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Im ARD-TalkAls es um Merz geht, nimmt sogar Sandra Maischberger ein Schimpfwort in den Mund

Lesezeit 4 Minuten
Am Dienstagabend sprach Sandra Maischberger unter anderem mit Karl-Theodor zu Guttenberg (links) und Gregor Gysi. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Am Dienstagabend sprach Sandra Maischberger unter anderem mit Karl-Theodor zu Guttenberg (links) und Gregor Gysi. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Endlich fallen mal klare Worte in der ARD. Am Dienstag, kurz vor Mitternacht, spricht Talkmasterin Sandra Maischberger mit zwei Gästen. 

Fäkalsprache in der ARD-Talkshow „Maischberger“? Und dann auch noch von der Moderatorin selbst? Dazu später mehr. Wenige Minuten nach Beginn der Sendung mahnte Sandra Maischberger den Kabarettisten Oliver Kalkofe noch ab: „Das war einer zu viel.“

„Das Misstrauen ist angebracht“, mahnte Karl-Theodor zu Guttenberg (links). Auch Gregor Gysi steht dem geplanten Sondervermögen kritisch gegenüber. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Das Misstrauen ist angebracht“, mahnte Karl-Theodor zu Guttenberg (links). Auch Gregor Gysi steht dem geplanten Sondervermögen kritisch gegenüber. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Sandra Maischberger zu Gysi: „Müssen Sie sagen: Danke, Friedrich?“

Da geht es um die Schuldenbremse, die Unionskanzlerkandidat Merz vor den Wahlen nicht antasten wollte, was er jetzt aber tut. „Die CDU steht mit heruntergelassenen Hosen da, und ganz egal, wie haarig die Beine sind und ob da Flecken in der Unterhose sind, alle müssen sagen, das sieht aber sexy aus“, beschreibt Kalkofe die Situation der CDU in seiner gewohnt bildhaften Art. Später wird sich auch noch Gregor Gysi dazu äußern. Etwas gewählter.

Ein Interview mit Noch-Minister Volker Wissing bringt zwischendurch ein bisschen Ruhe in die Sendung. Wissing lässt wissen, wie toll er das schwarz-rote Infrastrukturpaket über 500 Milliarden Euro findet und dass er ja schon ein paar Vorleistungen getroffen habe mit dem Beginn der Bahnsanierung. Ab dafür.

Sandra Maischberger interviewte Noch-Minister Volker Wissing. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Sandra Maischberger interviewte Noch-Minister Volker Wissing. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Dann ist die Sendung fast zu Ende. Und da treten die Powertalker auf: Gregor Gysi und Karl-Theodor zu Guttenberg, deren „Deutschland Podcast“ es bis in die Top 10 der meistgehörten Podcasts geschafft hat. Sie reden über alles Mögliche, unter anderem auch über Donald Trump. Der US-Präsident hatte in einer Rede behauptet, wenn die USA einmal militärische Hilfe brauchen würden, dann würden die europäischen Staaten sie nicht unterstützen. „Schafssch...e“ nennt zu Guttenberg Trumps Aussagen, ein Begriff, der in Adelskreisen eigentlich selten genutzt wird.

Die Linken können feiern, lernen wir gleich zu Beginn des Gesprächs zwischen Maischberger und ihren beiden Gästen. Guttenberg weiß das schon länger, seit der Wahlparty der Partei, auf der er gefilmt hat. „Bei denen flog richtig die Decke weg“, erinnert er sich. Nun ja, die Linken hatten aber auch was zu feiern: Immerhin haben sie ihr Wahlergebnis in diesem Jahr verdoppelt, verglichen mit jenem vor dreieinhalb Jahren. „Haben die Linken Grund zum Feiern gehabt, weil ihnen Friedrich Merz diesen Erfolg geschenkt hat, weil er im Bundestag meinte, mit der AfD eine Mehrheit finden zu wollen?“, will Maischberger von Gregor Gysi wissen: „Müssen Sie sagen: Danke, Friedrich?“

Volker Wissing lobte das Infrastrukturpaket.
 (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Volker Wissing lobte das Infrastrukturpaket. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

„Nein. Auf keinen Fall werde ich ihm dafür danken, weil ich den Versuch völlig falsch fand“, antwortet Gysi: „Lieber einen Prozentpunkt weniger, aber nicht diesen Versuch.“ Die Linke habe versucht, Stimmen mit drei alten Politikern zu bekommen. Doch dann sei es Heidi Reichinnek gewesen, die zwei Reden gehalten habe. „Mit Leidenschaft, und die war echt“, erinnert sich Gysi. „Durch diese Reden haben wir nochmal so einen richtigen Ruck bekommen, und zwar durch die Jugend.“

Zu Guttenberg: „Das Misstrauen ist angebracht“

Die abtrünnige Sahra Wagenknecht, einst von den Medien gehypt, sei nun Geschichte, meint Maischberger. Tatsächlich hat sie angekündigt, am Donnerstag noch einmal aufzutauchen, um im Bundestag ihre vermutlich letzte Rede zu halten. Gysi habe das Aus von Wagenknecht prophezeit, erinnert sich Guttenberg - und lacht: „Ich habe das Vergnügen, mit einem Propheten zusammenzuarbeiten.“

Oliver Kalkofe drückte sich gewohnt bildhaft aus. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Oliver Kalkofe drückte sich gewohnt bildhaft aus. (Bild: WDR/Oliver Ziebe)

Die Linke ist bekannt als Friedenspartei. Es überrascht nicht, das Gysi das schwarz-rote Investitionspaket für die Verteidigung Deutschlands ablehnt. Wenn darüber am kommenden Dienstag im Bundestag abgestimmt wird, werde er nicht zustimmen, sagt er. An der Sicherheitslage habe sich nichts geändert, seit Trump im Amt sei. Zudem habe Merz noch nach den Wahlen eine Reform der Schuldenbremse abgelehnt, wie sie jetzt vorgesehen sei. Gysi ist stinksauer: „Die Bevölkerung fühlt sich wieder betrogen. Müssen wir Politikerinnen und Politiker immer den Fehler begehen? Warum können wir nicht vor der Wahl die Wahrheit sagen? Ich verstehe es nicht“, schimpft er.

Zu Guttenberg wirft Friedrich Merz einen Wortbruch vor, sagt aber auch, dass so etwas vor den Wahlen häufig vorkäme. „Das geschieht wahrscheinlich mit jeder Partei, die nach der Wahl in Regierungsverantwortung kommt.“ - „Aber das ist doch sch...e“, bricht es nun auch aus Maischberger heraus. Sie kann Gysi verstehen und beklagt, dass die Bürger von der Demokratie weggetrieben würden, wenn Dinge versprochen werden, die man dann nicht halte. „Das ist meine Sorge“, sagt Gysi.

Er will, dass Deutschland verteidigungsfähig ist. Das Finanzpaket für die Verteidigung in unbegrenzter Höhe lehnt er jedoch ab. Er spricht sich hingegen dafür aus, dass sich die Strukturen in der Bundeswehr verändern. So könne Geld gespart werden. Das Sondervermögen für die Infrastruktur fand Gysi zunächst gut. „Aber dann habe ich gemerkt: Da fehlt das Wort 'zusätzlich'. Das heißt: Die Mittel sollen nicht zusätzlich sein, die werden gegengerechnet mit dem Haushalt. Die können doch nicht einfach so ein Papier hinklatschen und dann sagen: Stimmt zu!“

„Das Misstrauen ist angebracht“, stimmt Guttenberg zu. „Und wenn jetzt schon Dinge dabei sind wie die Pendlerpauschale und so, dann sind wir schon in Bereichen, wo wir aufpassen müssen, dass wir auf der Linie bleiben.“ Dann ist die Sendung zu Ende. Eine Sendung, die so unverkrampft und natürlich war wie selten. So müssen Talkshows sein. Bitte mehr davon! (tsch)