Hradecky vor Meisterschalen-EmpfangAlonso fordert bei Bayer 04 Vollgas für die perfekte Saison

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Leverkusens Trainer Xabi Alonso und Leverkusens Jonas Hofmann (r) feiern mit den Fans nach dem Spiel gegen Rom.

Leverkusens Trainer Xabi Alonso und Leverkusens Jonas Hofmann (r) feiern mit den Fans nach dem Spiel gegen Rom.

Bayer 04 steht vor Unbesiegbarkeits-Rekord in der Bundesliga, ein Kunststück, das bisher nicht einmal dem FC Bayern gelungen ist.

Die Fans waren vorbereitet. Als sich die Leverkusener Spieler am Sonntagabend im Bochumer Ruhrstadion nach dem Sieg für die Feierlichkeiten vor der Gästekurve einfanden, bekamen sie von den Anhängern mehrere goldene Luftballons überreicht, die eine Zahl formten: die 50. Es war aber keineswegs als Anspielung auf den 5:0-Sieg zu verstehen, sondern vielmehr auf die Anzahl der Pflichtspiele in dieser Saison bisher, die Bayer 04 allesamt ohne Niederlage bestritten hat.

Was es mit den Ballons auf sich hat, wussten zu Beginn aber nicht alle Protagonisten. „Ich habe mich gefragt, warum?“, sagte zum Beispiel Erfolgstrainer Xabi Alonso. Und auch Robert Andrich gab zu, zunächst etwas irritiert gewesen zu sein. „Das war aber schon eine coole Geste, wir haben nichts davon gewusst“, sagte der Nationalspieler. „49 sieht schön aus, aber eine fünf vorne ist doch noch mal schöner“.

Sollte am Samstag so etwa um halb sechs hinter der 5 eine 1 stehen, wird der Jubel umso größer sein. Denn dann hätte Bayer 04 etwas vollbracht, was noch nicht einmal dem FC Bayern gelungen ist: eine Bundesliga-Saison ohne Niederlage. „Es wäre super, wenn wir die Meisterschaft ohne Niederlage gewinnen könnten. Das ist noch nie passiert“, sagte Alonso mit Blick auf das Spiel gegen den FC Augsburg am Samstag (15.30 Uhr/Sky).

Die bisher erfolgreichste Bundesligasaison lieferten die Münchner 2012/2013 ab. Unter Trainer Pep Guardiola holte der Rekordmeister 91 Punkte, spielte dabei nur vier Mal unentschieden und verlor nur einmal – in der Hinrunde zu Hause gegen Bayer Leverkusen mit Coach Sascha Lewandowski (1:2, Tore: Mario Mandzukic/Stefan Kießling, Sidney Sam). Diese Punktzahl kann Bayer 04 in der laufenden Saison zwar nicht mehr erreichen – bei einem Sieg sind es 90 Zähler – doch das Abzeichen der Unbesiegbarkeit wäre für Spieler und Verantwortliche noch mehr wert.

Prominente Vorbilder dafür gibt es in England. Zwei Klubs haben den Status der „Invicibles“, der Unbesiegbaren, erreicht. 1888/89 war es Preston North End, das bekanntere, weil präsentere Beispiel ist aber sicher der FC Arsenal 2003/04 unter Trainer Arsène Wenger. „Wir können das schaffen und etwas noch Historischeres erreichen. Das ist unser Ziel jetzt“, hatte Alonso direkt nach dem Titelgewinn gesagt. Seither sind zwei Remis und zwei Siege hinzugekommen. Aber egal, wie das letzte Ligaspiel enden wird, nach Abpfiff wird es noch einmal richtig emotional.

Lukas Hradecky bekommt Meisterschale

Dann wird Kapitän Lukas Hradecky die Meisterschale von den DFL-Geschäftsführern Marc Lenz und Steffen Merkel in Empfang nehmen. „Man hat es nur im Fernsehen gesehen, man hat es sich als kleiner Junge erträumt“, sagt Andrich. „Wenn der Moment dann kommt, wird es schon sehr besonders sein.“ Das Original verbleibt dann bis zur neuen Saison in Leverkusener Händen, dann wird Bayer 04 es an die DFL zurückgeben und dafür ein zertifiziertes Replikat erhalten, das im Foyer der Bay-Arena ausgestellt wird. Der Schaukasten steht dort schon seit Wochen. Gut möglich, dass auch noch weitere Schaukästen vonnöten sind.

Schließlich lassen die nächsten beiden emotionalen Festtage nicht lange auf sich warten: Am übernächsten Mittwoch steigt das Europa-League-Finale gegen Atalanta Bergamo in Dublin, drei Tage später geht es im Berliner Olympiastadion gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern um den DFB-Pokal. 53 Spiele ohne Niederlage mit drei Titeln sind keineswegs unrealistisch – so unfassbar es auch klingen mag. „Wir freuen uns auf alles, sind hungrig auf alles und wollen alle drei Spiele gewinnen. Ein Triple wäre etwas Einzigartiges“, sagt Andrich.

Um neue Energie im Kopf zu tanken, hat Alonso seinen Spielern Montag und Dienstag freigegeben. Am Mittwoch startet die Vorbereitung auf das Augsburg-Spiel. „Dann sind es elf Tage Vollgas“, betont Alonso. Personell kann der Trainer dabei aus dem Vollen schöpfen. Nur ein Spieler plagt sich mit Verletzungsproblemen herum – und das ist ausgerechnet Leverkusens bester Fußballer Florian Wirtz.

Florian Wirtz soll Mittwoch trainieren

Der 21 Jahre alte Nationalspieler leidet immer noch unter den Folgen einer schmerzhaften Prellung aus dem Spiel in Dortmund vor etwas mehr als drei Wochen. „Gerade gibt es keinen Grund, pessimistisch zu sein. Sorgen habe ich nicht“, sagt Alonso im Hinblick auf die beiden Finalspiele. „Ich kann es aber nicht genau einschätzen.“ Der Trainer skizziert den Plan, der mit Wirtz und dem Mannschaftsarzt ausgearbeitet wurde: Heilt die Verletzung über die beiden freien Tage weiter ab, soll der Edeltechniker am Mittwoch oder Donnerstag ins Training einsteigen und ein paar Minuten Spielpraxis gegen Augsburg sammeln, um nicht direkt ins kalte Wasser gegen Bergamo geschmissen zu werden. Am vergangenen Donnerstag wurde Wirtz beim überraschend spannend gewordenen Halbfinalrückspiel gegen die AS Rom notgedrungen eingewechselt, lief dabei allerdings alles andere als rund. Beim Spiel in Bochum stand der gebürtige Pulheimer nicht im Kader, wurde geschont.

Doch auch ohne Wirtz bereitete der VfL den Leverkusenern nicht wirklich Probleme. Dabei half ein früher Platzverweis für Bochums Felix Passlack (15./Notbremse). Patrik Schick (41.), Victor Boniface (45.+2), Amine Adli (76.), Josip Stanisic (86.) und Alejandro Grimaldo (90.+3) erzielten danach die Treffer für Bayer 04. Mit Vorfreude auf den kommenden Samstag betont Andrich: „Die Vorzeichen und die Euphorie werden wahrscheinlich so ähnlich sein wie vor dem Bremen-Spiel, als wir Meister wurden. Das gilt es für uns in gute Euphorie umzumünzen und nicht zu überpacen.“

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