Trockene SommerFeuerwehr im Kreis Euskirchen rüstet sich für große Waldbrände

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Brände in unwegsamen Waldbereichen, hier ein Feuer im Mai zwischen Kirchheim und Loch,  stellen  die Einsatzkräfte vor große Herausforderungen.

Kreis Euskirchen – Die großen Waldbrände in südlicheren Länder lassen auch die Feuerwehren und Waldbesitzer in der Region sorgenvoll auf die Wälder blicken. Angesichts anhaltender Trockenheit und hoher Temperaturen sind erste Bereiche im Kreis Euskirchen, etwa Weilerswist-Lommersum, am Dienstag im Waldbrandgefahrenindex von 4 (hohe Gefahr) auf die höchste Stufe 5 (sehr hohe Gefahr) gestuft worden.

In den vergangenen Tagen, so auch am Dienstag, häuften sich im Kreis die Einsätze der Feuerwehren bei Wald-, Feld- und Wiesenbränden. In allen Fällen konnten aber durch schnelles Eingreifen schlimmere Brände verhindert werden.

Wie ist der Kreis gegen große Flächenbrände gewappnet?

Kreisbrandmeister Peter Jonas erläuterte im Gespräch mit der Redaktion, dass die Feuerwehren im Kreis Euskirchen eigene Defizite schon vor einigen Jahren erkannt haben und aktuell dabei sind, sich für derartige Szenarien neu aufzustellen.

Kann es auch im Kreis Euskirchen zu solch verheerenden Waldbränden wie im Süden kommen?

Ja, durchaus. Schon bedingt durch den hohen Waldanteil mit großen zusammenhängenden Flächen, etwa im Südkreis im Bereich der Gemeinden Hellenthal und Dahlem oder im Bereich Schleiden mit dem Nationalpark, sind auch große Waldbrände möglich. Das gilt ebenfalls für Kommunen wie Euskirchen oder Bad Münstereifel.

Nicht zu unterschätzen, so Jonas, seien aber auch Vegetationsbrände auf Feldern und Wiesen in Kommunen mit geringerem Waldanteil. Auch diese Brände können große Ausmaße annehmen und abgesehen von den Schäden viele Menschen gefährden.

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Der Euskirchener Kreisbrandmeister Peter Jonas

Wie schon die Flutkatastrophe in einem ganz anderen Bereich gezeigt habe, hat der Klimawandel auch Auswirkungen auf Brandgefahren. Und deren Größenordnungen. Lange Dürreperioden, erhöhte Temperaturen, ausgetrocknete Böden und Vegetation, abgestorbene Fichtenbestände, niedrige Wasserstände – all das erhöht auch die Gefahr von Bränden.

Peter Jonas: „Im Bereich der Gefahrenabwehr bekommen wir es so mit neuen Dimensionen zu tun. Da muss man umdenken.“

Wie können Waldbrände verhindert werden?

Das weiß eigentlich jedes Kind. Im Wald und auf Freiflächen nicht rauchen, keine Zigarettenkippen wegwerfen, vor allem nicht aus dem Autofenster. Kein Feuer machen. Keine Glasflaschen zurücklassen. Mit den Autos nicht auf trockenem Bewuchs parken.

Trotz der eindringlichen Warnungen durch Feuerwehr, Forstbehörden und Ordnungsämter wird das Gros der Wald- und Vegetationsbrände durch menschliches Fehlverhalten verursacht. Natürliche Ursachen wie Blitzschlag oder Selbstentzündung sind eher selten.

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Auch durch den Waldumbau, etwa durch Mischwälder und Bäume, die resistenter gegen Trockenheit sind, durch Entfernen von Totholz, Borkenkäferholz und Windbruch kann die Gefahr verringert werden. Doch das sind Maßnahmen, die Zeit brauchen.

Was geschieht, wenn es zum Waldbrand kommt?

Aus Sicht der Feuerwehr, so Peter Jonas, ist entscheidend, einen Waldbrand so früh wie möglich zu entdecken. Denn dadurch haben Einsatzkräfte die Chance, einen Brand in der Entstehungsphase, meist als Bodenfeuer, zu bekämpfen, bevor es etwa zum gefürchteten Wipfelbrand kommt.

Eine verdächtige Rauchsäule oder ein kleiner Brand, durch Spaziergänger frühzeitig über „112“ gemeldet, kann schon entscheidend sein. Manche Brände werden auch aus der Luft entdeckt, sei es durch Passagiermaschinen, die die umliegenden Flughäfen anfliegen, oder, wie jüngst bei einem Brand im Bereich der Steinbachtalsperre, durch einen Polizeihubschrauber.

Konzept zu Wald- und Vegetationsbränden

Arbeitsgruppe gebildet

Bereits 2019 hat der Kreisfeuerwehrverband die Arbeitsgruppe „Waldbrandkonzept Kreis Euskirchen“ gebildet, die ein Konzept für Wald- und Vegetationsbrände erarbeiten und Vorschläge für zusätzliche Ausstattung und Ausbildung machen soll. Drei Waldbrände von 2020 (in Wenden, Kreis Olpe, 3 Hektar Fläche; in Gummersbach, Oberbergischer Kreis, 21 Hektar Fläche, und im deutsch-niederländischen Grenzgebiet, 170 Hektar Fläche) legte die Arbeitsgruppe bei ihrer Analyse zugrunde. Die Brände hatten eine Reihe von Defiziten und Problemen aufgezeigt: Kommunikationsprobleme durch geringe Funkabdeckung, verschiedene Gebietskörperschaften mit jeweils eigenen Einsatzleitungen, für Großfahrzeuge der Feuerwehr unbefahrbare Wege oder nicht verfügbare Hubschrauber. Die Auswertung machte deutlich, dass es zu derartigen Bränden auch im Kreis Euskirchen kommen kann und dass keine kommunale Feuerwehr große Waldbrände alleine beherrschen kann.

Waldbesitzer

Wichtig, so das Fazit der Arbeitsgruppe, ist außerdem, dass die Waldbesitzer mitziehen, etwa durch die Bereitstellung von aktuellem Kartenmaterial, das Fällen kranker Bäume und das Entfernen von Totholz, das Freihalten von Wegen, das Anlegen von Brandschneisen, die Bereitstellung von Löschwasserteichen und auch durch Unterstützung mit Spezialgerät und Fachberatern im Einsatzfall.

Einheiten des Kreises

Dass eine kommunale Feuerwehr bei einem größeren Waldbrand überfordert ist, liegt auf der Hand. Das gilt schon für die Wasserversorgung, die ja notfalls über weite Strecken mit Schlauchleitungen oder durch den Pendelverkehr von Tanklöschfahrzeugen hergestellt werden muss. Für diesen Fall sieht das künftige Konzept zwei Module vor, die vorrangig aus Großfahrzeugen der Feuerwehren aus verschiedenen Kommunen des Kreises gestellt werden. Doch auch bei der eigentlichen Brandbekämpfung kann die Kreisfeuerwehr unterstützen. So ist eine Kreis-Einheit „Wald und Vegetationsbrandbekämpfung“ mit zwei Löschzügen vorgesehen, die personell von der Feuerwehr Weilerswist und Zülpich gestellt werden. Sie kann von örtlichen Einsatzleitern nachgefordert werden und hat bereits eigene Einsatzgerätschaften an Bord, um aktiv werden zu können, bis der Abrollbehälter Waldbrand am Ort ist. Wie Bernd Bramer, Leiter der Feuerwehr Weilerswist, auf Anfrage der Redaktion erklärte, soll diese Einheit am 1. Januar 2023 einsatzbereit sein

Beispiel Weilerswist

Die Gemeinde Weilerswist hat nach größeren Vegetationsbränden 2018 verstärkt Augenmerk auf geeignete Ausstattung gelegt. Das gilt sowohl für persönliche Schutzausrüstung und Gerätschaften als auch bei den Fahrzeugen. Dabei ging man einfallsreich vor. So kaufte die Gemeinde 2020 einen ausrangierten Molkerei-Tankwagen, der umgerüstet wurde, seit April 2021 als „TW-1“ die Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr verstärkt und 10 000 Liter Lösch- und Trinkwasser an Bord hat. 

Im Kreis Düren will die Feuerwehr Drohnen einsetzen, um Waldbrände zu entdecken. In der Vergangenheit gab es auch im Kreis Euskirchen in Phasen mit hoher Waldbrandgefahr Überwachungsflüge. Dazu hat die Kreisfeuerwehr Luftbeobachter in ihren Reihen, die in diesen Maschinen mitfliegen. Nach Jonas’ Angaben werden aktuell auch neue Luftbeobachter ausgebildet.

Die Bezirksregierung Köln hat am Dienstag mitgeteilt, dass es wieder solche Waldbrand-Überwachungsflüge geben soll. Auch das Regionalforstamt Hocheifel – Zülpicher Börde, so teilte Fachgebietsleiterin Chantal Schwerdt auf Anfrage der Redaktion mit, habe für seinen Bereich einen Überwachungsflug für Dienstag angefordert.

Welche Probleme hat die Feuerwehr bei der Bekämpfung von Waldbränden?

Eine ganze Reihe. Das beginne schon damit, so sagt Jonas, dass Waldwege oft von Autos zugeparkt oder nicht gut in Schuss sind. Naturgemäß ist auch die Versorgung mit Löschwasser in abgelegenen Bereichen schwierig.

Da die Waldbrandbekämpfung in den zurückliegenden Jahrzehnten längst nicht die Bedeutung gehabt habe, die sie jetzt wieder erlange, gebe es aber auch bei der Feuerwehr selbst vielfach Nachholbedarf, etwa bei geländegängigen Tanklöschfahrzeugen. Aber auch bei simplen Gerätschaften wie Hacken, Feuerpatschen und Löschrucksäcken. Ebenso bei der persönlichen Schutzausrüstung.

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Löschrucksäcke sind effektiv, bei den Feuerwehren im Kreis aber noch recht selten.

Vielfach ist die Einsatzkleidung von Feuerwehrleuten dafür ausgelegt, hohen Temperaturen und Stichflammen im Innenangriff zu trotzen. Wer sich damit bei Waldbränden durch unwegsames Gelände kämpft, läuft Gefahr, vom Hitzschlag getroffen zu werden. In dieser Not legen Einsatzkräfte ihre Schutzkleidung oft ab, was wiederum Risiken birgt.

Woran mangelt es denn den Feuerwehren?

Aus Sicht des Kreisbrandmeisters gibt es beim Thema „Wald- und Vegetationsbrand“ für die Feuerwehr durch die neuen Dimensionen Nachholbedarf. Bei den Normbestückungen der Fahrzeuge habe die Waldbrandbekämpfung in der Vergangenheit lokal eine nicht so bedeutsame Rolle gespielt. Ob Löschrucksäcke, leichte Helme oder Feuerpatschen – es fehle an vielem.

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Die Weilerswister Feuerwehr kaufte einen ausrangierten Milchtransporter und rüstete ihn um. Er transportiert nun 10 000 Liter Lösch- und Trinkwasser. 

Aus diesem Grund ist der Kreis gerade dabei, einen Abrollbehälter Waldbrand mit entsprechendem Material zu beschaffen, der im Schleidener Brandschutzzentrum stationiert wird und mit einem Wechselladerfahrzeug an die jeweilige Einsatzstelle gebracht werden kann.

Welche Rolle spielt eine Brandbekämpfung aus der Luft?

Aus Sicht des Kreisbrandmeisters eine sehr bedeutsame. Angesichts der Szenarien aus anderen Ländern stelle sich für die Feuerwehr die Frage, ob lokale „Bodentruppen“ vor Ort ausreichen oder ob man den Fokus auch auf die Brandbekämpfung aus der Luft legen sollte. Auch hier bestehe definitiv Nachholbedarf. Dabei hat Jonas weniger klassische Löschflugzeuge wie die Transall im Blick, wie sie etwa 1985 bei der großen Waldbrandübungen „Grenzwald 85“ im Südkreis eingesetzt wurde, sondern Hubschrauber mit Außenlastbehältern.

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Bei der Brandbekämpfung aus der Luft nutzt die Feuerwehr vor allem Hubschrauber der Polizei.

Da die Feuerwehr derartige Hubschrauber nicht hat, werden dazu die von Landes- und Bundespolizei sowie der Bundeswehr eingesetzt. Diese könne der Kreis in der Regel zwar komplikationslos anfordern. Sie seien aber nicht immer so verfügbar, wie man sich das vielleicht vorstelle. Hier sei man dabei, deren Einsatzmöglichkeiten durch Landeskonzepte zu erweitern. Ein denkbarer Schritt, so Jonas, wäre in der Zukunft aber auch die Kooperation mit privaten Flugunternehmen.

Der Vorteil der Hubschrauber, so Jonas, sei auch, dass Luftbeobachter der Feuerwehr mitfliegen können, so dass man permanent ein Lagebild aus der Luft habe. Das kann sich die Kreisfeuerwehr zwar auch durch die neu angeschaffte Drohne verschaffen. Allerdings darf die Drohne nicht parallel zu Hubschraubern eingesetzt werden.

Was ist mit überörtlicher Hilfe bei großen Waldbränden?

Auch hier, so Jonas, ist man gut aufgestellt. Schnelle Hilfe sei etwa durch die Feuerwehren der Nachbarkreise zu erwarten. Das gelte auch für die großen NRW-Bereitschaften. So haben auch die fünf Bereitschaften des Regierungsbezirks Köln mit jeweils vier Löschzügen und einem Logistikzug Zusatzmodule für Waldbrandbekämpfung.

Wertvolle Unterstützung können die auch bei der Förderung großer Wassermengen über große Strecken leisten. Dazu gehören auch die HFS-Einheiten (HytransFireSystem), von denen eine im Kreis stationiert ist. Deren starke Pumpen können große Mengen (bis zu 8000 Liter pro Minute) kilometerweit fördern.

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