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Razzia bei AmazonZoll durchsucht Standort in Troisdorf

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Der Zoll war am Donnerstag bei Amazon in Troisdorf im Einsatz. 

Troisdorf – Es ging ganz schnell: Mit Blaulicht rückte die Wagenkolonne an. Die Ausfahrt am Amazon-Zentrum in Spich wurde mit einem quer stehenden Transporter versperrt. 35 Ermittler des Hauptzollamtes eilten sofort in das Gebäude, unterstützt von elf Mitarbeitenden der Troisdorfer Ausländerbehörde, sechs Mitarbeitenden des Ordnungsamtes und der Polizei. Ohne Kontrolle konnte niemand mehr das komplett abgeriegelte Gelände verlassen.

Der Zeitpunkt der Großrazzia war klug gewählt. Gegen 11 Uhr verlassen die Transporter das Verteilzentrum zum Ausliefern der Ware. Am Steuer sitzen jedoch keine Angestellten von Amazon, sondern Mitarbeiter von Lieferfirmen. Sie waren das Ziel der Ermittler. „Es ging um Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Verstöße gegen den Mindestlohn“, sagte Jens Ahland, Pressesprecher des Hauptzollamtes in Köln. Solche Razzien würden auch bei Lieferdiensten wie DPD oder DHL gemacht. „Das ist ein Branchenproblem.“

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Die Beamten rückten mit einem Großaufgebot an. 

Zufällig hatten sich auch Vertreter der Gewerkschaft Verdi und weitere Beratungsstellen für faire Arbeit an diesem Tag zu einer Flugblatt-Aktion vor dem Verteilzentrum getroffen. Es gehe um „ungeheuerliche Missstände“, berichtete Mousa Othman vom Deutschen Gewerkschaftsbund . In vielen Auslieferfirmen müssten die Mitarbeiter oft unbezahlte Überstunden leisten. Der Trick sei, dass die Wartezeit vor dem Beladen nicht als Arbeitszeit gerechnet werde. „Da kommen dann schon mal zehn Stunden zusammen, von denen zwei nicht bezahlt werden.“ Bei Beratungen der Gewerkschaft hätten ihm das Fahrer von Auslieferungsfirmen berichtet.

Ohne Sprachkenntnisse dem Arbeitgeber ausgeliefert

Catalina Guia sprach von der Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte für diese Firmen. „In Rumänien wird den Menschen von lukrativen Stellen berichtet“, schilderte die Verdi-Mitarbeiterin. Ohne Sprachkenntnisse würden diese nach Deutschland gelockt und seien dann ihren neuen Arbeitgebern „geradezu ausgeliefert“. Bis zu 300 Euro müsse für ein Mehrbettzimmer pro Monat bezahlt werden. Das Gehalt liege bei 1200 bis 1600 Euro im Monat. Durch Zeitverträge seien diese Arbeitnehmer dann erpressbar, weil die Familien in der Heimat das Geld dringend bräuchten. Krankheit werde oft als Kündigungsgrund angesehen, obwohl dies gesetzlich verboten sei. Aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse könnten sich die Mitarbeiter jedoch nicht wehren.

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Jeder Fahrer und Beifahrer wurde nach seinem Lohn befragt. Erst dann durften die Transporter das Gelände verlassen.

Auf diese Probleme angesprochen, teilte Amazon-Pressesprecher Steffen Adler mit: „Wir sind gerne bereit, mit den Behörden zusammenzuarbeiten, um jedem Fall nachzugehen.“ Partner seien verpflichtet, sich an die geltenden Gesetze und den Verhaltenskodex für Amazon-Lieferpartner zu halten. „Wir setzen uns insbesondere dafür ein, dass unsere Lieferpartner ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Einklang mit geltendem Recht beschäftigen. Wir auditieren unsere Lieferpartner regelmäßig, und wir greifen durch, wenn wir feststellen, dass ein Partner unsere Anforderungen nicht einhält.“

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Die Lieferpartner würden so vergütet, dass sie ihre Mitarbeitenden gut bezahlen könnten. „Amazon hat in Deutschland eine Fahrer-Hotline eingerichtet, die für alle in verschiedenen Sprachen verfügbar ist“, betonte Adler. „Dort können Zusteller und Zustellerinnen ihr Feedback auch anonymisiert mitteilen.“ Vorwürfe würden dann auch überprüft.Am Abend zog der Zoll Bilanz: 131 Fahrer von sieben Auslieferunternehmen wurden überprüft. „Erste Hiweise auf Firmenketten sind festgestellt“, teilte Zollsprecher Ahland mit. Das bedeute, dass Aufträge durchgereicht würden und jedes Mal weniger Geld gezahlt werde. So würden die Kontrollen der Auftraggeber zur fairen Bezahlung umgangen.

Polizei zog Transporter mit Reifen ohne Profil aus dem Verkehr

Zwei illegal Beschäftigte wurden dem Ausländeramt übergeben: ein 25 Jahre alter Albaner und ein 30 Jahre alter Syrer. Die Polizei zog einen Lieferwagen aus dem Verkehr, dessen Reifen kein Profil mehr aufwiesen. „Die Angaben der Fahrer über ihren Lohn werden wir jetzt vor Ort in den Firmen anhand von Stundenbüchern überprüfen“, sagte Ahland zu weiteren Ermittlungen in den nächsten Wochen. So werde kontrolliert, ob auch wirklich Mindestlohn gezahlt werde.