Ein VersuchMit Kind um die Kegel beim Tandemfahren
Köln – Lastenräder sind in. Fahrräder mit Motor sind in. Fixies sind in. Fatbikes sind in. Herrgott, Fahrradfahren ist sowas von in, aber eins ist sicher: Tandems sind nicht in. Warum eigentlich? Weil es behämmert aussieht? Da könnten einem auch Liegeräder einfallen. Aber gut, die sind auch nicht in.
Tandemfahren macht Spaß, und das besonders, wenn man es mit Kindern macht. Angenehmer Nebeneffekt: Man hat die volle Kontrolle über den Beifahrer, kann direkt sprechen und lernt selbst noch etwas übers Radfahren, wenn man sich professionelle Hilfe für den Start holt.
Tandemfahren ist ein großer Spaß – bedarf aber etwas Übung
Eine Tandem-Stunde bei Anke Prinz ist auch nicht so viel anders als eine ihrer normalen Fahrsicherheitstrainings für Menschen, die Radfahren nicht parallel zum Zähneputzen gelernt haben und dann vielleicht Lust haben, das mit 70 doch noch mal auszuprobieren. Oder mit sieben.Wir treffen uns in Riehl auf einem stillen Parkplatz. Anke Prinz, mein Sohn Nicolas (4), das pinkfarbene Tandem und ich. Kinder sind besonders Tandemtauglich, wenn sie schon Fahrradfahren können – weniger Balance-Chaos, und man hat schon genug zu tun mit der Schubkarrensituation.
Die kommt aber erst später, nachdem ich eingewiesen wurde ins korrekte Anfahren (nicht im Sattel) und Bremsen (raus aus dem Sattel). Ab jetzt denke ich beim Radfahren immer „rechts, links, raus aus dem Sattel“, damit ich, wenn mein Rad zum Stehen kommt, nicht mehr sitzen bleibe, wie die dreihundertfünfundfünfzig Jahre zuvor. Rechts, links, raus aus dem Sattel heißt (das orientiert sich freilich an der Brems-Montage), erst bremsen für das Hinterrad, dann das Vorderrat mitbremsen und beim Stehenbleiben einen Fuß auf den Boden. Kapiert.
Dann ist Fahrschule: Schön mit dem langen Rad ums Hütchen fahren, im Kreis, Schlangenlinien, ganz enge Kurve und Vollbremsung. Klappt. Das Fahrgefühl ist anders; wie mit einem leeren Lastenrad. Das lange Vorne ist etwas träge und will ordentlich Schub von hinten. In die Kurven legt es sich wie ein gemütliches Boot, das keine Eile kennt. In schmaler Führung zu navigieren ist gewöhnungsbedürftig. „Wenn ein Weg ganz eng wird, durch eine Wand zum Beispiel, muss man den Mut haben, einmal kurz zum Hindernis hinzulenken, und dann einen größeren Bogen davon weg zu fahren“, erklärt mir Anke Prinz. Kannte ich so auch noch nicht. Ich übe. „Man fährt immer dahin, wohin man schaut“, sagt die zertifizierte Radfahrlehrerin. Also: Gegenverkehr in einer engen Straße besser nicht fixieren. Schon gar nicht mit Tandem. Übe ja schon.
Dann das Ganze zu zweit. Ich bin Pilot, Nicolas wird Co-Pilot, das findet er gut, aber dass sich sein Lenker nicht bewegen lässt, stößt auf Protest. Wir fahren um Kegel, im Kreis, Schlangenlinien und eng an der gedachten Wand entlang – klein hin, groß weg. Nicolas ist relativ leicht, noch keine 20 Kilo, aber wenn er vorne Quatsch macht, wackelt der ganze Dampfer. Zu Beginn rede ich ununterbrochen auf ihn ein, von mitgehen, von Balance halten, von Füße fest auf die Pedale. Er hört nicht zu, streckt plötzlich beide Beine in die Luft und macht Klingelkonzert. Ich versuche Halbkreis durch eine Seil-Straße.
„Mit der Zeit beginnen Kinder intuitiv die Bewegungen des Rads mitzugehen, erkennen die Fahrweise der Eltern.“ Anke Prinz ist mit ihren Kindern Tandem gefahren. Da wird aus zwei irgendwann eins, versichert sie. Nicolas und ich sind noch nicht ganz so weit. Da er einen Freilauf hat, hat er alle Freiheit zum Rückwärtstreten. In Fahrt lachen wir beide. Das ist wie Ente fahren mit offenem Verdeck, was man heute ja leider kaum noch erleben kann: Schon bei minimaler Geschwindigkeit glaubt man gleich abzuheben. Himmel, Wind, Freiheit – das ganze Programm. Das spürt vielleicht jeder, der Fahrradfahren ganz neu lernt und endlich alleine in die Abendsonne rollt. Oder über einen stillen Parkplatz in Riehl.
Anke Prinz betreibt ihre Radfahrschule in Köln-Riehl, Infos und Anfragen zu Kursen unter www.radfahrschule-prinz.de.