Elf Biersorten im TestWelches alkoholfreie Weizenbier schmeckt am besten?
Köln – Die Bier-Welt steht Kopf, besonders aus Sicht der großen Brauereien. Einerseits geht der Konsum bei den klassischen Bieren seit Jahren stetig zurück; auf der anderen Seite steigen Interesse und Vielfalt der handwerklich hergestellten Biere – der Craft-Beer-Kosmos wird stetig bunter.
In Köln bildet sich diese Entwicklung in der Gastronomie ab, besonders die hoch belebte Street-Food-Szene setzt auf kleine Erzeuger mit besonderen Geschmacksprofilen. Im Handel finden sich nun immer öfter Regale mit individuell Gebrautem; Spezialisten setzen gleich auf Craft Beer als Geschäftsidee.
Das Halbfertige
Paulaner Hefe-Weißbier alkoholfrei
Das goldbraune Weizen aus der Münchner Paulaner-Brauerei hat eine wunderbar goldig-braune Farbe, schäumt aber kaum. Der Geruch geht säuerlich in die Nase, da schwingt auch etwas Instantbrühe oder Tütensuppe mit. Mit leichter, weicher Kohlensäure ist das Weißbier zunächst angenehm im Mund, bleibt im Geschmack aber überraschend leer.
Nur ein saurer Ton behauptet sich am Gaumen, dahinter schimmert Fallobst durch. Hinten kein Abgang und in der Testrunde hochgezogene Augenbrauen und Spekulationen darüber, ob das Bier nicht ganz fertig geworden ist. Genau so schmeckt es nämlich: Da fehlt noch was. 0,5l ca. 1 Euro
Der Platzhirsch
Erdinger alkoholfrei
Einer der Platzhirsche auf dem stetig wachsenden Markt alkoholfreier Biere und durch treffsicheres Marketing längst im Verkaufskosmos der „freizeitaktiven Menschen“ – wie das im Branchenjargon heißt, wenn sich die Leute jenseits des Jobs sportlich betätigen – ganz vorne gesetzt. Das macht die kritische Test-Runde natürlich skeptisch, denn: Massengeschmack nicht gleich guter Geschmack. Das Bier läuft hell gelb-orange ins Glas, baut sich eine cremige Schaumkrone und riecht dann erstmal frisch, hopfig, angenehm, ja: animierend.
Im Mund moussige Kohlensäure, mit deutlich Hopfen und Hefe – mit etwas bitter, etwas herb, etwas süß, etwas fruchtig zeigt sich: der Biergeschmack. Hups. Schnell alle Ressentiments wieder eingepackt und zugegeben: Das ist ein ausgewogenes leicht trinkbares Produkt mit Erfrischungsfaktor und mit deutlichen Anklängen an das Original. Auch hier ein Platzhirsch. 0,5l ca. 1 Euro
Das Unausgegorene
Schöfferhofer Hefeweizen alkoholfrei
Mit den alkoholschwachen Weizen-Mixgetränken von Schöfferhofer hat sich ja der eine oder andere schon einst einen Sommer-Rausch durch die Hintertüre angetrunken (mit ewigem Beef zwischen der Grapefruit- und Kaktusfeigen-Fraktion), bis man beschloss: Wenn schon Rausch, dann richtig. Hier dräut das freilich nicht, weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol gelten als zu gering, als dass physiologische Wirkung spürbar wäre.
Bei diesem Hefeweizen ist physiologisch zwar alles in Butter, gustatorisch indes zeigt sich spürbar Wirkung in die falsche Richtung. Das apricotfarbene Gebräu schmeckt erst bitter, dann bitter und sauer, dann bitter, sauer und abgestanden – denn dass die Kohlensäure keine Präsenz zeigt, merkt man erst nach dem ersten Schreck.
Ein Plus für wirkliche Weizen-Enthusiasten und Schöfferhofer-Follower: Die typische Banane findet sich in Spuren. Alles zusammengenommen aber enttäuscht dieses Hefeweizen und wirkt in der Machart tatsächlich unausgegoren. 0,5l ca. 0,85 Euro
Das Verspielte
Lammsbräu Weiße alkoholfrei
Bei Neumarkter Lammsbräu muss es bei Limo-Fans eigentlich schon klingeln. Genau. Die sehr, sehr guten „Now“-Biolimonaden aus eben diesem Haus aus Neumarkt nahe Nürnberg zeigen nach wie vor den meisten Flachmännern des Segments, wo in Sachen Spritz und Geschmacks-Charakter der Hammer hängt.
Das muss also in der Produzenten-Familie liegen, über die sich in Sachen Bio-Erzeugung und Fair-Verantwortung mehr erzählen ließe, als in dieses Karree passt.
Die Weiße gluckert hellorange mit mäßig Schaum ins Glas und verblüfft gleich mal mit eigenwilliger Nase. Wir schauen alle nochmal aufs Etikett: doch, ein Ding aus der Bierfamilie. Aber der Duft ist eindeutig Quark und Honig, und der Geschmack wird weiter vom Honig-Ton getragen, unterspielt von einer mild-molkigen Matte, die maximal eine leichte Bittere mit sich trägt.
Mundfüllend und recht süß. Assoziiert werden in der Test-Runde wild von Joghurt-Lassi bis Quark-Dessert. Spielerei und Sympathie für ein interessantes Getränk. Aber Bier? Nein. 0,5l ca. 1,19 Euro
Das Schwierige
Weihenstephaner Hefeweißbier alkoholfrei
Alt, älter, Weihenstephaner – das sich das noch kein Bier-Texter ausgedacht hat, ist grad’ alles. Weihenstephaner ist keine Brauerei, Weihenstephaner ist ein Mythos. Erst Kloster, heute Bayerische Staatsbrauerei, dazwischen tausend Jahre Bier. Nicht ganz, aber das Ding hat Historie, Leute, da gibt’s nix zu wackeln.
Beim diesjährigen World Beer Cup räumten das Weihenstephaner Hefe- und Kristallweizen Gold- und Silbermedaillen ab. Der Laden läuft und das Alkoholfreie läuft genauso geschmiert schön gelb in die Verkostungskelche und macht sich mit typischem Weizenduft interessant. Der freudigen Erwartung folgt allerdings nicht der erwartete Trinkgenuss. Der erste Schluck ist adstringierend sauer, aromatische Unterfütterung fehlt.
Auch die wenige Kohlensäure lässt das Getränk stumpf und flach wirken. Wenig erfrischend und fast schwierig zu trinken, lautet das Experten-Urteil. Bei so viel Traditionstamtam hätte man sich auch bei jüngeren Produkten mehr Profil erwartet. 0,5l ca. 0,90 Euro
Das Charakterbier
Schneider Weisse TAP 3 Mein Alkoholfrei
Tradition und deutsches, vor allem aber bajuwarisches Bier – das gehört zusammen wie (hier ein beliebiges Vergleichsbild einsetzen) und so verwundert es nicht, dass auch die Familie Schneider schon Ur-Ur-Väter hatte, die sich am Weißbier versuchten.
Dass ein gutes Bier heute davon wirklich profitiert, mag Gedankenkuschelei sein. Fakt ist aber: Die klassische Schneider Weisse zählt zu den herausragenden Weizen unseres Landes. Die Familie sagt, das liegt am besonderen Gärprozess. Die Biere gären erst im offenen Bottich und anschließend auch noch in der Flasche – solchen Aufwand treibt nur selten einer.
Mit „Mein Alkoholfrei“ ist wohl ebenso behandschuht verfahren worden und im Ergebnis zeigt sich ein sehr dunkles Bier mit hefig-malziger Nase, frischer Kohlensäure und balanciertem Verhältnis aus vielschichtigen Aromen: Getreide, Quark, exotische Frucht liegen darin. Eine dichte Üppigkeit füllt dieses Bier, das sich trotzdem leicht trinken lässt. Ein Gaumenschmeichler mit ausgefeiltem Geschmackscharakter, der selbst Bier-Skeptiker freudig stimmen kann. 0,5l ca. 1,40 Euro
Das Florale
Störtebeker Bernstein-Weizen alkoholfrei
In Stralsund und in Bio-Qualität gebraut bereichert das Bernstein-Weizen unseren Test. Es ist ein hellgelbes Weißbier mit samtigem Schaum, das schon im Duft fruchtige und getreidige Töne zeigt. Am Gaumen wirkt das Weizen angenehm brausig, insgesamt ist die Kohlensäure aber zu schwach für die überbordende florale Aromatik.
Dem süßen Überbau auf weichem Wasser, der an Holunderblüte, Malz, Mürbeteig und Mandel denken lässt, täte mehr Bitter-Gerüst gut, um überhaupt ins Bier-Segment verortet werden zu können. Sabina Esser und auch andere Tester fühlen sich noch bei Radler oder Fassbrause am nächsten bedient. Allgemein frohlocken wir aber bei einem so bezaubernden Getränk, das unter die empfohlenen zehn Grad Trinktemperatur gekühlt werden sollte, um zu erfrischen. Um allerdings das Sujet dieses Tests nicht zu vernachlässigen: Konsequente Weizen-Sucher werden hier nicht fündig. 0,5l ca. 1,19 Euro
Das Schnäppchen
Oettinger Weißbier alkoholfrei
Wer jetzt direkt über das Billo-Bier lästern will, muss mal rausgehen. Das Oettinger Weißbier alkoholfrei ist gar nicht so übel, stellen wir fest. Zwar zeigt das gelbgoldene Weizen wenig Biernase und bleibt beim ersten Schluck schon recht flach trotz zugesetzter Gärungskohlensäure.
Auch ist es etwas zu süß, vor allem im Abgang (aber immerhin hat es einen…); es wirkt aber keine Spur klebrig, hat Aromen von Gebäck und Asche, ist leicht würzig-hopfig, bleibt im Gesamtgeschmack aber eher dünn. Aber Obacht: Das Oettinger macht auch nicht auf Premium, und für eine kühle Erfrischung mit etwas Biercharakter ist es trotz der dominanten Süße für seinen Preis in Ordnung. 0,5l ca. 0,43 Euro
Das Vordergründige
Franziskaner Weißbier alkoholfrei
Das Franziskaner riecht angenehm nach Bier und dann schmeckt das dunkle Weizen auch erstmal zünftig danach. Eine präsente Kohlensäure stützt die malzige Würzigkeit, zu der sich gleich ein etwas stumpf-bitterer Hall gesellt. Der Abgang ist sehr flach, da wundert man sich nach dem protzigen Anschluck. Ein säuerlicher Eindruck bleibt und damit ein bisschen zu wenig für ein dickes Lob. Das ist okay, könnte aber sicher mit mehr Charakter glänzen. 0,5l ca. 1 Euro
Das Süffige
Krombacher Weizen alkoholfrei
Dass die Krombachs aus dem Sauerland alkoholfrei können, zeigt schon das Pils. Beim Weizen, das wie übrigens auch die Mehrzahl der anderen Test-Biere, mit Hopfenextrakt und Gärungskohlensäure aufgehübscht wird, schauen wir Industrie-Skeptiker natürlich nochmal genau hin (immerhin ist Krombacher eine der größten Brauereien Deutschlands und keine romantische Manufaktur).
Das trüb-orangebraune Bier schäumt kräftig auf, kommt zunächst hefig und schnapsig in die Nase. Die Kohlensäurepower hebt den etwas dünnen Geschmack effektvoll auf Erfrischungsniveau. Dazu gibt es einen Weizen-typischen Bananen-Ton, eine leichte Süße, fast Richtung Kirsch, jedenfalls fruchtig, es entsteht tatsächlich eine alkoholische Illusion am Gaumen – das Ganze erscheint nüchtern betrachtet (und das sind wir ja alle) vielleicht sehr „gemacht“; aber daran kann man jetzt auch nicht rummäkeln, sonst sitzt man gleich in der Traditions-Falle. Also: Süffig, durstlöschend, mit präzisem Bier-Charakter. Auf jeden Fall ein Sieger. 0,5l ca. 0,85 Euro
Das Winter-Getränk
Neumarkter Lammsbräu Dunkle Weiße alkoholfrei
Wenn man nicht unbedingt ein Weizen will, wenn man sich ein Weißbier einschenkt, kann man sich diesen Exot in unserem Test durchaus schöntrinken. Schön anzusehen ist er schon mit seinem dunkelbraunen goldschimmernden Farbton.
Er narrt die Hefe-Sucher mit seinem großzügigen Malz-Schmelz, mit Karamell- und Schwarzbrot-Aromen. Mehr Bizzel täte dem Frische-Eindruck und sicher auch dem Gesamtprofil gut, das mit der schwachen Kohlensäure zu füllend und behäbig bleibt. Sehr süß also und sehr malzig, ergo: Mit sommerlicher Erfrischung ist es nicht so weit her.
Aber zu anderer Gelegenheit (oder Jahreszeit) kann man so einiges mit diesem interessanten Getränk imaginieren. Wenn man nicht unbedingt ein Weizen will, wenn man sich ein Weißbier einschenkt. 0,5l ca. 1,19 Euro