Amazon, Maxdome, NetflixDiese Filme und Serien sollten Sie im April nicht verpassen
- Zwar sind die Kinos noch auf absehbare Zeit geschlossen, jedoch liefern die Streamingdienste derzeit ganz große Filme am laufenden Band.
- Unsere Kritiken und was Netflix und Co. neu ins Programm aufgenommen haben lesen Sie hier.
1) Rocketman
In New York ist der Teufel los. Er trägt einen Latex-Ganzkörperanzug in Orange, an den Schultern sind Flügel montiert; dazu eine Kappe, aus der Plastik-Flämmchen züngeln, und eine aberwitzig große Brille, an der die halbe Schaufensterauslage eines Herstellers von Strasssteinchen angeklebt ist. Haltlos überdreht platzt der Mann in eine Sitzung der Anonymen Drogenabhängigen, und dann erzählt er die Geschichte seines Lebens.
Sehr originell eröffnet dieser Film, der das große Pech hatte, dass er sieben Monate nach „Bohemian Rhapsody“ in die Kinos kam und damit auf ein Publikum traf, das nach dem Queen-Mercury-Taumel nur noch müdes Interesse für Elton John aufbringen mochte.
Ein richtig guter Film, der Pech hatte
Das war ein Fehler, denn nicht nur erzählt Dexter Fletchers „Rocketman“ eine packende Biografie, es ist auch ein mitreißendes Musical und – das wichtigste überhaupt: es ist ein richtig guter Film.
Zwischen Watford und Wembley liegt die Ortschaft Pinner. Es ist das dunkle Teenager-Zeitalter zur Mitte der 1950er Jahre, weil Rock’n’Roll noch nicht erfunden ist. Aber als es so weit ist und seine Mutter („Jurassic World“-Amazone Dallas Bryce Howard, hier mit Pausbacken und Speck an Armen und Hüften) ihm das erste Elvis-Presley-Album auf Langspielplatte schenkt, geht für den pummeligen Reggie Dwight der Himmel auf.
Der Junge ist musikalisch talentiert. Kaum sitzt er am Klavier, kann er Melodien aus dem Gedächtnis nachspielen, weshalb man ihn für einen Klavierkurs an der Royal Academy of Music anmeldet. Reggies Vater, ein frustrierter Ex-Militär ohne Bindung zu Frau und Sohn, verlässt das Haus. Die Mutter angelt sich einen neuen Lebensgefährten.
Es ziehen zwar nun noch einige Jährchen der persönlichen und musikalischen Entwicklung ins Land, bis Reggie Dwight und sein Freund und Texter Bernie Taupin (Jamie Bell, der den Früh-70er-Look sehr gut tragen kann) einen Plattenvertrag erhalten und eine Tour durch die USA antreten. Und man erlebt, wie genau Regisseur Fletcher das Wechselspiel von Musical, Rockmusik und Kino verstanden hat.
Drama, Liebe und Musik
Nach „Make My Heart Fly – Verliebt in Edinburgh“ (mit den Songs der Proclaimers) und „Bohemian Rhapsody“ hat er nun mit „Rocketman“ einen Film vor, bei dem Elton John als Geldgeber, Berater und Songschreiber (die Motown-Nostalgienummer „I’m Gonna Love Me Again“ errang Oscar und Golden Globe für den besten Filmsong) mitmischte und trotzdem keinen Egotrip zuließ.
Es gibt großes Drama (liebloser Vater, indifferente Mutter, Homosexualität, enttäuschte Liebe, übermäßiger Drogenkonsum) und den Rausch einer Musik, die alle großen John-Hits der 70er (nur nicht die US-Nr. 1-Hits „Philadelphia Freedom“ und „Island Girl“) auffährt.
Für die Titelrolle besetzte man Taron Egerton, der Nachwuchsagent Eggsy aus den „Kingsman“-Filmen, der den jungen Elton John so echt und unverwechselbar spielt, dass die Szenen wie aus einer Zeitmaschine gepurzelt scheinen. Egerton beherrscht die leisen und die lauten Töne, er singt sogar wie Elton John. Dieser Film rockt. (Uwe Mies)
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2) M.C. Escher - Reise in die Unendlichkeit
„Ich fürchte, es gibt nur eine Person, die einen guten Film über meine Drucke machen kann; ich selbst.“ So schrieb es M.C. Escher 1969 in einem Brief an einen amerikanischen Sammler. Regisseur Robin Lutz und Co-Autorin Marijnke de Jong fanden einen bislang kaum genutzten Kniff, indem sie den Künstler gemäß seiner Tagebücher, Briefe, Vorträge und Kataloge tatsächlich selbst zu Wort kommen lassen. Zeitgenössische Fotos und Filmmaterial ergänzen das gedankliche Grundmaterial des Mannes, der 1898 in Leeuwarden als jüngster von fünf Söhnen eines Ingenieurs zur Welt kommt, sich nach abgebrochenem Studium der Architektur, dem Holzschnitt und anderen grafischen Techniken zuwendet und 1936 versucht, die Illusion der Unendlichkeit in seine Werke zu bannen.
Es gibt keine einzige überflüssige Minute in diesem Film
Es ist kaum zu fassen, wie lebendig und unmittelbar diese autobiografische Filterung in einer von Gewalt durchdrungenen Zeit das Leben und Wirken des Mannes erfahren lässt, der sich selbst vor allem als Mathematiker begriff. Landschaften heute werden in Bezug gesetzt zu Fotos und der künstlerischen Umsetzung im Holzschnitt, der die Grundlage für die Drucke darstellt, die Escher zu einer Ikone der Populärkultur des 20. Jahrhunderts werden lassen. Digitale Eingriffe entlang der Wände der Alhambra führen vor Augen, wieso Escher wiederkehrende Muster, Flächen und Linien wie kein anderer erkennen und neu gestalten kann. Dieser Blick ermöglicht erst die Werke, mit denen Escher nach Kriegsende zu Weltruhm gelangt – Treppen, die innerhalb eines Raums hinauf- und zugleich hinabführen; Muster, die sich im Unendlichen verlieren.
Es gibt keine einzige überflüssige Minute in diesem Film, der so unwiderstehlich zu faszinieren vermag, weil er – auch dank Matthias Brandt, der Escher intelligent und einfühlsam seine Stimme leiht – Kunst so unterhaltsam begreifen lässt. Maurits Cornelis Escher starb 1972 in Hilversum. Er hat 2018 einen fabelhaften Film über sich und seine Arbeit gemacht. (Uwe Mies)
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3) Skin
Diese Tätowierungen sind keine Schönheitssignale. Was Bryon Widner an Rücken und Oberkörper bis hinauf in die Stirn auf der Haut trägt, sind Zeichen der Überlegenheit und der Anerkennung für konsequente Gesinnung und ebensolches Handeln. Bryon ist Rechtsradikaler und Rassist; zuletzt hat er einem demonstrierenden Schwarzen das Gesicht zerschnitten. Darauf ist er allerdings nicht stolz, sehr zum Missfallen seiner Zieheltern. Denn Fred und Shareen Krager (Bill Camp und eine furchterregend manipulative Vera Farmiga) sind die Anführer eines Clans, der sich Vinlanders nennt und weiße Vorherrschaft predigt.
Das dunkle Herz des Landes
Amerikas Hinterland, wo die Männer grundsätzlich Jeans und Baseballmütze tragen, immer eine Flasche Bier bereit steht und die Perspektiven so trübe sind wie der Bildungsgrad, ist das dunkle Herz des Landes. Hier bilden Schnaps, Drogen und rechte Gewalt einen gefährlichen Mutterboden. Insofern ist nicht Tony Kayes „American History X“ die nächste Verwandtschaft dieses Films, sondern sie findet sich in Debra Graniks „Winter’s Bone“ und Scott Coopers „Auge um Auge“. Auch diesmal geht es um Selbstfindung in der nach einem wahrem Fall erzählten Charakterstudie von einem, der durch demonstrative Härte zu Ruhm kam, bis ihm jeglicher Halt unter den Füßen entglitt und das Undenkbare Realität wurde – er begann umzudenken. Ausgangspunkt dafür ist die Begegnung mit Julie Price (Danielle Macdonald als Antithese des in Hollywood etablierten Schönheitsideals), einer alleinerziehenden jungen Mutter von drei Töchtern.
In einer Rahmenhandlung zeigt der israelische Filmautor Guy Nattiv die schmerzhafte Prozedur, wie Bryon in 24 Sitzungen ohne Betäubung die Tätowierungen entfernt werden. Jamie Bell, einst aufmüpfiger Tänzer in „Billy Elliott“, ist jetzt unter den Charakterdarstellern des Ü30-Lagers der neben Ben Foster einzige ernstzunehmende Protagonist für Männer mit zerbrochenen Seelenlandschaften unter muskulösem Panzer. (Uwe Mies)
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Serien-Tipps
4) Unorthodox
Ausgerechnet im Wannsee, in Sichtweite der Villa, in der die Nazis 1942 den Holocaust beschlossen, legt die junge Jüdin Esther „Esty“ Shapiro (Shira Haas) als Akt der Emanzipation ihren Sheitel ab, jene Perücke, mit der sie als verheiratete Frau ihren Kopf bedecken muss. Die 19-Jährige wuchs in der ultraorthodoxen jüdischen „Satmarer“ Chassiden-Gemeinschaft im New Yorker Stadtteil Williamsburg in Brooklyn bei ihrer Großmutter auf.
Doch die arrangierte Heirat mit Yakov (Amit Rahav) ist unglücklich. Esty soll möglichst schnell ein Kind bekommen, darf nicht singen, keine Ausbildung machen, nicht selbst über ihr Leben bestimmen. Die ultraorthodoxe Gemeinde sieht den Holocaust als Strafe Gottes für die Assimilation der Juden. Als sie es nicht mehr aushält, flieht die junge Frau nach Berlin, wo ihre Mutter lebt, und träumt von einer Karriere als Pianistin.
Maria Schrader hat das Buch von Anna Winger und Alexa Karolinski, das auf dem Roman „Unorthodox“ von Deborah Feldman basiert, einfühlsam und mit starken Bildern umgesetzt. Sie zeigt die starre Welt der Gemeinde, aber auch ihre Traumata, die dazu führen, dass die Regeln ihnen Halt geben. Gesprochen wird überwiegend Jiddisch. Vielleicht kommt Berlin in der Serie als utopischer Sehnsuchtsort etwas zu gut weg, aber Estys Entwicklung zu folgen ist vor allem dank der grandiosen Shira Haas ein Ereignis. (Anne Burgmer)
Zu Sehen bei Netflix.
5) Der Brief für den König
Auch wenn die neue Netflix-Serie „Der Brief für den König“ in der ersten Folge noch aussieht, wie eine düstere Fantasy-Saga, der Rest der sechsteiligen Miniserie ist eher für jüngere Zuschauer konzipiert. Nicht ohne Grund liegt die Alterseinstufung hier bei sechs Jahren.
Zu Beginn gelangt Tiuri (Amir Wilson), ein Ritter in der Ausbildung, in einer finsteren Nacht plötzlich an eine Schriftrolle, die ihm von einem im Sterben liegenden Ritter übergeben wird. Er soll diese zum König bringen und kann dabei auch auf den treuen Gefährten des Ritters zurückgreifen. Ein mächtiges Pferd, welches ihn fortan durch das Abenteuer begleitet. Damit der naive Tiuri den richtigen Weg findet, tritt zudem die mysteriöse Lavinia in sein Leben.
Die Serie basiert auf den Fantasy-Romane der niederländischen Autorin Tonke Dragt und erinnert ein wenig an die Zeit, als Fernsehsender noch Weihnachtsserien für das junge Publikum produzierten. Vor allem Pferdeliebhaber werden an „Der Brief für den König“ ihre Freude haben, sind die Vierbeiner hier weit mehr als nur Statisten. (mr)
Zu sehen bei Netflix.
Am langen Oster-Wochenende gibt es außerdem zahrleiche Animationsfilme zu entdecken, deren Potenzial man mitnichten verkennen sollte und die nicht nur die Kleinen unterhalten.
Wir wünschen frohe Ostertage.