Fünf Tage lang legt die AfD in NRW fest, welche Kandidaten sie ins Rennen um ein Bundestagsmandat schicken will. Auf den vorderen Plätzen können sich auch extreme Bewerber durchsetzen.
Vor der BundestagswahlKay Gottschalk soll NRW-AfD in die Bundestagswahl führen
Die nordrhein-westfälische AfD zieht mit dem stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kay Gottschalk an der Spitze in die Bundestagswahl. Bei einem Aufstellungsparteitag in Marl im Ruhrgebiet wählte eine Mehrheit von rund 61 Prozent der Delegierten den Mitbegründer der Partei auf Platz eins der Landesliste für die Neuwahl am 23. Februar.
Der 59-jährige finanzpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion und Vize-Chef der NRW-AfD kam auf 292 der 488 abgegebenen Stimmen. 151 Ja-Stimmen entfielen auf den Gegenkandidaten Axel Fischer, der sich aus Unzufriedenheit über die Arbeit des Landesvorstands überraschend um den Platz beworben hatte. Der Rest der Delegierten enthielt sich oder stimmte mit Nein für beide Kandidaten.
Mit scharfen Verbalattacken gegen die gescheiterte Ampel-Regierung und die EU hatte Gottschalk sich zuvor in seiner Bewerbungsrede für einen „Mentalitätswechsel“ stark gemacht. Er wolle die „Loser“ (Versager) der bisherigen Regierung „ins Bürgergeld schicken“, die Deindustrialisierung Deutschlands stoppen, die Mittel für die militärische Ukraine-Hilfe lieber in die nordrhein-westfälische Infrastruktur stecken, die Unternehmenssteuer reformieren und „abschieben, abschieben, abschieben“.
Delegierte wählen auch Bewerber aus extremistischem Lager
Noch bis Montag läuft die Wahlversammlung, bei der rund 500 Delegierte die Landesliste mit 30 bis 35 Kandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl festlegen.
Es war bereits im Vorfeld mit Kampfkandidaturen für mehrere Listenplätze gerechnet worden. Hintergrund ist ein seit langem andauernder Machtkampf zwischen dem als gemäßigt geltenden Flügel unter AfD-Landesparteichef Martin Vincentz und einem extremistischen Flügel.
Schon für die ersten Plätze gingen teilweise mehrere Bewerber ins Rennen: Auf Platz zwei setzte sich der AfD-Bundestagsabgeordnete Fabian Jacobi gegen seinen Fraktionskollegen Martin Renner durch. Der bewarb sich schließlich erfolgreich für Listenplatz 4. Unangefochten wählten die Delegierten Michael Espendiller auf Platz 3. Alle drei sitzen bereits seit 2017 im Bundestag.
Der gemäßigt auftretende Chef der NRW-AfD, Martin Vincentz, und seine Unterstützer hatten versucht, extremistische Kräfte im Landesverband an den Rand zu drängen und auf den vorderen Plätzen zu verhindern. Die Wahlen des ehemaligen Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen und des fraktionslosen Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich auf Platz 5 und 6 der Landesliste versetzten diesem Versuch allerdings früh einen deutlichen Dämpfer. Gegen Helferich läuft ein Parteiausschlussverfahren.
Bei der Bundestagswahl 2021 hatte die NRW-Liste der AfD bis Platz 12 gezogen. Die AfD war damals in NRW auf 7,3 Prozent gekommen. Die Wahlversammlung war am Donnerstagabend gestartet.
Nach Angaben der Polizei Recklinghausen sind für jeden Tag Proteste gegen die AfD im Bereich der Veranstaltungshalle angekündigt. Am Freitagnachmittag waren aber nur wenige Demonstranten gekommen. (dpa)