Verkehr wegen NeubaugebietLastwagen sorgen in Wohngebiet in Alfter für Ärger
Alfter – Eine Hangbebauung in den Höhenlagen der Gemeinde Alfter würde die Politik heutzutage nicht mehr genehmigen. In den 70er Jahren sah das aber noch anders aus. Damals wurde das in zwei Abschnitte unterteilte umstrittene Neubaugebiet „Olsdorfer Kirchweg“ oberhalb von Alfter beschlossen. Nun rollen die ersten Lkw für Abschnitt II.
Kommunikation lief schlecht
Die Erschließung des Areals startete Anfang Februar. Doch die Verkehrsführung für den Baustellenbetrieb sorgt für gewaltigen Unmut. Viele Anwohner und Bürger fühlen sich nicht gehört, wie auch ein Antrag der Freien Wähler Alfter (FWA) in der jüngsten Ratssitzung zeigte. Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU): „Ich übernehme die Verantwortung für die schlechte Kommunikation. Die Genehmigung der Straßenverkehrsbehörde kam sehr kurzfristig. Unser Fehler war, wir haben uns die Kommunikation nicht vorlegen lassen.“ Damit wies der Bürgermeister darauf hin, dass die Anordnungen für die Verkehrsführung durch den Rhein-Sieg-Kreis als Genehmigungsbehörde getroffen worden seien.
Nun möchte die Gemeinde schnellstmöglich in einen Dialog mit den Bürgern treten. Angetrieben von allen Fraktionen will die Gemeinde vom Straßenverkehrsamt des Kreises die Situation neu prüfen lassen und den Petenten schriftlich zu den Ergebnissen berichten. Außerdem soll kurzfristig eine Verkehrsschau stattfinden, um Anregungen aus der Bevölkerung aufzunehmen. „Wir hoffen, dass wir die Angelegenheit schnell unter die Lupe nehmen können, damit wir Ihnen in der Sitzung des Mobilitätsausschusses am 17. Februar darüber berichten können“, erklärte Schumacher.
Kreis hat zwei Routen für Baufahrzeuge ausgewiesen
Zwei Routen hat der Kreis für den Baustellenverkehr ausgewiesen, jeweils für die An- und Abfahrt des Schwerlastverkehrs. Die anliefernden Fahrzeuge werden von der L113 über die Jakob-Reuter-Straße, Birrekoven, die Steinergasse und die Professor-Hippchen-Straße nach Olsdorf geführt. Abfahrenden Gefährte werden über den Tonnenpütz und die Holzgasse zurück auf die L113 geleitet.
Zu diesem Zweck ist der Tonnenpütz ab der Professor-Hippchen-Straße hangabwärts in eine Einbahnstraße umgewandelt worden. Punktuell sind auf den betroffenen Straßen und in der kompletten Straße Olsdorf Halteverbote eingerichtet worden. Voraussichtlich im Sommer 2023 werden sämtliche Grundstücke an das Straßen- und Wegenetz sowie an die Versorgungsleitungen angeschlossen sein.
Die FWA bemängelte, dass die Einwendungen der Petenten, von der Verwaltung „nicht befriedigend und adäquat“ beantwortet worden seien. Erste Einwendungen erreichten die Gemeinde bereits Mitte Oktober. Am 14. Januar hätten Betroffene schließlich alle Alfterer Ratsfraktionen um Unterstützung gebeten.
Für Kinder und Menschen mit Rollator sehr eng
So kritisierten die Bürger beispielsweise, dass im Tonnenpütz und in der Holzgasse teilweise keine Gehwege vorhanden seien. Dies sei unter anderem für Kinder gefährlich, die diese Straßen als Schulweg nutzen, sowie für Menschen mit Rollatoren. Auch die Ausweichstrecken seien riskant, bemängelte die FWA: „Die empfohlenen Routen für Schulkinder kreuzen die Haupt-Lkw-Route, die den Ortskern für den Rückfluss des Baustellenverkehrs mittig durchschneidet mindestens zweimal.“
Der Bereich zwischen Stühleshof, Holzgasse und Tonnenpütz gelte als Hauptachse für den Fuß- und Fahrradverkehr zwischen den beiden Standorten der Alanus Hochschule. Auch ein Begegnungsverkehr von Lastwagen werde laut den Petenten nicht wie vorgesehen verhindert. In Olsdorf finde dieser „zwangsläufig“ statt und gefährde die Anwohner. Die Bürger fordern zudem Maßnahmen, um die Sicherheit für Fußgänger an gefährlichen Kreuzungen zu entschärfen.
Wegen der Parkverbotszonen können viele Anwohner nicht wie gewohnt vor der Haustür parken. Sandra Semrau (FWA) schlug vor, das Parkverbot an Sonn- und Feiertagen aufzuheben. Dies jedoch sah Bürgermeister Schumacher kritisch. Wenn zum Beispiel Parken bis montags um 6 Uhr erlaubt würde, könne es sein, dass Baufirmen schon kurz davor mit schweren Fahrzeugen anrückten, zumal sie oft von weiter her kämen, also zu einem Zeitpunkt, wenn das Parkverbot noch nicht gilt, was dann zu erneuten Konflikten führen würde. Dennoch soll der Vorschlag geprüft werden.
Diskussion im Internet
Diskutiert wird die aktuelle Situation auch in den sozialen Netzwerken. Dort befürchten Anwohner beispielsweise Schäden an den Hausfassaden durch den Schwerlastverkehr oder wiederholt Probleme durch die Flächenversiegelung in den Höhenlage, sollte es erneut zu einem Starkregenereignis kommen.
Der Bebauungsplan Olsdorfer Kirchweg wurde 1973 aufgestellt und ist seit 1979 rechtskräftig. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Änderungen. Unterteilt ist das Baugebiet in zwei Abschnitte, wobei das Neubaugebiet Olsdorfer Kirchweg I an der Franzstraße mit 13 Grundstücken 2015 fertiggestellt wurde. 2011 erlangte der Umlegungsplan für den zweiten Abschnitt Rechtskraft.
Zuletzt stand das umstrittene Baugebiet im September 2018 auf der Tagesordnung des Gemeinderates. Gegen die Stimmen der Grünen und der Freien Wähler wurde damals die Erschließung beschlossen. Auf 55 Grundstücken sollen Einfamilienhäuser entstehen. Die ersten Baugrundstücke werden im Internet in einigen Immobilienbörsen ab Sommer 2023 zum Verkauf angeboten.
Das Dilemma der Politik
Die Grünen machten vor vier Jahren den Interessenkonflikt deutlich: „Auf der einen Seite stehen die Interessen, Hoffnungen und Belastungen der Grundstückseigentümer, auf der anderen Seite stehen die Interessen der Allgemeinheit. Wir wollen die Bebauung in den Alfterer Hanglagen nicht weiterwachsen lassen.“ Kritiker befürchten zusätzliche Belastungen durch den Autoverkehr, für die Umwelt und eine Gefahr durch Hochwasser nach Starkregen. Zudem werde eine wichtige Kaltluftschneise in den Ort zerstört.
Die anderen Fraktionen verwiesen auf den rechtskräftigen Bebauungsplan. Sie seien den Grundeigentümern verpflichtet. Hans G. Angrick (SPD) nennt im Internet die Verabschiedung des Bebauungsplanes „eindeutig einen Fehler“. Diejenigen, die schon Tausende von Euro in die Erschließung und Planung investiert hätten, müssten sich jedoch auf die „Gültigkeit der öffentlichen Entscheidung“ verlassen können – auch wenn sie aus heutiger Sicht nicht mehr getroffen würde, „ganz zu schweigen von der Klagewelle mit der die Gemeinde überzogen worden wäre.“