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Museums-Check Schnütgen MuseumDie wundersame Welt des Mittelalters

Lesezeit 4 Minuten
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Lebensechte  Konsolbüste (um 1390) aus der berühmten  Werkstatt der Künstlerfamilie Parler (Vorraum von St. Cäcilien)

Köln – Man muss schon bibelfest sein, um im Museum Schnütgen nicht auf Schritt und Tritt ins Wundern, Staunen oder Rätselraten zu verfallen: Warum sitzt Jesus noch mal auf einer Eselin, wem gehört der abgeschlagene Kopf hier auf der Schale und wer füllt dort zahlreich den Hintergrund, während die Heiligen Drei Könige das neugeborene Jesuskind beschenken?

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Altaraufsatz nach Vorbildern der niederländischen  Malerei, meisterlich aus  einem Stück Eichenholz geschnitzt (1480-85) 

Bei anderen Fragen hilft auch die Bibel nicht weiter: Was treibt der hölzerne Henker unter all’ den Heiligenfiguren und warum trägt er als einziger keinen Bart? Die Antwort findet sich in der mittelalterlichen Glaubens- und Lebenswelt.

Direktor Moritz Woelk über sein Museum

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Museumsdirektor Dr. Moritz Woelk

Das Museum Schnütgen zeigt eine in Deutschland einzigartige Sammlung mittelalterlicher Kunstwerke. Sie stammen überwiegend aus dem Rheinland, aber auch aus zahlreichen anderen Regionen Europas.

Besonders eindrucksvoll ist die handwerkliche Qualität der buntfarbigen Skulpturen, der Goldschmiedearbeiten, Textilien und Glasmalereien. Viele Objekte haben interessante Geschichten, sei es durch ihre Herkunft oder durch Veränderungen, die im Laufe der Jahrhunderte an ihnen vorgenommen wurden.

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Die Farben der Glasmaler leuchteten heller als jedes Gemälde und gaben einen Vorschein aufs Himmelreich. 

Und: Sie verkörpern die besondere Lebendigkeit der im Mittelalter entstandenen Kunst.

Ein Schlitzohr und Kunstkenner vor dem Herrn

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„Sammelt die Fragmente, damit sie nicht verloren gehen“, war die Devise von Alexander Schnütgen (1843-1981), Gründer des Schnütgen Museums in Köln.

„Sammelt die Fragmente, damit sie nicht verloren gehen“, ermunterte Alexander Schnütgen (1843-1981) seine Zeitgenossen und ging mit leuchtendem Beispiel voran. Bald war der Kölner Domkapitular nicht nur in seiner Heimatstadt bestens bekannt, sondern auch auf den Straßen und in den Dörfern der Region, und überhaupt überall dort, wohin die Säkularisierung die Kirchenkunst verstreut hatte. Kein Fundstück war ihm zu gering, um es seiner rasch wachsenden Sammlung einzuverleiben, und gelegentlich auch kein Winkelzug zu schade, um es möglichst günstig in seinen Besitz zu bringen.

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Recycling im Mittelalter: Ein Blick auf die Rückseite verrät, dass dieses Bogenfeld aus der Kölner Kirche St. Cäcilien teilweise aus wiederverwendeten römischen Steinen besteht.

Braven Bäuerinnen schwatzte er kleine Kostbarkeiten für ein paar Groschen ab, und einem Jüngling, der dumm genug war, ihm eine Heiligenfigur mit sattem Gewinn verkaufen zu wollen, dankte er recht herzlich für die warme Spende und schickte ihn mit einem Paar Zigarren heim. Aber selbstredend war der in Essen geborene Kaufmannssohn nicht nur ein Schlitzohr und Genussmensch von Format, sondern vor allem ein leidenschaftlicher Sammler und Experte für sakrale Kunst.

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Ein Kopf aus der Kathedrale von Chartres, der „Sixtinische Kapelle des Mittelalters“, so Moritz Woelk (im Zugang)  

Als solcher weckte er eigentlich erst das Bewusstsein für die Schönheiten der mittelalterlichen Handwerkskunst und verteidigte diese vehement gegen die Stilrichtungen der Moderne. Als seine Sammlung im Jahr 1906 auf rund 13000 Stücke angewachsen war, schenkte er sie der Stadt Köln, auf dass diese eine dauerhafte Heimat für sie schaffe; den gegenwärtigen Künstlern sollte sie ein Vorbild sein.

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Lebensechte  Konsolbüste (um 1390) aus der berühmten  Werkstatt der Künstlerfamilie Parler (Vorraum von St. Cäcilien)

Alexander Schnütgens Leben ist reich an Anekdoten, selbst auf dem Sterbebett lieferte er sie frei Haus: Als ihm der Priester das Kreuz entgegenhielt, soll sich dieser mit letzter Kraft empört haben: „Schlechtes vierzehntes Jahrhundert“. Hoffentlich konnte er dennoch in Frieden einschlafen. Am 24. November 1918 starb Alexander Schnütgen auf seinem Alterswohnsitz im sauerländischen Listernohl.

Steckbrief des Museum Schnütgen

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Das Museum Schnütgen bietet eine der bedeutendsten Sammlungen mittelalterlicher Kunst in Europa. 

Die Sammlung von Kunstwerken des Mittelalters gehört zu den bedeutendsten dieser Art in Europa. Sie wird vorwiegend in der romanischen Kirche St. Cäcilien präsentiert, was den doppelten Charakter der Objekte als Kunstwerke und (entweihte) heilige Gegenstände unterstreicht.

Öffnungszeiten:Di.–So. 10–18 Uhr,Do. 10–20 Uhr, jeden ersten Donnerstag im Monat 10–22 Uhr,Tel. (0221) 221 313 55.www.museum-schnuetgen.de

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Museum Schnütgen

Anreise:

Museum Schnütgen, Cäcilienstr. 29-33, Köln,

Mit dem öffentlichen Nahverkehr bis Haltestelle Neumarkt (Bahnlinien 1,3,4,7,9,16,18 und Buslinien 136, 146), fünf Minuten Fußweg von Haltestelle Poststraße. Mit dem Auto in die Tiefgarage Cäcilienstraße, direkt unter dem Museum, Einfahrt über die Cäcilienstraße.

Eintritt:

6 Euro/3,50 Euro ermäßigt, freier Eintritt für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.

Angebote für Kinder

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Gestorben als Märtyrer, wiederauferstanden als Reliquienbehältnis und Wundermittel gegen Kopf- und Halskrankheiten:  Johannesschüssel nach Johannes dem Täufer

Der Eintritt für Kinder und Jugendlich bis 18 Jahre ist wie in allen städtischen Kölner Museen frei. Kostenlos sind auch Kinderführungen wie die „Drachentour“ mit Handpuppe, dazu gibt es Lesungen, die Schnütgensafari mit anschließendem Tiere malen (ab 5 Jahre, ca. 11 Euro inklusive Materialien) und Mitmach-Kurse zu Themen wie „Schatzkiste“ und „So viele Drachen“.

Umgebung und Cafe

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Der Priester stand  mit dem Rücken zur Gemeinde, sein Umhang ist eine Leinwand (ehemaliges Foyer)

Attraktionen in der Nähe: Im selben Museumsbau befindet sich das Rautenstrauch-Joest-Museum für die Kulturen der Welt, die Kunst-Station St. Peter ist gleich um die Ecke und auch die preisgekrönte Stadtbibliothek nicht weit. Am Neumarkt liegen das Auktionshaus Lempertz sowie das Käthe Kollwitz Museum.

Online: Unter der Bildschirmlupe

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Schwertknauf des Heiligen Georg mit Schmetterling und Drachenblut (nicht im Bild)

„Die Kunst des Mittelalters erleben“ ist das Motto des Museum Schnütgen – und dieses Erlebnis lässt sich auch im Internet gut an. Zahlreiche Sammlungsstücke können unter der Bildschirmlupe im Detail betrachtet werden, dafür ist der Textanteil vergleichsweise spärlich ausgefallen.

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