GeschmackssacheKabarettist Ingo Appelt gibt in Windeck den unerschrockenen Wutbürger

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Ein Mann im gemusterten grau-schwarzen Sakko; er hat ein Mikrophon in der Hand. Im Hintergrund hängt ein Schild des Matineevereins. Kunst, Kultur, Kabarett im Windecker Ländchen steht darauf.

Ingo Appelt ist kein Mann für den guten Geschmack, er haut auch in seinem neuen Programm „Startschuss! Auf die Kacke, fertig, los.“

Viele Pointen des Kabarettisten zielten unter die Gürtellinie. Den meisten Zuschauenden gefiel das, für andere ist das schwer verdaulich.

Vorsicht – wo Ingo Appelt draufsteht, ist auch Ingo Appelt drin. Beim Matinéeverein Herchen ließ der Kabarettist keine Sekunde verstreichen, drückte auf sein „Mund-Maschinengewehr“ und schon hieß es „Startschuss! Auf die Kacke, fertig, los!“ Deftig-rustikal wurde zu abendlicher Stunde im ausverkauften Haus des Gastes aufgetischt, für die meisten ein großes Vergnügen, für andere schwer verdaulich.

Vegetarier und Veganer bekommen in Windeck ihr Fett weg

Gerade Letzteres kalkuliert Appelt ein und Vegetarier und Veganer bekommen ohnehin ihr Fett weg. „Warum muss sich alles radikalisieren?“, fragt er sich. „Du kannst nicht mal mehr zehn Leute zum Essen einladen, ohne zwanzig Gerichte zu kochen, aber im Wort ‚Vegetarier‘ sind die Nazis ja schon angelegt“. Frutarier (essen, was von alleine vom Baum fällt) bekommen gleich eine Ohrfeige mit, denen würde er am liebsten ein Schwein hinknallen und brüllen, es wäre vom Baum gefallen. Wir leben in irren Zeiten, der Ärger muss raus.

Der bekannte Kabarettist ist unerschrockenes Vorbild für jeden Wutbürger. „Ich bin eine alte Drecksau und bockig, weil alles verboten ist. Wollt Ihr politische Korrektheit oder wollt Ihr auf die Kacke hauen?“. Noch bevor das Publikum die Frage für sich erwogen hat, rotzt Appelt laut den Wutschleim hoch. Alles klar?

Selbst wenn Olaf Scholz übers Wasser läuft, werden die Leute noch sagen, siehste, der kann nicht schwimmen
Ingo Appelt

„Entweder handelt es sich um Pollenallergie, Asthma oder Corona“, schreckt er vor ekligen Angelegenheiten nicht zurück. Es könnten auch fehlende Manieren sein, aber die haben im Programm ohnehin nichts verloren. Apropos verloren, einer seiner Freunde hat neulich 14 Kilo verloren. Da kann Appelt entwarnen: „Ich habe sie gefunden.“

Damit seine Plauze nicht auffällt, trägt der Mann ein glänzendes, schwarz-bedrucktes Jackett, das er später in die Ecke pfeffern wird, sch….egal! Wer kann schon noch etwas richtig machen? Als altes SPD-Mitglied hat er Mitleid mit dem Kanzler: „Selbst wenn Olaf Scholz übers Wasser läuft, werden die Leute noch sagen, siehste, der kann nicht schwimmen.“

Die Mehrheit des Publikums quittiert Pointen mit lautem Lachen

„Irre, alles kommt wieder. Mit Trump können sich die Amerikaner identifizieren, mit Obama und seiner Frau nicht, die waren begabt und intelligent“, liefert Appelt als eine Erklärung mit: „Trump findet Schusswaffen geil.“ Und Merkel, die Vorläuferin von Olaf Scholz komme auch wieder, denn so wie sie, sage auch der Kanzler nix. „Sonst wirst du runtergemacht. Helmut Schmidt konnte Sprachen, war gebildet, konnte Klavier spielen. Damit konnten sich die Deutschen nicht identifizieren. Sie wählten Kohl, der konnte nichts.“

Aber auch dafür gibt es ja Lösungen, im Laufe des Abends lässt Appelt Kohl, Til Schweiger und Herbert Grönemeyer vor sich hin knödeln und nuscheln, Hauptsache, man versteht kein Wort. Immer wieder brandete lautes Gelächter auf, besonders an den Stellen, die hier ausgelassen sind, die lagen nämlich weit unter der Gürtellinie und des guten Geschmacks. Man kann es mögen, muss man aber nicht!

Windecker Verein hält Abo-Preise stabil

Die Vorsitzende vom Matinéeverein Jutta Kranz-Plote kündigte Termine und Künstler vom Herbstabonnement an. Der Abo-Preis für die vier Vorstellungen bleibt stabil bei 70 Euro. Einzelkarten werden teurer und kosten dann 25 Euro.

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