Yoga mit KindYoga mit Kindern stärkt die Beziehung
Köln – Yoga mit Kind? Was vielen vielleicht seltsam erscheint, ist laut Yogalehrerin Sonja Zernick Normalität. Schließlich hat sie sogar ein Buch darüber geschrieben. Bei spielerischer Herangehensweise soll Yoga mit Kindern die Beziehung stärken. Wir haben mitihr darüber gesprochen.
Frau Zernick, können Sie sich noch an den Moment erinnern, in dem Sie dachten: Yoga mit meinem Sohn wäre eine gut Idee?
Sonja Zernick: Ich habe damals in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet, war alleinerziehend und hatte wenig Zeit für meinen Sohn. Nach der Schule war er bei der Tagesmutter und irgendwann hat er mich gefragt: „Mama, kannst du auch mal Hausaufgaben mit mir machen?“ Es fehlten uns die alltäglichen Dinge des Zusammenseins wie Kochen, Hausaufgaben machen. Indem ich Yoga mit Kindern angeboten habe, konnte ich mein Kind in meinen Beruf integrieren.
Sie haben mehr Zeit mit Ihrem Sohn verbracht. Warum tat gerade Yoga so gut?
Zernick: Weil wir gemeinsam etwas gemacht haben, das auf den ersten Blick keinen direkten Nutzen hatte. Natürlich kann man mit dem Kind auch gemeinsam Pilze sammeln. Aber sich körperlich nah sein, nur miteinander zu tun zu haben und keinen weiteren Zweck zu erfüllen, hat die Verbindung sehr gestärkt. Die ganze Aufmerksamkeit kann beim anderen sein. Da kräht kein Geschwisterkind, da klingelt kein Telefon. Es gibt Eltern, die sich nach dem Kurs fragen, ob sie ihrem Kind jemals so nahe waren.
Ist Kindern diese Innigkeit nicht auch peinlich?
Zernick: Ja, manche können das erst nicht aushalten. Sie sind irritiert über ihre eigenen Gefühle, werden albern oder kitzeln sich gegenseitig. Aber meistens legt sich das nach einer Zeit und sie können sich entspannen.
Wie war das bei Ihrem Sohn?
Zernick: Mein Sohn ist heute 15 Jahre alt und würde nicht zugeben, dass er dadurch ein anderes Verhältnis zu mir bekommen hat. Aber ich weiß, dass es unsere Beziehung gestärkt hat. Er ist jedes Mal weggeschmolzen. Und wenn wir heute gemeinsam Fußball gucken, dann streckt er mir seine Füße entgegen, um sie massieren zu lassen.
Sind Väter auch offen dafür, mit ihren Kindern Yoga zu machen?
Zernick: Viele tun es erst einmal als esoterisches Turnen ab. Diejenigen, die zu mir kommen, haben das oft von ihren Partnerinnen geschenkt bekommen, genießen es dann aber sehr, ihren Kindern so viel Aufmerksamkeit widmen zu können. Und umgekehrt Aufmerksamkeit von ihnen zu erfahren.
Warum brauchen unsere Kinder heute Yoga? Ist das nicht übertrieben?
Zernick: Früher haben die Kinder viel mehr Rollenspiele mit ihren eigenen Körpern nachgespielt. Die Erfahrungen daraus waren viel nachhaltiger als wenn Kinder heute hauptsächlich Medien konsumieren. Wir müssen aber unseren Körper spüren. Früher ging das nebenher. Heute müssen wir es institutionalisieren, damit es nicht verloren geht. Das ist so ähnlich wie wenn gestresste Erwachsene Wellnessreisen buchen.
Sonja Zernick (39), Yogalehrerin, Erzieherin. Leitet das Yoga- und Entspannungszentrum in Hannover.
Sonja Zernick: „Komm, wir machen Yoga!“, Südwest Verlag, München, 144 Seiten, 19,99 Euro.