Vor dem Jahrestag der Flut in Rhein-Berg hat sich Landrat Stephan Santelmann bei der Taufe zweier Rettungsboote zur Vorsorge bekannt.
BootstaufeDer Rheinisch-Bergische Kreis hat beim Katastrophenschutz aufgerüstet
Gut eine Woche vor dem dritten Jahrestag der Hochwasserkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 haben Landrat Stephan Santelmann und der Vorsitzende des Ausschusses für Rettungswesen, Ulrich Heutz (beide CDU), in Bergisch Gladbach zwei Hochwasser-Rettungsboote der DLRG auf die Namen „Rotmilan“ und „Eisvogel“ getauft – und bei dieser Gelegenheit ein nachdrückliches politisches Bekenntnis zur Katastrophenschutz-Vorsorge auch in Zeiten leerer öffentlicher Kassen abgelegt.
„Die Sturzflut 2021 hat uns ganz klar gezeigt, wo überall Hochwasser auf einmal auftreten kann“, sagte die rheinische-bergische DLRG-Vorsitzende Jasmin Luciani. Das gelte ganz besonders für die „Swiftwaterphase“, in der das Wasser „wirklich flutartig“ auf einmal komme. „2021 fehlte es uns an einem bestimmten Einsatzmittel, und das waren diese wendigen und schnellen Boote. Die hätten wir zum Beispiel an der Wupper gebraucht, die nicht mehr in ihrem Flussbett war, sondern mit Wucht und Geschwindigkeit durch die Straßen floss.“
Doch war in jener Katastrophennacht nicht nur im Nordkreis Holland in Not; aus dem Sülztal ist überliefert, dass ein Polizeibeamter sein privates Boot aus dem Westerwald holte, um Menschen in höchster Not zu helfen. Überörtliche Hilfe gab es erst einmal nicht, denn Alarm war überall. Nach der Schreckensnacht, deren Ereignisse in Rhein-Berg leider noch von denen im Ahrtal und an der Erft weit übertroffen wurden, haben laut Luciani DLRG und Kreisverwaltung die Dinge aufgearbeitet; der Kreistag stellt seither 200.000 Euro jährlich zur Katastrophenschutz-Aufrüstung zur Verfügung. Aus diesen Geldern wurde 2022 der „Eisvogel“ und 2023 der „Rotmilan“ angeschafft.
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Luciani versicherte: „Unsere ehrenamtlichen Einsatzkräfte üben monatlich den Umgang mit den Booten. Sie üben das Heranfahren an die Personen, sie üben das Wenden, sie üben das an Bord holen.“ Im Einsatzfall würden die Boote genau dort eingesetzt, wo das Wasser schnell fließe und Personen erreicht werden müssten.
Die Ehrenamtlerin weiter: „Wir stellen uns auch für zukünftige Einsatzlagen auf.“ Die Flut von 2021 sei kein Einzelfall gewesen: „Allein dieses Jahr hatten wir schon drei Hochwasserlagen in Deutschland.“ Bei der Flut Anfang Juni in Bayern seien auch DLRG-Helfer aus Rhein-Berg unterwegs gewesen (wir berichteten).
Die DLRG-Chefin dankte dem Kreis, dass sie eines der beiden Boote dorthin mitnehmen durften und dem demnächst als Katastrophenschutz-Dezernent zur Bezirksregierung wechselnden Kreisbrandmeister Martin Müller-Saidowski, dass er die DLRG-Helfer mitten in der Nacht in den Einsatz verabschiedet habe: „Ich fand das sehr wertschätzend.“
Zuvor hatte Landrat Santelmann der DLRG bescheinigt, „allerhöchste Anerkennung“ zu verdienen. In Hochwasser-Situationen bewähre sich der Einsatz von Rettungsbooten, nur: „Man muss sie auch haben.“ Häufig werde von „Jahrhundert-Hochwasser“ gesprochen, aber „wir wissen mittlerweile: So lange wird es nicht dauern.“ Es sei wichtig, sich in „ruhigeren Zeiten darauf vorzubereiten und einzustellen“, sodass man in einer Notsituation auch die Möglichkeiten habe, anderen zu helfen. Die Entscheidung, einen „Fachzug Wasserrettung“ einzurichten, sei sehr gut gewesen, der DLRG wünsche er, dass er nur ganz selten zum Einsatz kommen müsse.
Dem guten Wunsch nach möglichst wenig Ernstfall-Einsätzen schloss sich Ulrich Heutz an. Er bekundete in seiner kurzen Ansprache tiefsten Respekt vor den Einsatzkräften: Es sei „einfach Wahnsinn“, was die leisteten, ob nun als Feuerwehrleute in brennenden Häusern oder als DLRG‘ler im Hochwasser. Wenn den Rettern etwas fehle, sollten sie sich melden: „Der Landrat ist der letzte, der da ein Rotstift ansetzt. Da werden wir sicher auch noch etwas anderes zum Sparen finden.“
Der Presse-Termin der beiden hochrangigen Kreispolitiker mit einer Gruppe Ehrenamtler der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) sowie mit Kreisbrandmeister Martin Müller-Saidowski und dem Ärztlichen Leiter Rettungsdienst und Co-Amtsleiter Dr. Florian Breuer am Freitagnachmittag hatte viel Symbolcharakter - nicht nur wegen des Zeitpunkts kurz vor dem Jahrestag, sondern auch wegen des gemeinsamen Auftretens von Rettungsdienst- und Amtschef einerseits und Kreisbrandmeister andererseits.
Schauplatz war das Naherholungsgebiet Saaler Mühle. Dort wurden die beiden Schlauchboote zwar nicht zu Wasser, wohl aber fürs Foto präsentiert. Mit von der Partie war eine große Zahl schaulustiger kanadischer Graugänse, was bei aller Ernsthaftigkeit des Anlasses Anlass zum Schmunzeln gab.
Gerätewagen müssen noch gekauft werden
Komplett ist die neue Ausrüstung der DLRG bislang noch nicht: Für die beiden Boote und die Trailer (Anhänger), auf denen sie transportiert werden, fehlen noch zwei Gerätewagen Wasserrettung, die den Löwenanteil der Kosten von 180.000 Euro pro Zug ausmachen. Aktuell behilft sich die DLRG mit anderen Einsatzfahrzeugen. Boot und Anhänger haben nach mündlichen Angaben vor Ort pro Stück zusammen etwa 20.000 Euro gekostet, womit der Löwenanteil auf die Gerätewagen entfällt.
Der erste Gerätewagen soll nun im September oder Oktober beschafft werden, der zweite „später“. Stationiert ist das Boot der Fachgruppe Nord nach den Worten von Tobias Hohmeier, stellvertretender Leiter Einsatz, in Burscheid. Das Boot der Fachgruppe Süd steht aktuell in Bergisch Gladbach, soll aber nach Overath.
Beide Boote sind je 3,90 Meter lang, wiegen 75 Kilogramm und haben 25 PS. Die Schrauben ihrer Motoren sind zur Unfallvermeidung besonders ummantelt.
Die Namen der Boote sind laut Kreisverwaltung das Ergebnis einer Abstimmung in dem sozialen Netzwerk Instagram. Die DLRG habe sich Vogelnamen gewünscht, der Kreis habe daraufhin seiner Instagram-Community die Namen Rotmilan, Eisvogel und Turmfalke vorgeschlagen; die beiden erstgenannten hätten das Rennen gemacht.