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Wandern auf dem RothaarsteigMit Hunden unterwegs auf der Oberhundemer Bergroute

Lesezeit 7 Minuten
Ein Rucksack und zwei Paar Schuhe stehen vor einer Aussicht des Rothaarsteigs.

Pause mit Weitsicht – am Ende der schönen Rothaarsteig-Spur Oberhundemer Bergroute.

Mit zwei Hunden den Rothaarsteig im Sauerland erklimmen – und das an einem sehr heißen Tag? Das geht. Und lohnt sich.

Zugegeben, uns ist schon ein wenig mulmig zumute, dass wir einen extrem heißen Tag erwischt haben, um mit zwei Hunden den Rothaarsteig zu erklimmen – genauer gesagt, die Oberhundemer Bergtour liegt vor uns: 11,6 km, 446 Höhenmeter – auf Eselpfaden durch das Sauerland. Doch während das Thermometer in Köln auf über 30 Grad klettert und die schwüle Luft in der Stadt kaum auszuhalten ist, weht uns zumindest in den ersten Stunden unserer vierstündigen Rundwanderung eine angenehme Brise um die Nase. Willkommen im Sauerland.

Wir sind unterwegs auf einer der 13 Rothaarsteig-Spuren, die sich mit Längen von sieben bis 23 Kilometern als gute Tages-Rundtouren auf dem „Weg der Sinne“ anbieten – wie sich der Rothaarsteig im Untertitel nennt: „Mitten in Deutschland erdet er auf 154 aussichtsreichen Kilometern Sinne, Geist und Seele und stillt Ihre Sehnsucht nach Geborgenheit“, heißt es im Prospekt. Ob das stimmt, werden wir sehen.

Aussicht auf Berge im Sauerland, im Vordergrund eine Tanne

Tannenland Sauerland – tolle Ausblicke am Rothaarsteig

Von der alten Hansestadt Brilon im Sauerland bis zur Oranierstadt Dillenburg in Hessen verläuft die Hauptstrecke des Rothaarsteigs. In acht Etappen geht es auf dem Weitwanderweg über den Kamm des Rothaargebirges, sogar über die zwei höchsten Berge Nordrhein-Westfalens (Langenberg mit 843 Metern und der bekanntere Kahler Asten bei Winterberg, der mit 842 Metern nur einen Zentimeter weniger misst) und vorbei an insgesamt elf Quellen – darunter Ruhr- Sieg-, Dill,- und Lahnquelle. Sportliche Wanderer können auf sechs Etappen verkürzen, wer es gemütlicher mag, kann auf zwölf Etappen wandern – oder eben wie wir, auf die Partner-Rundwege ausweichen, die Rothaarsteig-Spuren.

Start der Tour Oberhundemer Bergtour

Start unserer Bergtour ist am „Haus des Gastes“ in dem bilderbuchhaften Fachwerkdorf Oberhundem auf 421 Metern. Noch forschen Schrittes laufen wir durch den kleinen Kurpark mit Minigolfplatz, wo unser Blick prompt an einem großen Kneippbecken hängen bleibt: Verlockend ist der Gedanke, die Füße jetzt schon einzutauchen, doch wir treiben uns gegenseitig weiter und das Kneippbecken wird unser Zugpferd und krönender Abschluss der Tour werden. Weiter geht es kurz die Straße hinauf, um links auf einem Feldweg bergauf aus dem Ort zu gelangen, bald tauchen wir auf einem ersten Pfadstück in den Tannenwald ein.

Vogelgezwitscher begleitet uns zum ersten Highlight, den Oberhundemer Klippen, einer schroffen Felsformation mitten im Wald. Wenig später treffen wir auf den Hauptweg des Rothaarsteigs mit seiner einprägsamen Markierung: weißes liegendes R auf rotem Grund, dem wir ein Stück folgen. Moosbewachsene Baumstümpfe, wilde Pilzformationen und pinkfarbener Fingerhut drängen sich unter hochgewachsenen Fichten, die hier noch weit in den Himmel ragen.

Wo Kyrill neue Weiteblicke geschaffen hat

Für viele der heutigen Traumaussichten hat Kyrill gesorgt. Im Januar 2007 wütete der Orkan mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 137 km/h, besonders stark im Sauerland. Rund um den kahlen Kahleberg (711 Meter) auf etwa der Hälfte der Strecke hat Kyrill den kompletten Hang entwaldet. Doch längst haben sich die Pflanzen die Lichtinseln zurückerobert.

Eine Bank und eine Infotafel an einem Aussichtspunkt im Sauerland

Blick auf das Milchenbachtal am Rothaarsteig.

Vom Aussichtspunkt blicken wir nach unten über das Milchenbachtal. Eine kurze Begegnung mit einem älteren Paar aus Holland, um die 70, zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Man grüßt sich und bewundert gemeinsam den Blick. Er sagt mit holländischem Hauch: „Wir kommen schon seit 30 Jahren hier her. Das Sauerland ist einfach so wunderschön, so wunderschön.“ Wir betrachten gemeinsam die kahlen Flächen. Sie sagt: „Es verändert sich immer wieder, manchmal durch Käfer, manchmal durch Sturm, aber es bleibt einfach so wunderschön“.

Nach etwa zwei Dritteln der Tour erreichen wir ein weiteres Highlight: das traumhaft gelegene „Alpenhaus“. Das ursprünglich als Sauerlandhütte des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins gegründete Einkehrhaus stammt von 1934, seit 2007 ist es in Privatbesitz.

Frontansicht Alpenhaus

Das Alpenhaus zum Einkehren

Leider hat das Alpenhaus zum Zeitpunkt der Wanderung nur für Übernachtungsgäste geöffnet. So wird aus unserer geplanten Einkehr ein Picknick auf der Terrasse mit Traumausblick und einem Kaltgetränk aus einem Selbstbedienungskühlschrank. Auftanken können wir trotzdem ganz wunderbar, auch wenn wir das urige Steinhaus gerne auch von innen gesehen hätten. Dafür müssen wir dann wohl noch einmal wieder kommen.

Das letzte Stück vom Alpenhaus bis zum Kurpark zurück ist für uns das schönste. Auf schmalen Eselpfaden geht es leicht bergab, mal durch dichten Wald, mal über Lichtungen. Wiesenwege führen zwischen jungen Tannenbäumen in frischen grünen Kleidern hindurch. Blaubeeren wachsen hier bald am Wegesrand.

Blick auf Berge und Bäume des Sauerlands

Wunderschöner Blick von der Terrasse des Alpenhauses.

Die Luft, der Atem, alles fließt tief und fühlt sich gut an – trotz der inzwischen recht warmen Mittagstemperaturen. Das Zwitschern von Buchfink und Tannenhäher hallt durch den tiefen Wald. Ein sehr wohliges Gefühl legt sich über uns. Hier und da kommen wir vom Weg ab, doch das stört kaum. Seinem Namen „Weg der Sinne“ wird der Rothaarsteig auf diesem Abschnitt gerecht.

Nach einem steilen Abstieg stehen wir plötzlich ein wenig überrascht und wehmütig am Waldrand. Felder und Fachwerkhäuser im Tal blitzen durch die Bäume hindurch: Ich bin ein wenig traurig über das Verlassen der Stille. Auf einer breiten Rothaarsteig-Holzliege sammeln wir unsere Gedanken und geschärften Sinne und blicken über frisch gemähte Wiesen auf Oberhundem – während sich die Hunde hechelnd zwei kühle Gruben im Schatten unter unserem Waldsofa mit Aussicht buddeln. Es ist heiß. Wir bieten ihnen unser letztes Wasser an und gehen durstig und mit schweren Beinen Richtung Zivilisation – durchs Dorf und endlich rein ins Kneippbecken. Es gibt viel zu entdecken rund um den Rothaarsteig. Wir kommen wieder, vielleicht im Winter, wenn die Tannen schneebedeckt sind – so wie es sich gehört im Sauerland.


Diesen Weg sind wir zuletzt im Sommer 2022 gewandert.


Infos zur Rothaarsteig-Spur Oberhundemer Bergtour:

Start/Ziel: Wanderportal/Infozentrum Naturpark Sauerland-Rothaargebirge am Kurpark, Oberhundem (421 Meter) | Länge: 11,6 Kilometer | Dauer: 4 Stunden und 15 Minuten | Profil: Aufstieg/Abstieg 364 Höhenmeter, viele Schotterwege auf der ersten Hälfte des Weges, danach schöne schmale Waldpfade

Schuhe stehen vor einem Kneippbecken

Füße Abkühlen im Kneippbecken am Ende der Wandertour ist wie ein Geschenk.

Markierungen am Rothaarsteig: Der Rothaarsteig Hauptweg von Brilon nach Dillenburg ist mit einem weißen, liegenden R auf rotem Grund gezeichnet. Die Zu- und Abgangswege des Rothaarsteigs sind mit einem schwarzen, liegenden R auf gelbem Grund markiert. Die Rundwanderwege, die sogenannten Rothaarsteig-Spuren, sind mit einem weißen, liegenden R auf schwarzem Grund gekennzeichnet.

Anfahrt: Mit dem Auto aus Köln rund 105 Kilometer über A4 in Richtung Olpe, Ausfahrt Krombach, Richtung Kirchhundem bis Oberhundem, Parken am Haus des Gastes (Kurpark) | ÖPNV: Bis Altenhundem mit der Bahn, Bus R36 nach Oberhundem

Einkehren: Alpenhaus, Familie Frank Tauscher, Alpenhaus 1, 57399 Kirchhundem, www.alpenhaus.de | Gasthof zu den Linden (Brüggemanns), Familie Greitemann, Hauptstraße 15, 57399 Kirchhundem-Oberhundem, 02723/72625, www.gasthof-zu-den-linden.de | Landgaststätte Zum Rothaarsteig, Familie Tillmann, Schwartmecke 28, 57399 Kirchhundem-Schwartmecke, 02723-688322, www.gaststaette-rothaarsteig.de

Übernachten: Alpenhaus, www.alpenhaus.de, Pension Oberhundem, eine ganze Reihe von Unterkünften am Rothaarsteig unter www.rothaarsteig.de/rothaarsteig/ukv

Sehenswürdigkeiten: Oberhundemer Klippen, Schloss Adolfsburg, barockes Wasserschloss am Ortseingang von Oberhundem (Privatbesitz, kann nur von außen bewundert werden), aber es gibt Ferienwohnungen im Schloss, schloss-adolphsburg.de

Allgemeine Infos zum gesamten Rothaarsteig:

Start/Ziel: Brilon-Marktplatz / Dillenburg | Länge: 154,7 Kilometer | Profil: 3064m Aufstieg, 3291m Abstieg, Qualitätsweg Wanderbares Deutschland, Ganzjahreswanderweg, der auch im Schnee bewandert werden kann. | Tipp: Es gibt 13 Rothaarsteig-Spuren, die als Rundwanderwege am Rothaarsteig angelegt sind.

Anreisetipps: Wer mit dem Auto anreist, sollte dieses bei Etappenwanderungen am Zielort parken, um dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Startpunkt der Wanderung zu fahren. Sogenannte ÖPNV-Touren bieten sich an, wenn man ohne Auto unterwegs ist: 1. Von Hilchenbach nach Lützel (13,1 Kilometer), 2. Langewiese nach Winterberg (10,2km) und 3. Hoheleye nach Bad Berleburg (15,5 Kilometer), rund um Schmallenberg fährt ein „Wander- und Sightseeingbus“ hinauf zu den Kämmen des Rothaarsteigs sowie in die Orte an den Zugangswegen.

Übernachten: Pensionen, Hotels und über 40 Campingplätze und Stellplätze am Rothaarsteig finden Sie unter www.rothaarsteig.deCampingplätze: www.rothaarsteig.de/camping

Sehenswürdigkeiten: Bruchhauser Steine, Kyrillpfad, Wisent-Wildnis, Hängebrücke, Langenberg als höchster Berg in NRW, Hansestadt Brilon. Im Rahmen des Artenschutzprojekts Wisent-Welt Wittgenstein in Bad Berleburg wurde eine Herde frei lebender Wisente direkt am Rothaarsteig angesiedelt. www.wisent-welt.de