Gericht vertraut PsychologinBefangenheitsantrag im Prozess gegen Leverkusener gescheitert

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Ein Flur im Kölner Landgericht.

Ein Flur im Kölner Landgericht.

Im Vergewaltigungsprozess wird es enger für den Leverkusener .

Die Verteidiger des mutmaßlichen Vergewaltigers Mustafa J. (alle Namen geändert) laufen bei den Richterinnen der 20. Großen Strafkammer im Kölner Landgericht zunehmend vor die Wand aus Anträgen, mit denen sie den Lauf des Prozesses gegen den Leverkusener noch in eine andere Richtung lenken wollen. Jetzt sind sie mit einem Befangenheitsantrag gegen die psychologische Gutachterin gescheitert. Eine Gefängnisstrafe wird, von außen betrachtet, für den Leverkusener immer wahrscheinlicher.

Die Gewalt- und Sexualstraftaten, die Nadine L., die damalige Geliebte und Freundin des Leverkuseners, erst viel später angezeigt hatte, sollen sich 2015 und 2016 abgespielt haben. Die Beziehung soll schon 2014 begonnen haben. Neben Schlägen soll der Angeklagte sie zu erniedrigenden und schmerzhaften Sexualpraktiken gezwungen haben.

Es gibt eine einschlägige Vorbelastung. Damals war die Frau noch nicht erwachsen. Da es keine Atteste über die Verletzungen von damals gibt, hängt sehr viel von der Glaubwürdigkeit der Geschädigten ab, das macht die Verhandlung kompliziert. Nadine L. soll nicht die erste Frau sein, die der Angeklagte geschlagen hat. Im Strafregister gibt es entsprechende Einträge.

Leverkusen: Alles hängt an der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussage

Um ihre Aussagen zu prüfen, wurde eine Psychologin damit beauftragt, die Qualität ihrer Aussage zu bewerten. Sie sollte den Charakter von Nadine L. auf eine mögliche Neigung zur Lüge untersuchen, und so feststellen, ob sich bei der geschädigten Frau Motive und eine Tendenz für eine Falschaussage gegen ihren Exfreund und mutmaßlichen -peiniger nachweisen lassen.

Die Gutachterin war zu einem klaren Ergebnis gekommen. Ihr Fazit: Die Geschädigte erscheine ehrlich, die Aussagen glaubwürdig. Anzeichen für eine Falschaussage habe sie nicht erkennen können: Falsche Aussagen sind unter anderem daran zu erkennen, dass darin auswendig Gelerntes wiedergegeben wird – bei Nadine L. war das nicht der Fall.

Die Wissenschaftlerin kommt zu dem Ergebnis, dass sich Nadine L. die Dinge ihrer Zeugenaussage bei der Polizei und im Gericht nicht ausgedacht, sondern selbst erlebt hat. Das wiegt schwer gegen den Angeklagten, dessen Anwälte bemängeln, dass mögliche Drogen-Probleme von Nadine L. nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Die Richterin begründet ausführlich, weshalb die Kammer die Gutachterin nicht für befangen erklären wird: Sie habe alle Facetten der Persönlichkeit der Zeugin beleuchtet: Das heißt, es wird langsam eng für Mustafa J.

Straffälliger Bruder sitzt in Marokko fest

Eine geplante Aussage der Mutter des Angeklagten kam nicht zustande. Sie schickte stattdessen einen Brief aus Marokko, in dem stand, dass sie nicht gegen ihren Sohn aussagen werde. Die Familie stammt ursprünglich aus Ceuta.

Die Beziehung soll sich 2015 langsam entwickelt haben, zuerst habe Nadine L. sogar in einem Zimmer mit bei den Eltern des Angeklagten gewohnt, ohne dass etwas zwischen den jungen Leuten gelaufen sei. Das bestätigt die Mutter in dem Brief. Im Kölner Landgericht hatte der Angeklagte angegeben, dass seine konservativ-muslimischen Eltern für den Leverkusener in Marokko eine Ehe arrangiert hatten. Diese Ehe sei 2014 geschlossen worden, parallel entwickelte sich die Beziehung zu Nadine L.

In der Lebensphase als Ehemann in der nebenher laufenden Beziehung zu Nadine L. sei Mustafa J. gewalttätig ihr gegenüber geworden sein. Die Begründung verlas ein Anwalt an einem früheren Verhandlungstag: „Sie (Nadine L.) hat mich in meiner Lebensplanung gestört.“

Aus der inzwischen wieder geschiedenen arrangierten Ehe gibt es ein gemeinsames Kind, das allerdings nicht bei der Mutter lebt. Mit dem Kind will der Angeklagte laut eigener Angabe als alleinerziehender Vater in einer Wohnung in Wiesdorf zusammenleben.

Ebenfalls in Marokko lebt einer der Bruder des Angeklagten, der als potenzieller Zeuge der Verteidigung infrage kommen soll. Der ist marokkanischer Staatsbürger, war in Deutschland mit dem Gesetz in Konflikt gekommen und wurde ausgewiesen. Er darf nicht einreisen, eine mögliche Zeugenaussage per Videoschaltung ist im Gespräch. Der Prozess wird fortgesetzt.

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