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LichterzugLandwirte im Kreis Euskirchen setzten leuchtendes Zeichen gegen Bürokratismus

Lesezeit 6 Minuten
Vorne ist Christian Stoll von hinten zu sehen. Die Fahrzeuge fahren an ihm vorbei.

In Schleiden sortiert Christian Stoll die Fahrzeuge, die auf den Driesch fahren sollen, und die anderen.

Während einige der Organisatoren der vergangenen Jahre wegen der bürokratischen Hürden verzichteten, ging ein Lichterzug von Kall nach Schleiden.

Dann fuhr er also doch. Nachdem im vergangenen Jahr bürokratische Hindernisse die Anmeldung der Lichterzüge erschwert und in diesem Jahr teilweise unmöglich gemacht hatten, gelang es Sandra Hamacher und Georg Schmitz, die Genehmigung für einen Konvoi mit beleuchteten Fahrzeugen zu erhalten, der von Kall nach Schleiden führte. Dafür war es allerdings notwendig, dass der Zug als Demonstration angemeldet und durchgeführt wurde. Das durchaus sinnige Thema: der Abbau der überhandnehmenden Bürokratie.

Der vordere Wagen hat das Motto angebracht.

Nicht nur Lichter, sondern auch das Demonstrationsmotto gehörten zur Ausstattung der Teilnehmer.

Ein Motto, mit dem sich nicht nur alle Beteiligten anfreunden konnten, sondern das auch allgemein akzeptiert und weitergetragen wurde. Denn in Sachen Bürokratie dürften die Organisatoren der Lichterzüge mittlerweile ausreichend Erfahrung gemacht haben. Doch die Ausgänge waren in diesem Jahr unterschiedlich: Während in Euskirchen und Schleiden die Züge abgesagt wurden, machten sich am frühen Samstagabend von der Kaller Auelstraße 37 bunt illuminierte Fahrzeuge auf den Weg durch die Eifel.

Bis dahin waren allerdings die Nerven bei den beiden Organisatoren äußerst angespannt. Denn Vieles war zu bedenken: Erfüllt jeder Teilnehmer mit seinem Fahrzeug die Voraussetzungen? Alle verkehrstüchtig, mit den notwendigen Bescheinigungen? Und nicht zuletzt die Frage, ob alle Lichterketten so angebracht sind, dass sie verkehrstechnisch unbedenklich sind. Denn wie in der Formel 1 mussten auch die Traktoren und Lkw der Zugteilnehmer eine genaue Kontrolle durch die Polizei durchlaufen, bevor sie das behördliche Okay erhielten.

Bevor es losging, wurde erstmal eifrig alles kontrolliert

Das blieb auch den beiden Leons nicht erspart, die bei dem eisigen Wetter auf ihren offenen Traktoren aus Bornheim gekommen waren, um am Kaller Lichterzug teilzunehmen. „Der große Zug in Bornheim, an dem wir im letzten Jahr mitgefahren sind, ist abgesagt worden, und dann haben wir uns gesagt, wir wollen aber trotzdem fahren“, sagte Leon Langenbach.

Einen Tag hatte er mit seinem Kumpel Leon Templin an dem alten Bautz und dem Holder seines Großvaters gebastelt, bis alle Lichterketten fest installiert waren. Drei Stunden waren sie bis Kall gefahren, und bis zur Ankunft in Schleiden sollten es noch einmal drei weitere Stunden werden.

„Dieses Jahr war es eigentlich einfach“, beschrieb Hamacher die Mühen, den Lichterzug bei den Behörden anzumelden. Von vorneherein hätten sie ihn als Demonstration angemeldet. „Es war aber auch wichtig, dass bei der Veranstaltung tatsächlich auf das Anliegen aufmerksam gemacht wird“, sagte sie. So trugen viele Fahrzeuge entsprechende Plakate, und auch eine Kundgebung fand kurz vor dem Start des Konvois statt.

Wenn man die Kinder sieht, die am Zugweg stehen und sich freuen, dann ist es die ganze Mühe wert.
sandra Hamacher, Organisatorin

„Wenn man die Kinder sieht, die am Zugweg stehen und sich freuen, dann ist es die ganze Mühe wert“, sagte Hamacher. Mit ihrem Mann Dieter und seinem knallgelben, mit Lichterketten, Weihnachtsmann und Musikanlage versehenen Vierachser nahm sie wie in den Vorjahren an dem Lichterzug teil.

Als Redner waren der Elsiger Landwirt Thomas Gräf und Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser gekommen. Gräf hatte nicht nur in diesem Jahr angesichts der Probleme bei der Genehmigung des Lichterzuges die Segel gestrichen, sondern auch noch Beispiele aus seinem Berufsalltag parat. „Ich muss inzwischen für jede Weide und den Betrieb jeweils eigene Betriebsnummern haben“, erläuterte er.

Was zur Folge habe, dass die Landwirtschaftskammer schon einmal den Überblick verliere, wenn er eine kalbende Kuh von einer Weide auf seinen Hof und anschließend auf eine andere Weide bringe. Das müsse dann mit Fotos aufwendig dokumentiert werden, was einen halben Arbeitstag koste. „Man braucht Nerven wie Drahtseile“, berichtete Esser von den Erfahrungen, wenn seine Verwaltung mit übergeordneten Ebenen zu tun habe.

Erleichterung darüber, dass alles ohne Zwischenfälle abgelaufen ist

Die Kommunen seien nicht Täter in Sachen Bürokratie, sondern Opfer. Er hoffe, dass mit den Lichterzügen eine Tradition begonnen habe. Denn die Idee, Licht ins Dunkel zu bringen, finde er schön: „Ich habe bei der Herfahrt schon die Kinder gesehen, die auf den Zug warten.“ Auch begrüße er, dass der Zug mit dem Start in Kall und dem Ende auf dem Schleidener Driesch interkommunal unterwegs sei.

Viele Menschen am Straßenrand Mit den Bornheimer Traktoren vorneweg, die das langsame Tempo vorgaben, setzte sich der Lichterzug bei Einbruch der Dunkelheit in Bewegung. An vielen Punkten warteten die Menschen am Straßenrand auf die Durchfahrt des geschmückten Konvois. Besonders groß war der Zulauf am Kaller Weihnachtsmarkt, den der Lichterzug bereits kurz nach der Abfahrt passierte. Auch am Bahnübergang in Sötenich standen rund 50 Schaulustige.

Georg Schmitz und Sandra Hamacher stehen vor einem leuchtenden Wagen

Georg Schmitz und Sandra Hamacher hatten die Organisation der Lichterfahrt übernommen.

In drei Autos waren Denny Hoßelbarth aus Mechernich und seine Freunde mit insgesamt sieben Kindern gekommen. In Breitenbenden hätten sie schon einmal so einen Lichterzug gesehen. „Das ist besonders schön für die Kinder“, sagte er. Aber auch für ihn sei es ein gutes Gefühl. Besonders finde er es toll, dass die Fahrer das alles ehrenamtlich und freiwillig machten: „Ich finde, so ein Lichterzug gehört zu Weihnachten.“

Toll sei es gewesen, sagte eine Frau aus Hellenthal, die mit ihrer Familie nach Sötenich gekommen war, nachdem der Konvoi die Kreuzung passiert hatte und in Richtung Urft verschwunden war. Bestätigend nickten alle aus der Gruppe, nur die kleine Lina hatte anscheinend noch nicht genug von den geschmückten Fahrzeugen bekommen. „Ich fand es zu kurz“, monierte sie.

Kalls Bürgermeister Esser: Kommunen sind Opfer, nicht Täter

Über Urft, Steinfeld, Diefenbach, Sistig, Frohnrath und das Doppeldorf Ingersberg/Eichen führte der Weg den Konvoi in Richtung Schleidener Tal. In Ingersberg hatten Anwohner als Überraschung ein Feuerwerk organisiert, das bei Eintreffen des Zuges abgebrannt wurde. Anschließend ging es über Oberhausen an den Driesch in Schleiden, wo die Teilnehmer auf der Veranstaltung begrüßt wurden, die Miriam Rotheut und Christian Stoll als Ersatz für den Schleidener Lichterzug organisiert hatten.

„Letztes Mal sind wir nach Kall gefahren, jetzt machen wir das umgekehrt“, sagte Rotheut. Sie hätten versucht, ihre Fahrt als Brauchtumsveranstaltung anzumelden, doch die Anforderungen dafür seien zu hoch gewesen, erklärte Stoll.

Pro Fahrzeug hätten vier Wagenengel gestellt werden müssen, die auch zwischen den Dörfern den Wagen zu Fuß hätten begleiten müssen. Auch sei die notwendige Abnahme durch den TÜV nicht möglich gewesen, so Rotheut. „Niemand von uns hat die Zeit, sein Fahrzeug zwei Wochen stehenzulassen“, sagte sie. „Dabei wollten wir den Leuten nur ein Lächeln auf das Gesicht zaubern“, ergänzte Stoll.

Während die Lkw heranrollen, zucken eine Reihe von Zuschauern ihre Handys, um den Moment festzuhalten.

Immer wieder säumten Zuschauergruppen, wie hier in Sötenich, den Fahrtweg des Lichterzuges.

Die Veranstaltung auf dem Driesch solle dafür genutzt werden, um Spenden für Familien zu sammeln, die in der Flut geschädigt worden seien, danach noch weitere Schicksalsschläge erlitten und kein schönes Weihnachtsfest vor sich hätten, informierte Rotheut: „Die wollen wir unterstützen.“

Erleichtert und glücklich zeigten sich Hamacher und Schmitz, als der Lichterzug ohne Zwischenfälle in Schleiden ankam. „Das Feuerwerk in Ingersberg ist eine tolle Anerkennung gewesen“, lobte Schmitz. Perfekt habe die Kommunikation mit der Polizei geklappt, die den Zug begleitet habe.

Seine Ankündigung, so etwas nie wieder zu organisieren, wankte jedenfalls, als die vier Organisatoren aus Kall und Schleiden die Köpfe zusammensteckten, um Ideen für das nächste Jahr auszubrüten. „Die Jungs aus Bornheim haben gesagt, wenn ich das wieder mache, kommen sie wieder zu uns. Gebt mir mal zwei bis drei Tage“, sagte Schmitz und lächelte verheißungsvoll.