Keine AfD im RatZülpicher Grüne finden keine Zustimmung für Beteiligung an Trierer Erklärung

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Das Bild zeigt ein Plakat während einer Demo gegen die AfD in Euskirchen.

Einige Demos gegen Rassismus und Extremismus fanden zuletzt im Kreis Euskirchen statt. In manchen Räten wurde die Trierer Erklärung unterzeichnet. In Zülpich führte ein entsprechender Vorschlag zu Diskussionen.

Der Antrag der Grünen wird in Zülpich abgelehnt, bevor er in den Rat kommt. Die Partei will wohl zweiten Anlauf für Trierer Erklärung starten.

Die Aufregung bei den Grünen in Zülpich war groß, die Enttäuschung über die anderen Parteien im Stadtrat noch größer. Der Grund: CDU, SPD, UWV und FDP lehnten den Vorschlag der Grünen in einer Fraktionsvorsitzendenrunde ab, die „Trierer Erklärung“ zu unterstützen – und sich damit deutlich gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus auszusprechen. Lediglich Dieter Bus von „Die Partei“ schloss sich dem Vorschlag der Grünen laut Grünen-Fraktionschefin Angela Kalnins an.

„Ja, es war sehr verwunderlich, was sich da abspielte. Ich hatte nur beantragt, die gemeinsame Erklärung in der Tagesordnung zu berücksichtigen“, sagt Kalnins im Gespräch mit dieser Zeitung. Nach dem „Antrag“ sei die Aufregung groß gewesen. Immer wieder sei auch das Wort „Symbolpolitik“ gefallen.

Vorschlag der Grünen wird von anderen Parteien abgebügelt

Letztlich verzichteten die Grünen tatsächlich in der Ratssitzung im März auf ihren Antrag zur Trierer Erklärung, weil sich die anderen Parteien im Vorfeld gegen den Antrag ausgesprochen hatten. Als Argument wird von CDU, UWV und auch SPD angeführt, dass die AfD in Zülpich in politischen Gremien nicht vertreten ist. „Der Aspekt, dass es im Zülpicher Rat nur Parteien der Mitte gibt, ist in der Tat ein Argument gewesen“, sagt Timm Fischer, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Weiterhin sei festgestellt worden, dass in den vergangenen Jahren „bereits sehr viel Symbolpolitik stattgefunden hat und manchmal auch weniger mehr sein könnte“. Zudem seien sich alle Fraktionen einig gewesen, „dass nur ein gemeinsamer Antrag Sinn ergeben würde“, so Fischer im Gespräch mit dieser Zeitung: „Für diesen gab es aber eindeutig keine Mehrheit.“ Gute Politik sei „das beste Mittel gegen ein Erstarken von Extremisten“.

CDU lobt die Zusammenarbeit der Parteien

In Zülpich arbeite der Rat konstruktiv zusammen. „Bei vielen, auch andernorts deutlich kontroverser ausgetragenen Themen wird hier vor Ort an einem Strang gezogen. Mit gemeinsamen Anstrengungen wurde in diesen schwierigen Zeiten zum achten Mal in Folge ein ausgeglichener Haushalt erreicht“, so Fischer.

Die SPD, die sich im Kreistag – genau wie die CDU – einstimmig für die Unterstützung der Trierer Erklärung ausgesprochen hatte, positioniert sich bei Demos oder auf dem Instagram-Account der Partei immer wieder gegen Rassismus und Extremismus. In Zülpich ist die „Trierer Erklärung“ der Fraktionsvorsitzenden Christine Bär aber zu kurz gedacht.

UWV fordert „gute Realpolitik statt Symbolpolitik“

In Zülpich wolle die Partei stattdessen einen anderen Weg gehen, wie es die Fraktionsvorsitzende ausdrückt: „Wir besuchen Demos gegen Rechts, wie sie in Euskirchen und zuletzt in Mechernich stattgefunden haben, und wir suchen den Kontakt zu der Bevölkerung, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“

„Inhaltlich stimmen wir der Erklärung zu, jedoch geht sie uns nicht weit genug. Wir sind gegen jede Art von Extremismus. Egal ob von rechts, links, ob politisch oder religiös“, sagt Bär auf Anfrage. Die Trierer Erklärung richte sich „ja insbesondere gegen die AfD. Die gibt es in Zülpich aber nicht“. Im Kreistag sei die Situation eine andere. „Daher haben wir es begrüßt, dass die SPD-Fraktion im Kreistag, zu der ich gehöre, sich klar für die Trierer Erklärung ausgesprochen hat“, so Bär.

Detlef Krings, Fraktionsvorsitzender der UWV, spricht sich ebenfalls gegen die Trierer Erklärung aus. „Wir als UWV sehen in jedem extremen Verhalten eine Gefahr – egal, ob von links oder rechts“, sagt Krings. Der Vorschlag von Krings in Richtung der Zülpicher Grünen auf das Wort „Rechtsextrem“ zu verzichten und stattdessen „Extremismus“ zu nutzen, sei zwar ein Kompromiss, dann aber doch nicht umsetzbar gewesen.

Für mich stellte sich die Frage nicht, es nicht zu tun. Es geht ja um ein gesamtgesellschaftliches Statement.
Jennifer Meuren, Bürgermeisterin von Blankenheim

„Tendenziell geht das ja in die richtige Richtung. Aber dann sprechen wir nicht mehr über die Trierer Erklärung, sondern über die Zülpicher Erklärung. Dann machen wir ein juristisches Fass auf“, so Krings: „Gute Realpolitik ist besser als gut gemeinte Symbolpolitik.“

Und die Grünen? Nach Angaben von Angela Kalnins wird der Antrag nun doch weiterverfolgt. Sie könne sich durchaus vorstellen, dass er in der kommenden Sitzungsperiode auf der Tagesordnung stehen werde.

Ein Blick nach Blankenheim zeigt: Auch dort gibt es keine AfD im Gemeinderat. Dennoch hat die Politik ein klares Zeichen gesetzt. „Für mich stellte sich die Frage nicht, es nicht zu tun. Es geht ja um ein gesamtgesellschaftliches Statement. Das war bei uns im Rat auch keine Sekunde Diskussion. Wir haben das auch im Amtsblatt mit Statements der Fraktionsvorsitzenden untermauert“, sagt die Blankenheimer Bürgermeisterin Jennifer Meuren (parteilos).

In Schleiden hat bisher noch keine der Fraktionen im Rat beantragt, dass man sich auch dort der Trierer Erklärung anschließen soll. „Falls eine der Fraktionen den Antrag stellen sollte, bin ich mir sicher, dass der Beschluss auch – voraussichtlich einstimmig – gefasst würde“, sagt Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings (CDU). Dass bisher noch kein Antrag dazu vorliege, „dürfte vor allem daran liegen, dass es sich dabei nur um einen symbolischen Akt, wie wir ihn auch schon auf andere Art und Weise begangen haben, handelt“, so der Schleidener Verwaltungschef.

Der Inhalt der Trierer Erklärung werde in Schleiden gelebt und drücke das Verständnis von gesellschaftlichem Zusammenleben aus. Entsprechend gebe es Demos für den Erhalt der Demokratie oder auch Friedenskundgebungen für die Ukraine.


Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen lobt die Zusammenarbeit der Parteien

Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen (CDU) hätte „kein Problem mit der Unterzeichnung der Trierer Erklärung“ – unter dem Vorbehalt, dass gut gemeinte Erklärungen nicht inflationär zur Abstimmung stehen, weil es Selbstverständlichkeiten infrage stellen und relativieren würde. In der täglichen Zusammenarbeit zeige sich, dass alle Parteien deutlich wahrnehmbar für die Verteidigung von Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat einstünden, so der Bürgermeister.

Bei den allermeisten Themen ziehen laut Verwaltung in Zülpich alle an einem Strang – beispielsweise in der Flüchtlingspolitik. Dadurch sei es gelungen, Dorfgemeinschaftshäuser und Sporthallen vor einer Umnutzung zu bewahren. Sicherlich sei auch das harmonische Klima mit einer stets sachorientierten Politik ein Grund dafür, dass Parteien mit fremdenfeindlichen Tendenzen bis dato im Stadtgebiet Zülpich nicht Fuß fassen konnten.

Bürgermeister spricht beim Tag der Demokratie

Bereits 2014 sei in Zülpich der Runde Tisch Flüchtlingsarbeit ins Leben gerufen worden, um die Flüchtlingsarbeit auf eine breite Basis zu stellen und geflüchtete Menschen bestmöglich in Zülpich ankommen zu lassen. Und auch aktuell unternehme er viel, um demokratische Werte zu unterstützen, so Hürtgen.

So wolle er am 3. Juli, am „Tag der Demokratie“ im St.-Nikolaus-Stift in Füssenich, an einem Workshop mit anschließender Podiumsdiskussion mit jungen Menschen teilnehmen. Selbstredend werde er sich dort gegen jede Form von Extremismus aussprechen. Man werde in Deutschland nicht daran vorbeikommen, die AfD politisch zu stellen, heißt es aus dem Rathaus.

Nach derzeitigem Stand müsste aber damit gerechnet werden, dass ein Antrag zur Unterzeichnung der Trierer Erklärung mehrheitlich abgelehnt würde. Das wäre für die Sache kontraproduktiv, da „eine gut gemeinte Erklärung sehenden Auges in eine Abstimmungsniederlage gebracht werde.“ Die Erklärung fordere, die Regeln der Demokratie einzuhalten. Sollte man „dann nicht respektieren, wenn eine politische Mehrheit eine solche Unterzeichnung – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt – nicht möchte?“, fragt der Bürgermeister rhetorisch. Das sei gelebte Demokratie. (tom)

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