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Euskirchens KarnevalsprinzWinfried II. wird erpresst

Lesezeit 6 Minuten
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Kurz vor der Damensitzung erreichte ein anonymer Erpresserbrief den Feuka und die Frau von Prinz Winfried II. (Flimm). 

  1. Kurz vor der Damensitzung, einem der wichtigsten Termine im Euskirchener Sitzungskarneval, erhielt Prinz Winfried II. anonyme Post.
  2. Ein Erpresser fordert den Prinzen auf, sein Amt niederzulegen.
  3. Der Unbekannte wirft dem Prinzen übermäßigen Alkoholkonsum vor, aber droht ihm auch mit der Veröffentlichung von Details aus seinem Privatleben.

Euskirchen – Alles scheint an diesem Mittwochabend vor einer Woche so, wie es sein soll. In einem Triumphmarsch zieht Euskirchens Prinz Winfried II. (Flimm) mit Gefolge ins City-Forum. Damensitzung!

Einer der wichtigsten und schönsten Termine im jährlichen Prinzenkalender. 856 jecke Wiever feiern ihre Tollität. Hier wird üblicherweise gebützt, sich geherzt und per Sichtkontakt kräftig geflirtet.

Doch Winfried II. zeigt sich an diesem Abend eher zurückhaltend. Nur wenige im Saal wissen warum. „Ich stand heftig unter Druck“, erklärt er am Dienstagabend bei einem Gespräch in der Redaktion dieser Zeitung, in die er, noch im Ornat, nach einem Termin gekommen ist. Es gibt Klärungsbedarf.

Festausschuss findet deutliche Worte

Neben ihm am Tisch, in der grün-gelben Uniform der KG Erfttal, sitzt seine Frau Daniela. Auch sie ist tief getroffen von dem, was der Präsident des Festausschusses Euskirchener Karneval (Feuka), Helmut Marian, eine „ungeheuerliche Hasskampagne“ nennt.

Wenige Tage vor der Damensitzung sind in anonymen Schreiben schwerwiegende Vorwürfe gegen den Prinzen erhoben worden. Darin wird der Feuka unmissverständlich aufgefordert, den Prinzen „aus dem Verkehr“ zu ziehen. Ansonsten, so die Drohung, würden seiner Frau Bilder zugespielt, die ihn in intimen Kontakt mit anderen Frauen zeigen würden.

Strenges Reglement für die Tollität I

Einmol Prinz zo sin – im Heimatstädtchen fein. In Euskirchen die Jecken zu regieren, ist ein Privileg, das aber durchaus auch mit einigen Regeln einhergeht.

Laut Knigge des Festausschusses Euskirchener Karneval(Feuka) ist es dem Prinzen untersagt, jegliche Art von Türen eigenhändig zu öffnen. Dafür hat er schließlich seinen Adjutanten.

Getränke und Essen darf sich die Tollität nicht selbst holen. Beim Essen ist es Pflicht, dass sie ein Lätzchen trägt. Auch Bützjer von geschminkten Frauen sind tabu – die Schminke könnte schließlich das Ornat versauen. (tom)

Was diese versuchte Erpressung allerdings kurios erscheinen lässt: Die Ehefrau, der ja eigentlich die mutmaßlichen Beweise für die angeblichen Eskapaden ihres Mannes erst dann zugespielt werden sollten, wenn der Feuka den Prinzen nicht vor der Damensitzung seines Amtes enthebe, hat fast gleichzeitig mit dem Feuka ein solches Schreiben erhalten. Das bestätigt Daniela Flimm im Gespräch.

In welcher Anzahl die unterschiedlich verfassten Schreiben unterwegs sind, sei dem Feuka nicht bekannt, sagt Marian. Bekannt sei aber, dass neben der Feuka-Spitze und der Frau des Prinzen auch der Vizepräsident der KG Erfttal, deren Präsident Flimm ist, ein solches Schreiben erhalten habe, so Feuka-Mitglied Stefan Guhlke.

Erpresserpost auch an die Redaktion

Auch in der Redaktion trifft am vergangenen Freitag ein Brief mit ähnlichem Inhalt ein. Wie der Feuka auf Nachfrage der Redaktion erklärt, machen entsprechende Gerüchte mehr und mehr die Runde – in einem Tempo, dass sie für die Karnevalsfunktionäre kaum noch einzufangen seien.

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Deutlich gezeichnet: Prinz Winfried II. (Flimm) und seine Frau Daniela lesen in der Redaktion die anonymen Briefe.

Aus diesem Grund gehen der Prinz, seine Frau und der Feuka nun in Offensive. „Ich habe schon viel erlebt, auch anonyme Briefe hat es schon öfter gegeben. Aber das ist bisher das Schlimmste“, zeigt sich Marian erzürnt: „Das ist eine Erpressung, eine Hasskampagne.“

Der Feuka habe überlegt, Anzeige wegen Erpressung zu erstatten, davon aber bisher Abstand genommen, erklärt Marian. In den Schreiben werden der Tollität auch ein übermäßiger Alkoholkonsum und in Folge dessen aggressives Verhalten vorgeworfen.

Karnevalsprinz weist Vorwurf zurück

Da sei nichts dran, widerspricht Flimm: „Natürlich trinke ich schon mal ein Bier, sonst wäre es ja kein Karneval.“ Aber von maßlosem Konsum könne keine Rede sein – weder im Ornat noch als Privatperson.

Zumeist falle er nach einer Fülle von Terminen müde auf die Couch. „Denn das Ganze ist zwar schön, aber auch anstrengend.“ Er sei „ein ganz ruhiger Typ“, sagt Prinz Winfried II.

Strenges Reglment für die Tollität

Zur Toilette darf der Prinz – abgesehen vom stillen Örtchen selbst – nicht allein. Generell darf er nirgendwo alleine hingehen.

Die Mütze darf die Tollität – beispielsweise bei der Ordensvergabe – nicht selbstständig ausziehen.

Den Stuhl vom Tisch wegziehen, um sich zu setzen? Verboten! Das ist Aufgabe des Adjutanten.

Erst wenn die Tollität seine Mütze auszieht, dürfen das auch die anderen Feuka-Mitglieder, die ihn begleiten. (tom)

Das bestätigt Hajo Bädorf, des Prinzen Adjutant: Bis auf einen Fehler, als sich der Prinz bei der Küfer-Proklamation, einer Kinder- und Jugendveranstaltung, ein Kölsch habe reichen lassen, laufe diese Session mit Winfried II. richtig gut.

„Er wird immer besser“, lobt der erfahrene Prinzenbegleiter die Auftritte der Tollität. Vor allem vor dem Hintergrund der Erpressung sei das bemerkenswert.

Wer auch immer einen Keil zwischen den Feuka und den Prinzen treiben wolle, werde keinen Erfolg damit haben, so Marian: „Wir stehen zu ihm.“ Es gebe natürlich immer etwas zu verbessern, aber die Manöverkritik finde im Feuka intern statt.

„Das Schlimme ist ja, dass sich der oder die Schreiber nicht persönlich an den Feuka gewandt haben, sondern einfach anonym Gerüchte streuten“, schimpft Marian. Dagegen vorzugehen, sei äußerst schwierig.

Karnevalsprinz: „Ich mach' doch meine Ehe nicht kaputt“

Auch Flimms Ehefrau stellt klar, dass die Erpressung keinen Erfolg haben werde. „Ich war natürlich geschockt, als ich das Schreiben an mich in der Hand hielt“, gibt sie zu. Doch sie stehe hinter ihrem Mann.

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Traurig sei für sie, so Daniela Flimm, dass die Regentschaft ihres Mannes durch eine solche Aktion derart getrübt werde: „Er hat 25 Jahre lang davon geträumt, Prinz von Euskirchen zu sein.“ Dem familiären Miteinander sei das natürlich nicht zuträglich, fügt ihr Mann hinzu: „Wir haben zwei erwachsene Kinder. Die fragen natürlich auch, was da los ist.“

Die Tollität und seine Frau machen keinen Hehl daraus, dass das Schreiben Spuren hinterlassen hat. „Natürlich haben wir darüber gesprochen, diskutiert und gestritten“, sagt Winfried Flimm, um direkt hinterherzuschieben: „Ich mache doch meine Ehe nicht kaputt. Wenn ich das treiben würde, was mir vorgeworfen wird, wäre meine Frau nicht mehr da.“

Rätselraten über den Erpresser

Wer aber steckt hinter diesen Schreiben? Marian, Bädorf und die Flimms zucken im Gespräch ratlos mit den Schultern. „Es gibt immer welche, die nicht damit klarkommen, wenn alles gut läuft“, sagt Bädorf, der sich nun aber auf die tollen Tage des Straßenkarnevals konzentrieren möchte.

An diesem Weiberdonnerstag stehen 13 Termine auf dem Programm – der erste um 9 Uhr in der Hans-Verbeek-Schule. Es sei schwierig, so Prinz Winfried II., die Erpressung zu verdrängen. „Das belastet einen“, sagt er.

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Feuka-Präsident Helmut Marian

Dennoch mache ihm das Prinzenamt viel Spaß: „Wenn man zum Beispiel in ein Seniorenheim herzlich empfangen wird, ist das einfach nur schön.“ Auch auf den Rosenmontagszug freue er sich mächtig. Allerdings, so Winfried Flimm, sei er auch froh, wenn dann am Aschermittwoch die nervliche Belastung vorbei sei: „Du bist als Prinz während der Session nie als Privatmensch unterwegs.“

Bereut er, das Amt übernommen zu haben? „Nein! Definitiv nicht,“ antwortet Flimm spontan – trotz dieser Attacken.

Winfried II. will sich auf den Straßenkarneval konzentrieren

Die vergangene Woche, das wurde deutlich, hat bei der Tollität und seiner Frau Spuren hinterlassen. Und das wenige Tage vor dem Höhepunkt der Session – dem Straßenkarneval. Jetzt gilt es, die unschönen Geschehnisse zu verdrängen.

In den kommenden Tagen wolle er nicht mehr daran denken, was ihm diese Zeit zu einem gehörigen Teil vermiest habe. „Wir werden diese Tage genießen“, gibt der bald scheidende Feuka-Präsident Marian die Marschrichtung vor. Ansonsten hätten ja die gewonnen, die das offensichtlich verhindern wollten.