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Europäische Küche in EhrenfeldRestaurant Traubenzeit als gute Seele des Viertels

Lesezeit 3 Minuten

Die Traubenzeit in Neuehrenfeld.

Ein Besuch in der Traubenzeit fühlt sich so an, als wäre sie schon immer dagewesen. Die gute Seele des Viertels. Als wäre das kleine Restaurant ein Familienbetrieb in der dritten Generation. Sie würde hervorragend in eine heimelige Provence-Doku passen: Der Patron, ein kugeliger Herr um die 70 mit Schnauzbart und Metzgerschürze, steht breit lächelnd im Türrahmen, erkundigt sich nach der Gesundheit der Mutter und der Mathenote des Ältesten, nimmt die Weinlieferung an und brüllt dem Koch hinterher, er möge an das Baguette im Ofen denken.

Patrick Beckmann ist weder kugelig noch 70, keine Metzgerschürze, kein buschiger Schnäuzer und das Verrückteste: Er hat die Traubenzeit vor sage und schreibe sechs Jahren erst eröffnet. Diese Erkenntnis war erschütternd und passte so gar nicht in meine hübsch-romantische Assoziationskette. Keine Familiensaga, keine Marmelade kochende Oma, kein Winzersohn, nix. Lediglich ein drahtiger, junger Kölner mit deutlichem Dialekt, einer Kochausbildung und ausgerechnet einem Cateringunternehmen, der am wenigstens pittoresken Gastro-Variante, neben der Betriebskantine.

Undefinierbare familiäre Atmosphäre

Französischer Brasserie-Stil wie er sein sollte.

Woher kommt dann dieses Gefühl, diese familiäre, gewachsene Gemütlichkeit? Das Konzept der Traubenzeit ist simpel: Drei Vorspeisen, fünf Hauptgänge, zwei Desserts. Wöchentlich werden einzelne Gerichte gewechselt, alle zwei Wochen komplett. Dazu gibt es eine schöne Weinkarte und höflich kalkulierte Preise. Das Interieur ist hübsch, typischer Brasserie-Stil, also auch nichts, was man noch nie gesehen hätte.

Küchenchef Torben Kruse kocht französisch inspiriert, saisonal und vor allem gut. Steinbeißer auf Kräuterrisotto mit Safransauce und Spinat – klassischer geht’s kaum. Außer vielleicht mit karamellisiertem Ziegenkäse und Thymian-Pfirsichen. Auf die gleiche Karte schreibt Kruse Pastrami mit Honig-Artischocken und einen Rinderfilet-Burger mit Guacamole, Bacon, Chester und mariniertem Gemüse. Klassisch ist nicht mit altmodisch zu verwechseln. Das Kalbsragout mit Pfifferlingen ist butterzart und eine gigantische Portion. Bei der Crème brûlée hat sich möglicherweise eine Tonkabohne verirrt, wenn ja, passte sie ganz ausgezeichnet zum Mangosorbet.

So ganz hab ich immer noch nicht herleiten können, woher diese ominöse, undefinierbare Atmosphäre kommt. Möglicherweise ist die Antwort so banal, wie gut: Es ist das Personal. Die sind so nett, dass man schreien möchte. Und es ist nicht diese aufgesetzte Freundlichkeit, die dem Gast aus leeren Augen entgegen gelächelt wird. Die meinen das Ernst mit ihrer Nettigkeit. Als würden die das alle gerne machen, was die da machen. Wenn das der Schlüssel ist, ist es der beste den ein Gastronom haben kann.

Probiertes

Salat mit karamellisiertem Ziegenkäse und Thymian-Pfirsich

Blattsalat mit karamellisiertem Ziegenkäse, Thymianpfirsich und Walnuss-Crunch // 6,50 Euro

Mariniertes Pastrami mit Honig-Artischocken, roter Zwiebel und Tomaten // 7 Euro

Steinbeißer mit Safransauce, Spinat und Kräuterrisotto // 16 Euro

Kalbsragout mit Pilzen, Rucola, Pasta und Parmesan // 15,50 Euro

Crème brûlée mit Sorbet // 6 Euro

Restaurant Traubenzeit, Hauffstraße 1, 50825 Köln, ☎ 2053446, geöffnet täglich, 18-23 Uhrrestaurant-traubenzeit.de

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