Zwei Nordlichter prägen die Vergabe des Ordens wider den tierischen Ernst. SPD-Chef Klingbeil wird geehrt, Ministerpräsident Günther hält die Lobrede - und Politiker aus fünf Parteien singen im Chor.
Orden wider tierischen ErnstPolit-Chor für Demokratie - Klingbeil erhält Karnevalsorden
![SPD-Chef Lars Klingbeil hielt im Narrenkäfig eine Rede.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/09/37cd1405-6567-4870-8d46-5bb41a8e9818.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1334&fm=jpeg&s=056f7cb5c297f2362a070adc12dba5c3)
SPD-Chef Lars Klingbeil hielt im Narrenkäfig eine Rede.
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Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil hat in Aachen bei einer Karnevalssitzung den Orden wider den tierischen Ernst erhalten. Die Laudatio hielt am Samstagabend der Ordensritter des Vorjahres, der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther.
Klingbeil sei einer der Politiker mit der größten Bürgernähe und Bodenständigkeit, „und das sage ich mit größtem Respekt“, sagte Günther. Er habe bewiesen, worauf es bei dem Orden ankomme: „Dass man über sich selbst lachen kann, nicht alles so persönlich und ernst nimmt“. Der Wahlkampf und Aufrufe zum Einstehen für die Demokratie prägten die Verleihung.
Als neuer Ordensritter ging Klingbeil in den Narrenkäfig und beschwor den Zusammenhalt in Gesellschaft und Politik. „Ich will, dass wir die Kraft haben, Kompromisse in der Mitte zu finden. Die Fähigkeit zum Kompromiss ist gelebte Demokratie“, sagte er. Mit der Narrenkappe auf dem Kopf bekannte er auch, dass es schwierig sei, so kurz vor dem Termin der Bundestagswahl „hier 'ne Rede zu halten und die richtige Balance zu finden“.
Klingbeil begleitet Polit-Chor auf der Gitarre
Weitere Redner waren die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Gregor Gysi von der Linken sowie Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin von den Grünen. Nach der Verleihung sangen alle Vertreter der fünf Parteien auf der Bühne lauthals zur Melodie des Helene-Fischer-Hits „Atemlos“. Die Aachener Version lautete: „Atemlos, wie noch nie, kämpfen für Demokratie“. Klingbeil spielte Gitarre dazu.
![Nach der Verleihung ein gemeinsames Lied: Politikerinnen und Politiker der SPD, Linke, Grünen, CDU und FDP singen.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/09/872fe788-3a2a-4852-8306-b9a34d8e7151.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1332&fm=jpeg&s=260127c56ff4fef74eba2d666e2a5204)
Nach der Verleihung ein gemeinsames Lied: Politikerinnen und Politiker der SPD, Linke, Grünen, CDU und FDP singen.
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Der SPD-Politiker erhielt den zum 75. Mal verliehenen Orden des Aachener Karnevalsvereins (AKV). Der frischgebackene Ordensritter bekannte, er habe noch kein Land kennengelernt, in dem er lieber leben wolle als in Deutschland. Er rief dazu auf, „den Hetzern und Spaltern die Stirn bieten“. Er wolle, „dass wir die Kraft haben, Kompromisse in der Mitte zu finden“. Bei der AKV-Sitzung halten bekannte Politiker humoristische Reden und nehmen im Idealfall andere und sich selbst auf die Schippe.
Auftritte von Strack-Zimmermann und Gysi
„Schluss mit lustig!“, rief die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann aus. Sie forderte dazu auf, politische Verantwortung zu übernehmen. Das könne man auch ohne politisches Mandat. „Nehmen Sie Stellung, damit der Kontinent nicht in die Hände der Nationalisten fällt“, forderte die liberale Europaabgeordnete und Verteidigungspolitikerin. Sie trug ein grell-gelbes Iris-Apfel-Kostüm - die US-amerikanische Fashion-Ikone war im vergangenen Jahr im Alter von 102 Jahren gestorben.
![Bei der Karnevalssitzung des Aachener Ordens wider den tierischen Ernst sprach auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/09/7490112c-6089-4f7e-9f4d-e517eb8bcd6f.jpeg?q=75&q=70&w=2000&h=1352&fm=jpeg&s=00dd7f7d574ccd899782b5f38eded703)
Bei der Karnevalssitzung des Aachener Ordens wider den tierischen Ernst sprach auch FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
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Daniel Günther, der Ministerpräsident aus dem Norden, riet: „Mehr miteinander sprechen als übereinander!“ Man solle immer im Kopf haben, dass auch der andere Recht haben könnte. Er sei überzeugt: „Wir graben der AfD nur das Wasser ab, wenn wir die Herausforderungen, die seit vielen Jahren nicht gelöst sind, endlich in einem Kraftakt der demokratischen Mitte bewältigen.“
Gregor Gysi, der Ordensritter von 2017, gab sich als Problemlöser: Die vielen Kanzlerkandidaten in diesem Wahlkampf seien mit der Vielzahl der Krisen und Kriegen überfordert, sagte er. Sein Beitrag zur Lösung: „Also ich mach' es einfach selbst.“ Dann sei der Streit zwischen den anderen beendet.
NRW-Ministerin Neubaur: „Demokratie ist kein Selbstläufer“
NRW-Ministerin Mona Neubaur trat als Feuerwehrfrau mit Spuren von Ruß im Gesicht auf die Bühne. Sie komme von der Brandmauer, die vor dem Feuer der AfD schützen sollte, sagte sie. Die Grünen-Politikerin nahm sich auch ihre Partei vor, die sich manchmal selbst im Weg stehe: „Aber immerhin mit 'ner kompletten Menschenkette“.
Dann kam sie auf das viel gescholtene Heizungsgesetz zu sprechen: „Kam ungefähr so zustande, als hätten sich die Planer vom Stuttgarter Bahnhof mit den Architekten vom Berliner Flughafen zusammengetan“, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin von NRW. „Demokratie ist kein Selbstläufer.“ Am Ende gehe darum, zusammenzuhalten, wenn es darauf ankomme.
Wegen des laufenden Bundestagswahlkampfs wird ein Zusammenschnitt der Verleihung in diesem Jahr nicht im Ersten gezeigt. Die Ordensverleihung wird am 11. Februar im WDR-Fernsehen zu sehen sein.
Im Gegensatz zu den Vorjahren fehlte die geballte Polit-Prominenz. Ordensritter wie der Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, der FDP-Vorsitzende Christian Lindner oder der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) waren nicht gekommen. Auch Ordensritter von den Grünen wie Außenministerin Annalena Baerbock und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir fehlten. (dpa)