Volker Seibert, Chef der gleichnamigen Bar am Friesenwall, ist weltberühmt für die Drinks aus seiner „Liquid Kitchen“. Ein Besuch.
Kolumne SchönTrinkenDie Seiberts-Bar ist eine Ausnahme-Institution in Köln
Die Frage ist nicht, welches der beste Tag ist, um die Seiberts Bar aufzusuchen, sondern viel mehr, zu welcher Stunde sich dort Zeit auf die angenehmste Art und Weise verbringen lässt. Wusste man bislang die Blue Hour für einen Aperitif zu schätzen, empfiehlt der Chef den frühen Samstagnachmittag. „Kommen Sie um drei Uhr, es wird Ihnen gefallen“, sagt Volker Seibert.
Samstagnachmittag also. Ungewohnt knallige Januarsonne fällt auf den Asphalt, in der Nachbarschaft schieben sich unzählige Menschen fast in Frühlingslaune über die Ehrenstraße. Aber sobald nach dem Klingeln die Tür geöffnet wird, man am geschwungenen Eichentresen Platz gefunden hat, schwindet das unwirkliche Gefühl in der diffusen Atmosphäre zwischen hell und dunkel, Tag und Nacht. Nirgendwo lässt sich besser ins Wochenende gleiten.
Seibert steht seit 32 Jahren als Barkeeper hinterm Tresen
Schwere Samtvorhänge hindern das Tageslicht, sanfte Musik wabert, leises Stimmengewirr verliert sich in der Luft, ein Duftgemisch von schweren Lilien und frischen Noten gepresster Zitruszesten erfüllt den übersichtlichen Raum mit dem dunklen Mobiliar. Die Flaschen, Spirituosen, Liköre, Essenzen und hausgemachte Infusionen vor der verspiegelten Wand sind sanft illuminiert, die Gäste versinken in opulenten Chesterfield-Sofas und kleinen Sesselchen. Wie sich herausstellt, ist die „Südkurve“, wie Seibert den Tresenschwung nennt, ein genialer Platz. Jahrhundertelang diente er in New York als Kirchenbank.
Freie Sicht auf die Liquid Kitchen. Die Nähe zum Chef und seiner Crew ist gegeben. Sie wissen, ihre Gäste zu umsorgen, sie in Ruhe zu lassen, wenn sie im Gespräch vertieft sind, sie zu unterhalten, bei aufkommender Langeweile. Seibert ist Profi. Seit 32 Jahren steht er als Barkeeper hinterm Tresen, er wurde mit den höchsten Preisen des Mixology-Metiers ausgezeichnet, bald feiert seine Bar zehnjähriges Jubiläum.
Volker Seibert achtet auf saisonale Zutaten
Seine eigenen Kreationen machten ihn weltberühmt. Die Karte liest sich wie eine Offenbarung. Er achtet auf saisonale Zutaten – die Zeit der sizilianischen Blutorangen beginnt genau: jetzt! Was im Winter Cocktails mit dunklem Rum sind, etwa „Omas Zwetschgenkuchen“ oder „Wiener Mandel“, sind im Sommer Daiquiris mit exquisiten Mieze-Schindler-Erdbeeren, oder Waldfrucht-Mai Tai. Auf der Karte gibt es eine sagenhafte Anzahl an Champagner-Cocktails.
Fragt Seibert den Gast nach bevorzugten Richtungen, trifft er traumwandlerisch den Geschmack und serviert auf die Wünsche „lieber bitter als süß, bevorzugt sauer und herb“ seine Klassiker wie „Bergamotten Creme“, ein butterweiches Eis mit Rum, oder „La Vie est belle“, ein Cocktail, der in der hohen Schale Birnenbrand mit Vermouth eint, essbare Blüten scheinen auf den Champagnerperlen zu tanzen. Die Wirkung vom beteiligten Safran macht sich direkt bemerkbar: Er macht glücklich. Zumindest stimmt der ganze Zauber drumherum.
Was man am Tresen natürlich nicht sehen kann, ist die Energie, die Seibert hinter den Kulissen in die Entstehung der hochprozentigen Drinks fließen lässt. Sizilianische Blutorangen zu Sorbets zu rühren oder Kölner Leitungswasser auf Härtegrad Null zu entkalken – für den perfekten Eiswürfel versteht sich.
Kurz: Das Seiberts ist eine absolute Ausnahmeinstitution, für Köln sowieso. Ein Kleinod für kultiviertes Trinken, ohne Chichi.
Die Seiberts-Bar in Kürze:
- Was muss man unbedingt probieren? Den Aperitif-Klassiker Three Wishes Gin Tonic. Mit Campari-Rädern, Grapefruit-Zesten, Zitronen, Kardamom. 18,00 Euro
- Was kosten die Cocktails? Zwischen 12,50 und 19,00 Euro. Alkoholfreie Cocktails bis 13 Euro.
- Gibt es auch Kölsch? Craft-Beer, 5,00 Euro.
- Wer geht dahin? Viele Stammgäste. Menschen, die die gediegene, aber lockere Kunst am Tresen, aber keine Jogginghosen schätzen.
- Wie alt sind die Gäste? Ab 21 bis 100
- Welches ist der beste Tag? Mit 75 Gästen ist die Bar voll. Egal an welchem Tag.
- Gibt es was zu essen? Kleinigkeiten wie Käseteller, hausgemachte Frikadellen, Coppa-Schinken
- Musik? Läuft dezent im Hintergrund.
- Das Besondere: Die Terrasse, der „Liquid Garden“.
Seiberts, Friesenwall 33, 50672 Köln, Öffnungszeiten, Di - Do 16 bis 24 Uhr, Fr 16 - 1 Uhr, Sa 14 - 1 Uhr, über Karneval ist komplett geschlossen. Ab 15. Februar 2024 ist wieder offen. seiberts-bar.com