Bis zu 100 Meter an Häuser ranAlfterer Ausschuss lehnt Erweiterung des Tontagebaus ab
Alfter-Witterschlick – „Das einzig Schöne an der Sache ist, dass wir alle mal einer Meinung sind.“ So kommentierte Grünen-Politiker Michael Schroerlücke eine fast dreistündige Diskussion im Ausschuss für Umwelt, Klima, Mobilität, Wirtschaft und Digitalisierung zur Norderweiterung des Tontagebaus „Schenkenbusch“ der Firma Sibelco.
Sämtliche Fraktionen im Alfterer Rat sind gegen die Pläne und stimmten einer detailliert ausgearbeiteten Stellungnahme der Verwaltung zu, die an die Bezirksregierung in Arnsberg geht. Das ist die zuständige Genehmigungsbehörde für Bergbauangelegenheiten in Nordrhein-Westfalen.
Alfter will 300 Meter Distanz zu Wohnhäusern
„Das zentrale Argument dagegen bleibt der Abstand zur Wohnbebauung“, betonte Claudia Gerhardi von der Verwaltung. Die Gemeinde fordert, dass zwischen Abbaukante und Siedlungsbereich mindestens 300 Meter Distanz eingehalten werden. Sibelco möchte allerdings bis zu 100 Meter an die Bebauung heran, da sich dort der begehrte Ton befindet. Bislang konnten weder eine Einigung noch ein Kompromiss erzielt werden.
Um weiteren Druck aufzubauen, fordern die Ausschussmitglieder nun ein Beweissicherungsverfahren auf Kosten der Firma für Häuser und Straße, die direkt an der Abbaukante liegen, also unter 300 Meter Entfernung.
Klimawandel soll bei Antrag berücksichtigt werden
Kritisiert wurde zudem, dass im Antrag des Unternehmens neue Entwicklungen nicht berücksichtigt werden, etwa die Auswirkungen auf das Neubaugebiet „Buschkauler Feld“, vor allem aber im Hinblick auf den Klimawandel, speziell nach der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer.
Hierzu erklärte Frank Hebestreit (CDU): „Nach dem 14. Juli 2021 haben wir eine andere Zeitrechnung. Zwischen dem Starkregen und der Abgabe des Antrages im August liegen gerade einmal drei Wochen. Es war also in dieser kurzen Zeit nicht möglich, die Erkenntnisse aus dem Ereignis in dem Antrag einzuarbeiten.“ Zudem forderte Hebestreit wirtschaftliche Belange nicht über das Allgemeinwohl zu stellen: „Wir haben nicht nur jetzt eine Verantwortung den Bürgern gegenüber, sondern auch den Nachfolgegenerationen.“
Die Verwaltung spricht in diesem Zusammenhang von langfristig „nicht abschätzbaren multikausalen Zusammenhängen“. Bolko Graf von Schweinitz (Freie Wähler) wollte von Claudia Gerhardi wissen, welche Chancen sie sich ausrechne, ob die Verwaltung den Abbau verhindern und ob die Bürger noch hoffen könnten? Eine eindeutige Antwort konnte die Verwaltungsmitarbeiterin nicht nennen: „Einen Königsweg wird es nicht geben und wir werden Federn lassen müssen. Trotzdem sollten wir gut vorbereitet sein und entsprechend argumentieren.“
Die Gemeinde spekuliert auf einen Ermüdungseffekt bei dem Unternehmen, das in dem seit Jahren laufenden Verfahren immer mehr Unterlagen und Gutachten beibringen musste und sich großer Kritik ausgesetzt sieht.
Seit 1976 gräbt Sibelco bei Witterschlick Blauton ab
Seit 1976 gräbt Sibelco bei Witterschlick Blauton ab. Nun möchte das international tätige Unternehmen seine Abbaufläche Richtung Volmershoven bis zum Lüsbacher Weg ausweiten. Der Abbau soll in mehreren Abschnitten erfolgen, über einen Zeitraum von rund 40 Jahren. Ende 2060 sollen die Arbeiten und die Rekultivierung abgeschlossen sein.
Laut Sibelco-Geschäftsführung gilt Witterschlick als einer der „Top-5-Standorte“ in Sachen Blautonvorkommen in Deutschland. Entdeckt wurde es hier bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Der Ton gilt als langlebig, schmutzabweisend, säure- und laugenbeständig. Der Rohstoff wird in etlichen Bereichen eingesetzt. So werden beispielsweise Wasserbecken damit abgedichtet, Flaschenglas, Stahlprodukte, Wand- und Bodenfliesen oder Keramikgeschirr damit hergestellt.