Der Erftverband hat Bilanz des vergangenen Wasserwirtschaftsjahres gezogen. Hochwasserschutz steht nach wie vor im Fokus.
Nach der FlutDas Horchheimer Becken ist wieder voll nutzbar
Die Wasserversorgung im Einzugsgebiet des Erftverbandes ist gesichert. Diese gute Nachricht überbrachte Heinrich Schäfer, Vorstand des Verbandes, als er in der Gymnicher Mühle die Bilanz des Wasserwirtschaftsjahres 2023 vorstellte. Wasserwirtschaftsjahre dauern jeweils vom 1. November bis zum 31. Oktober des Folgejahres, in diesem Fall also von Anfang November 2022 bis Ende Oktober 2023.
Warm war es in diesem Zeitraum, noch einmal 0,1 Grad wärmer als im Jahr zuvor. Und feucht: Im Verbandsgebiet sind rund zehn Prozent mehr Niederschlag gefallen als im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Und der Trend setze sich in diesem Jahr bislang fort, berichtete Schäfer.
Das sei gut für das Grundwasser, problematisch seien aber die häufigen Starkregen. Wobei beides, Niederschläge wie Grundwasser, ungleich verteilt seien. Rund um Zülpich sei es relativ trocken gewesen, während bei Korschenbroich sogar Anlagen installiert worden seien, um Grundwasserspitzen zu kappen, damit keine Gebäude nass werden.
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Zülpicher Wassersportsee soll Rückhaltebecken werden
Ein zentrales Thema für den Erftverband ist der Hochwasserschutz, der nach der Katastrophe im Sommer 2021 noch stärker in den Fokus gerückt ist. Auf sechs neue Becken habe man sich verständigt, die am Oberlauf des Flusses bei Starkregen das Wasser auffangen sollen.
Eines davon ist der Zülpicher Wassersportsee, wo die Arbeiten Ende des Jahres beginnen sollen. Hier muss nur eine Überleitung gebaut werden, um das Wasser des Vlattener Bachs in den See zu lenken, bevor es die umliegenden Ortschaften überschwemmen kann. Das Schwierigste am Bau neuer Becken seien die Grundstücksverhandlungen, berichtete Heinrich Schäfer.
Der interkommunalen Hochwasserschutzkooperation gehörten mittlerweile 16 Kommunen, drei Kreise und eben der Erftverband an: „Die Kooperation hat mittlerweile Vorzeigecharakter.“ Allein 40 Bürgerworkshops habe es gegeben. Noch sind nicht alle Schäden behoben, die die Flut an Einrichtungen des Erftverbandes angerichtet hat. Doch die Arbeiten am Rückhaltebecken bei Weilerswist Horchheim gehen ihrem Ende entgegen.
Das Tosbecken bei Weilerswist war total beschädigt
„Ich hatte mir nicht vorstellen könne, dass Hochwasser ein Tosbecken beschädigen kann. Doch es wurde regelrecht weggesprengt“, erinnert sich Ulrich Muris, zuständig für den Betrieb der Gewässer. Der Damm wurde überflutet und beschädigt, hielt aber letztlich dem Druck der Wassermassen stand. Im Gegensatz zur Technik in der Steuerwarte, die völlig demoliert wurde.
Um den Schutz der Bürgerinnen und Bürger in Weilerswist und Erftstadt weiter zu gewährleisten, baute der Erftverband erst einmal ein provisorisches Tosbecken. Mittlerweile ist ein neues, größeres und stabileres entstanden, dessen Boden aus Beton ist. „Wir wollten schon früher fertig werden“, sagt Ulrich Muris. Aber das Wetter habe die Pläne immer wieder über den Haufen geworfen.
Doch nun seien die Steuergeräte und die Beobachtungsschächte angeschlossen und alle großen Arbeiten erledigt. Funktionsfähig sei das Becken auch während der Bauarbeiten gewesen, jetzt könnte es wieder komplett eingestaut werden – es fehle lediglich noch die schriftliche Genehmigung der Kölner Bezirksregierung.
Bei Vussem und Wichterich sind zwei neue Pegel installiert worden. Und dass der Erftverband in der Nachbarschaft, nämlich in Vettweiß und Heimbach, rund 100 weitere Kilometer an Gewässern unter seine Fittiche genommen hat, wird auch im Kreis Euskirchen Auswirkungen haben: Bei Zülpich-Geich soll in naher Zukunft eine neue Gewässermeisterei gebaut werden.
Die Erft wird weniger Wasser führen
Das Ende des Braunkohleabbaus stellt den Erftverband vor Herausforderungen. Wenn kein Sümpfungswasser mehr aus den Tagebauen abgepumpt wird, hat das erhebliche Auswirkungen. „Die Erft wird weniger Wasser führen, aber sie wird nicht trockenfallen“, beruhigte Schäfer. Feuchtgebiete im nördlichen Verbandsgebiet, die derzeit mit Sümpfungswässern versorgt würden, müssten in einigen Jahren dann mit Rheinwasser nass gehalten werden.
Wenn in etwa 40 Jahren aus den Tagebauen riesige Seen, gefüllt mit Wasser aus dem Rhein, geworden sind, solle wieder ein natürliches Gleichgewicht im Wasserhaushalt der Region entstehen. „Wir wollen keine Ewigkeitslasten schaffen“, so der Vorstand.
Das Verbandsgebiet des Erftverbandes reicht von der Quelle bei Holzmülheim bis Neuss, wo der Fluss in den Rhein mündet. Mit den zahlreichen Nebengewässern ergibt sich eine Fläche von rund 1900 Quadratkilometern. Der Erftverband ist nicht nur für die Unterhaltung und Renaturierung der Gewässer zuständig, sondern unter anderem auch für die Abwasserbehandlung und Klärschlammbeseitigung für rund 1,2 Millionen Menschen.