2022 haben Wissenschaftler aufgezeigt, dass Strukturen und die Rolle von Personalverantwortlichen mitschuldig sind an jahrzehntelangen sexuellen Missbrauch durch Priester - jetzt folgen Konsequenzen.
Nach MissbrauchsstudieBistum Münster führt Disziplinarordnung für Priester ein
![Bischof Felix Genn äußerte sich im Juni 2022 auf einer Pressekonferenz zur Studie zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster. Jetzt hat er Konsequenzen vorgestellt. (Archivbild)](https://static.ksta.de/__images/2025/02/07/27dbed35-cfbe-4724-8d30-254bb51178dc.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=4742be2624c5655c9e47b321e8e56c0a)
Bischof Felix Genn äußerte sich im Juni 2022 auf einer Pressekonferenz zur Studie zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Münster. Jetzt hat er Konsequenzen vorgestellt. (Archivbild)
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Münster führt als erstes Bistum weltweit am 1. März 2025 einen Schlichtungsrat und eine Disziplinarordnung für Kleriker ein. Damit reagiert Bischof Felix Genn auf das 2022 vorgestellte Gutachten zum sexuellen Missbrauch der vergangenen Jahrzehnte im Bistum Münster. Genn hatte damals Konsequenzen angekündigt und erklärt, Macht abgeben zu wollen und sich den Urteilen unabhängiger Kontrollinstanzen zu unterwerfen.
Das Gutachten zum sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche hatte den Strukturen im Bistum eine Mitschuld gegeben. Dabei ging es auch um die Rolle der Personalverantwortlichen für die Priester wie Bischöfe oder Generalvikare. Die Verletzung von Dienstpflichten könne nun geordnet geahndet werden, so wie es auch das deutsche Recht für Beamte kenne, teilte das Bistum mit. Zuvor hatte Genn die zuständigen Gremien des Bistums über Schlichtungsrat und die Disziplinarordnung informiert.
Die beiden Kirchenrechtler Thomas Schüller und Thomas Neumann haben die neuen Ordnungen erarbeitet. Beide arbeiten an der Theologischen Fakultät der Universität Münster.
Wann greift die Disziplinarordnung?
Beispiele für Disziplinarverfahren sind die Verletzung der Privatsphäre, der Bruch des Seelsorgegeheimnisses oder der Missbrauch seelsorglicher Beziehungen zum Vorteil des Klerikers. Auch kirchenfeindliche Betätigungen oder ein Verhalten, das „ungerechtfertigt die sexuelle Selbstbestimmung anderer Personen einschränkt“, werden erfasst.
Mit der Einrichtung des Schlichtungsrats erklärt sich Genn bereit, wie es in der Präambel der Ordnung steht, „alle Streitigkeiten, die sich in der Diözese ergeben, gemäß den Regeln und Verfahren dieser Ordnung einem Schlichtungsverfahren zu unterwerfen“. Das Ziel müsse sein, die kirchliche Ordnung vor Missbrauch und willkürlichen Entscheidungen zu schützen.
„Viele der Täter wissen genau, wie sie haarscharf unter der Grenze strafbarer Handlungen bleiben. Aber auch bei leichten Übergriffen hat das Folgen für die Betroffenen“, sagte der Kirchenrechtsprofessor Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem Disziplinarrecht könne jetzt zum Beispiel bei Wiederholungstätern angeordnet werden, „dass sie nicht mehr in der Seelsorge tätig sind. Auch ist es möglich, dass Priester sich an den Therapiekosten beteiligen müssen. Bei älteren Priestern kann die Pension gekürzt werden.“
Rom jetzt außen vor
Schüller begrüßte, dass es jetzt auf regionaler Ebene Sanktionsmöglichkeiten gibt. „Bislang wurde bei klerikalen Vergehen immer Rom als Klärungsbehörde angerufen. Die Bischöfe wurden dann aber oft von Rom ausgebremst. Das ändert der Bischof von Münster jetzt, indem er Diözesanrecht schafft. Damit prescht das Bistum vor und schafft ein Unikat, das Vorbild für andere Bistümer sein könnte“, sagt der Theologe Schüller.
Priester haben nach seiner Einschätzung bislang oft nur müde gelächelt, wenn der Bischof sie ermahnt hatte. „Wenn es aber jetzt ans Portemonnaie geht, werden sie hellwach.“ (dpa)