, zuletzt als Fachbereichsleiter unter anderem für Stadtentwicklung.

In Euskirchen ist er als Dezernent zuständig für die technischen Fachbereiche, also Verkehrsflächen, Grünflächen, Kanal, Stadtentwicklung, Stadtplanung, Untere Denkmalbehörde und Bauaufsicht, außerdem für den Stadtbetrieb Technische Dienste. Honecker engagiert sich auch in der Architektenkammer NRW, etwa im Ausschuss für Stadtplanung und in der Strategiegruppe Nachhaltigkeit. (ejb)

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