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Gewalt gegen LehrerKeine „Kuschelpädagogik“: Fraktionen fordern Durchgreifen

Lesezeit 2 Minuten
Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen sind einer Erhebung zufolge überdurchschnittlich viel mit Gewalt konfrontiert. (Archivbild)

Lehrkräfte in Nordrhein-Westfalen sind einer Erhebung zufolge überdurchschnittlich viel mit Gewalt konfrontiert. (Archivbild)

Beleidigungen, Drohungen, körperliche Angriffe: Lehrkräfte in NRW werden im Vergleich zum Bundesschnitt besonders oft mit Gewalt konfrontiert. Die Politik sucht nach Lösungen.

Angesichts der überdurchschnittlich zunehmenden Gewalt gegen Lehrkräfte an den Schulen in Nordrhein-Westfalen fordern die Oppositionsfraktionen ein entschiedeneres Durchgreifen der Landesregierung. Es müssten schärfere Ordnungsmaßnahmen an den Schulen und ein schärferes Durchgreifen gegen die Täter durchgesetzt werden, sagte die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech in einer Aktuellen Stunde im Landtag. Die Maßnahmen dürften nicht ins „Spektrum der Kuschelpädagogik“ fallen.

Als Folge der steigenden Gewalt an Schulen sinke die Attraktivität des Lehrerberufs, und der Lehrkräftemangel werde immer noch schlimmer. Schulleitungen und Lehrkräfte seien zunehmend überfordert und fühlten sich allein gelassen. „Eine zweistündige Infoveranstaltung und ein Aktenordner reichen aber eben nicht aus“, kritisierte Müller-Rech die Maßnahmen des Schulministeriums. Viele Schulleitungen hätten Angst vor gewalttätigen Schülern und vor Klageverfahren. „Da sitzen manche Schulleitungen wie das Kaninchen vor der Schlange.“

Trend zu mehr Gewalt an Schulen

Laut einer repräsentativen Erhebung für den Verband Bildung und Erziehung (VBE) berichten 73 Prozent der Schulleitungen in NRW, dass es in den vergangenen fünf Jahren zu Fällen kam, in denen Lehrkräfte an ihren Schulen Gewalt ausgesetzt waren. Bundesweit liegt dieser Wert bei 65 Prozent. Besonders gravierend sind die überdurchschnittlichen Fallzahlen demnach bei körperlichen Übergriffen.

SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott fragte nach den Ursachen der Gewalt. Die Corona-Pandemie habe über Jahre soziale Kompetenzen verkümmern lassen, sagte er. Kinder hätten keine Möglichkeit gehabt, Konfliktlösungen zu erlernen. Regeln und Gemeinschaft würden infrage gestellt. Fluchterfahrungen mit Traumafolgen und ein Mangel an psychologischer Unterstützung kämen hinzu. Und es gebe Gewalt in sozialen Netzwerken, die man nicht sofort sehen könne. „Unsere Schulen sind Brennpunkte dieser Entwicklung, aber sie sind damit allein“, so Ott. „Schulleitungen werden im Stich gelassen, Lehrkräfte stehen unter Dauerstress.“

Auch bei Gewalt in Elternhäusern intervenieren

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) widersprach dieser Darstellung. Die Landesregierung unterstütze die Lehrkräfte mit einer Vielzahl an Maßnahmen zur Eindämmung und Prävention von Gewalt. Dazu gehörten etwa Handreichungen, Notfallordner, Online-Veranstaltungen, spezielle Programme und Fachkräfte für Schulsozialarbeit. Alle seien aber auch aufgefordert, Zivilcourage zu zeigen und die Augen nicht vor der Gewalt zu verschließen.

Der CDU-Abgeordnete Christos Katzidis forderte mehr Intervention schon bei häuslicher Gewalt. Darauf müsse der Fokus gerichtet werden, und zwar nicht nur mit freiwilligen Beratungsangeboten. „Wenn es offen bekannt ist, dass Gewalt in Familien an der Tagesordnung ist, dann muss da viel, viel stärker interveniert werden.“ (dpa)