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Bulletproof-Coffee im SelbsttestButter im Kaffee als neuer Diättrend

Lesezeit 4 Minuten

Magazin-Mitarbeiter testen "Bulletproof Coffee".

Wir kennen ihn schwarz, mit Milch und Zucker oder Sahne. Aber Kaffee mit einem Würfel Butter? Klingt gewöhnungsbedürftig, verbreitet sich aber gerade auf den Frühstückstischen Amerikas. „Bulletproof Coffee“ (kugelsicherer Kaffee) heißt der Trend aus den USA, der große Versprechungen macht.

Man nehme hierfür eine Tasse Filterkaffee und füge einen Löffel Butter sowie einen Löffel Kokosnussöl hinzu. Das Versprechen: Mit nur einer Tasse „kugelsicherem Kaffee“ am Morgen sollen Energie sowie Leistungsfähigkeit gesteigert und gleichzeitig das Körpergewicht reduziert werden. Angeblich beugt das neue Allround-Heilmittel auch Alzheimer vor und senkt den Cholesterinwert. Klingt ganz nach Zaubertrank. Aber was steckt wirklich dahinter?

Trendsetter der Butterkaffee-Szene

Als Trendsetter der Butterkaffee-Szene gilt Dave Asprey, ein amerikanischer Unternehmer aus dem Silicon Valley, der schon lange versucht, seine Gesundheit zu optimieren. Er verbrachte die vergangenen 15 Jahre damit, seinen Körper gründlich zu untersuchen und ihn an einigen Stellen zu verbessern. Bisher hat er nach eigenen Angaben knapp 250000 Dollar investiert und es mithilfe bestimmter Techniken geschafft, sein biologisches Alter durch effizienten Schlaf zu verringern und seinen IQ um 20 Punkte zu erhöhen.

Das Rezept für den Wunderkaffee entwarf Asprey nach einer Klettertour im Himalaya-Gebirge. Einheimische boten ihm schwarzen Tee und Yak-Butter an – eine Mischung, die vor allem in asiatischen Kulturen seit jeher als Nationalgetränk gilt. Aufbauend auf seinen neu gesammelten Erfahrungen, gründete Asprey daraufhin das Unternehmen „The Bulletproof Executive“. Er widmet sich dabei Methoden und Produkten, mit denen man Krankheiten vorbeugen und seinen Körper sozusagen kugelsicher machen kann.

1 Tasse Filterkaffee1 TL Butter1 TL Kokosnussöl

Alle drei Zutaten in einem Mixer gut durchmixen. Alternativ kann auch ein Pürierstab verwendet werden oder man verrührt die Kaffeemischung mit aller Kraft per Hand. Unterschiede gibt es dadurch nur bei der Konsistenz, nicht jedoch bei der Wirkung.

Aber abnehmen durch Butter? Es klingt wie ein Märchen. Die Theorie beruht auf der derzeit sehr beliebten Paleo-Diät, auch bekannt als Steinzeit-Diät. Dabei darf man nur Nahrungsmittel essen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie auch schon in der Steinzeit existiert haben. Auf Zucker, Getreide, Milchprodukte und pflanzliche Fette wird verzichtet. Stattdessen stehen Gemüse, Fleisch, Fisch und Nüsse auf dem Speiseplan. Tatsächlich sind in Butter und Kokosnussöl MCT-Fettsäuren, also mittelkettige Triglyceride, enthalten, die vom Körper deutlich leichter abgebaut werden können als die in den meisten Nahrungsmitteln vorhandenen langkettigen Fette.

MCT-Fettsäuren benötigen bei der Verdauung nur wenige Enzyme aus der Bauchspeicheldrüse und keine Gallensäure. Im Magen-Darm-Trakt werden die Fettsäuren daher schnell gespalten und leicht aufgenommen. So entsteht Energie, die sofort zur Leber gelangt. Bei der Fettverbrennung in den Mitochondrien – den Kraftwerken der Leberzellen – bilden sich daraufhin Ketonkörper, die bei hoher Konzentration im Blut zu einem verminderten Hungergefühl führen können und gleichzeitig das Gehirn mit zusätzlicher Energie versorgen.

Gute und böse Fette

Schon lange existiert die Unterscheidung zwischen guten und bösen Fetten, daher ist der Gewichtsverlust mit Hilfe von Fett gar nicht so untypisch. Doch gute Fette in Lebensmitteln zu finden ist schwerer als gedacht. Die meisten Nahrungsmittel und Speisefette, die wir täglich verzehren, bestehen aus den langkettigen Fetten, die schwerer zu verdauen sind und somit eine Gewichtszunahme fördern. MCT-Fette hingegen sind natürlicherweise nur in Kokosfett, Palmkernöl und in geringer Menge in Milchprodukten wie Butterfett enthalten. Margarine kommt für die Zubereitung des Kaffees also nicht in Frage, da sie kein Butterfett, sondern pflanzliche Fette enthält – ein absolutes Tabu laut Paleo-Diät.

Der „Bulletproof Coffee“ scheint jedenfalls eine Möglichkeit zu sein, die gering vorkommenden Fette aufzunehmen. Auch Menschen mit einer Lebensmittelunverträglichkeit werden nicht ausgeschlossen, denn die Kaffeemischung beinhaltet weder Laktose noch Gluten. Veganer kommen auch nicht zu kurz – einfach die Butter weglassen und den Kaffee mit ein bisschen mehr Kokosnussöl verfeinern. Miriam Emmermann vom Deutschen Kaffeeverband verspricht sich eine positive Zukunft des amerikanischen Trends: „Zwar gehen wir nicht davon aus, dass der »Bulletproof Coffee« die Popularität von Cappuccino erlangen wird. Aber diese Zubereitungsart könnte sich durchaus in Szene-Cafés und Coffee-Shops etablieren.“

Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, steht dem Butterkaffee trotz allem sehr kritisch gegenüber. „Der Bulletproof-Kaffee kann zwar kurzfristig gesehen einen Erfolg bei der Gewichtsabnahme zeigen, da der Körper bei der Verbrennung der MCT-Fette mehr Energie braucht“, sagt Gahl. Sie betont allerdings auch, dass sich der Körper mit der Zeit an diesen Zustand gewöhne und daher der langfristige Erfolg ausbleibe. Wer abnehmen möchte, sollte ihrer Meinung nach nicht auf den Wunderkaffee vertrauen, sondern sich den bekannten Methoden widmen – einer gesunden Ernährung und viel Bewegung etwa.

Ein Zaubertrank? Ist der Butterkaffee also nicht wirklich. Der Bulletproof-Kaffee könne beim guten Start in den Tag helfen, wenn man nicht gerne gleich nach dem Aufstehen frühstückt. Ein täglicher Konsum berge keine Risiken. Allerdings ist es laut Antje Gahl nicht ratsam, auf ein ausgewogenes Frühstück zu verzichten: „Die Auswirkungen des Butterkaffees wurden bis heute nicht wissenschaftlich erwiesen. Der Körper braucht viele Nährstoffe, Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe, die er allein durch den Kaffee, die Butter und das Kokosnussöl nicht aufnehmen kann.“