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IntegrationsagenturViel Arbeit für die DRK-Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit

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Die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit hat viel zu tun: Boris Brandhoff (v.l.), Sylvie Dayiku Pomame und Nora Kassan.

Euskirchen – Knapp anderthalb Jahre gibt es sie nun schon: die Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit unter dem Dach der DRK-Integrationsagentur in Euskirchen. Beratung, Bildungsarbeit und Gruppenangebote – die Nachfrage in allen drei Bereichen ist in dieser Zeit kontinuierlich gestiegen.

„Durch die Lockdowns hat es eine ganze Weile gedauert, bis wir mit der persönlichen Beratung loslegen konnten“, erzählt Mitarbeiterin Sylvie Dayiku Pomame. Mittlerweile werde das Angebot gut angenommen.

Fahrgäste wurden stehengelassen

Die Anliegen, mit denen Betroffene kommen, sind unterschiedlich, die Diskriminierung geschehe in Behörden und Institutionen genauso wie im Alltag. Zwei junge Frauen etwa, die von einem Verkehrsunternehmen nicht als Fahrgäste mitgenommen wurden, obwohl ausreichend Platz vorhanden gewesen sei. Beleidigende, rassistische Bemerkungen eines Fahrlehrers während der Fahrstunde. Kündigungen von Mietverhältnissen, bei denen die rassistische Begründung jedoch nur mündlich mitgeteilt wurde.

Wunsch der Betroffenen ist maßgeblich

"Maßgabe, ob wir bei solchen Fällen eine Lösung herbeiführen können, ist der Wunsch der Betroffenen.“ Die beiden in der Kälte stehengelassenen Frauen hätten sich lediglich eine Entschuldigung gewünscht. Die jedoch habe es nicht gegeben. Bei manchen Fällen würde man auch ein Schlichtungsverfahren bei Gericht beantragen oder bei der Erstattung einer Anzeiger begleiten. „Die Erfahrung, ernstgenommen zu werden und nicht allein zu sein, ist für die Menschen, die Rassismus erleben, sehr wichtig“, sagt Sylvie Dayiku Pomame.

Gut angenommen werden auch die Gruppenangebote der Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit, obwohl einige davon wegen der Pandemie nur als Online-Veranstaltung stattfinden können. Im geschützten Rahmen findet beispielsweise zwei Mal im Monat eine Empowerment-Gruppe für Schwarze Menschen statt, die Stärkung im Austausch mit anderen, die ähnliche Erfahrungen machen, erfahren. „Hierzu laden wir auch zu unterschiedlichen Themen Referenten ein. Etwa zu der Frage, wie man sich bestenfalls verhält in einer diskriminierenden Situation“, so Sylvie Dayiku Pomame.

Empowerment-Gruppe "Afro-Kids" gut besucht

Großen Zuspruch erfährt die Empowerment-Gruppe „Afro Kids“ für Schwarze Kinder und Jugendliche. „Hier geht es um den Umgang und die Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus und Diskriminierung. Wo begegnet man dem? Wie können wir die Kinder und Jugendlichen stärken? Was brauchen sie, um schwierige Situationen mit Selbstbewusstsein entgegenzutreten?“, so Pomame.

Die Rechte von Menschen stärken

Die DRK-Servicestelle Antidiskriminierungsarbeit im Euskirchener Rotkreuzhaus, Kommerner Straße 39-41, will die Rechte von Menschen stärken, die aufgrund ihrer Ethnie, ihres Geschlechts, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer sexuellen Identität oder anderer Merkmale diskriminiert werden. Ein besonderer Fokus liegt auf der Thematisierung von institutionellem Rassismus und der Stärkung von Schwarzen Menschen, die Rassismuserfahrungen machen.

Neben persönlicher Beratung bietet die Servicestelle auch Bildungsarbeit und Gruppen an. (hn)

Nora Kassan leitet die offene Gruppe Critical Whiteness an, die regelmäßig gut besucht ist. Im Mittelpunkt steht die kritische Auseinandersetzung mit dem Konstrukt des Weißseins und die Reflexion eigener Privilegien und Diskriminierungsstrukturen. „Viel Freude macht auch die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema“, so Kassan. Im Atelier der Vielfalt, das jeden letzten Freitag im Monat stattfindet, wird geschrieben, gemalt und anderweitig kreativ gearbeitet.

Nachfrage nach Team-Briefings ist riesig

Die Nachfrage an den von der Servicestelle angebotenen Team-Briefings ist mittlerweile riesig, freuen sich Kassan und Pomame. Gearbeitet werde mit Gruppen und Institutionen, die sich mit Rassismus, Diskriminierung und Diversität auseinandersetzen wollen. Nora Kassan: „Bei einem Vorgespräch klären wir, wo der Bedarf liegt, was wir genau anbieten.“ Manche Anfragen bezögen sich auf konkrete Anlässe in der jeweiligen Institution, andere wollten sich generell fit machen. In Kürze werde auch eine Broschüre herausgebracht, die beim Umgang mit der Thematik Orientierung verschaffen will.

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Besonders freuen sich Sylvie Dayiku Pomame und Nora Kassan über die sehr gute Vernetzung, die seit Gründung der Servicestelle entstanden ist. „Vor einem Jahr waren es nur einzelne Akteure, die sich im Bereich Antidiskriminierung engagierten“, so Kassan. Mittlerweile gebe es den Arbeitskreis Institutioneller Rassismus, in dem zahlreiche Vertreter von Verbänden, Bildungseinrichtungen, Behörden, Vereinen und Institutionen gemeinsam Strategien entwickeln, um gegen Rassismus und Diskriminierung anzugehen.