Gault & Millau, Eichelmann und Falstaff WeinguideAlles über die besten deutschen Weine 2015
In Deutschland wird jedes Jahr in mehr als 18000 Betrieben, in 13 Regionen, auf 102000 Hektar Rebland und mit mehr als 140 zugelassenen Traubensorten Wein gekeltert. Es ist also kein Wunder, dass es für den Weingenießer bei dieser Vielfalt schwierig ist, den Überblick zu behalten. Dabei geht es längst nicht nur um die Qualitäten einzelner Weine. Weinfachleute und ambitionierte Laien interessieren sich vor allem für die Entwicklungen in der Deutschen Weinszene, welche Neuerungen es in den einzelnen Regionen gibt, wie sich die Weinstile weiterentwickeln oder ob junge Winzer vielversprechend ins Rampenlicht treten. Ebenso wichtig ist die Frage nach dem Preis-Genussverhältnis vom teuren Spitzenwein bis hin zum süffigen Literschoppen.
Weinguides können Orientierungshilfe bieten, um die richtige Wahl zu treffen. Dass es solche Weinführer gibt, ist gleichermaßen Segen und Fluch für die Weinmacher. Einerseits sind die Auszeichnungen für die Winzer Ansporn und wirtschaftlicher Katalysator zugleich. Sie dienen nicht nur dazu, Weinkäufer auf bestimmte Weine und Betriebe aufmerksam zu machen. Gute Bewertungen sind auch ein gern genutztes Marketinginstrument für Weinhändler. Renommierte Führer wie der Gault&Millau haben viel für die Entwicklung der deutschen Weinbranche und deren ökonomischen Erfolg bewirkt. Ebenso sind Weinguides eine wichtige Plattform, um jungen Winzertalenten zum Durchbruch zu verhelfen. Kein einzelner Kritiker, kein einzelner Blogger – sei er auch fachlich kompetent – kann so umfänglich, fundiert und weitreichend diese wichtigen Aspekte erfüllen.
Kritikpunkt der Weinführer bleiben allerdings die Bewertungen. Sie werden zumeist mit Hilfe eines 100-Punktesystems abgegeben. Das stuft die Qualität sofort ein und hat damit großen Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg der Winzer. Der Verbraucher ist zwar dankbar dafür, denn die Punkte sind leicht verständlich und vergleichbar. Die Schwächen der mathematischen Einstufung von Weingeschmack liegen jedoch auf der Hand. Sie sind stets nur eine Momentaufnahme und spiegeln nur die Meinung einzelner Personen oder einer kleinen Gruppe wider. Entspricht ein bestimmter Weinstil nicht dem Geschmacksbild der Tester, muss sich der Winzer entweder anpassen oder auf die Bewertungen verzichten. Das birgt die Gefahr, dass eine geschmackliche Uniformität entsteht. Und die kann zwar auf hohem Niveau stattfinden, den ambitionierten Weingenießer aber langweilen.
Wir haben uns die drei wichtigsten deutschen Weinguides angesehen und geben Ihnen Tipps für den richtigen Umgang damit.
Gault & Millau WeinGuide Deutschland 2015
Seit 22 Jahren gibt es diesen Weinführer, der auch international am meisten beachtet wird. Verkostet und bewertet werden die Weine von einem anerkannten, sehr fachkundigen Autorenteam, bestehend aus 25 Weinjournalisten und Sommeliers. Die Bewertungen, besonders der besten Weine, entstehen in mehreren Verkostungen. Dadurch versucht der Gault&Millau so nah wie möglich an ein objektives Urteil heranzukommen. Hoch bewertet werden Weine die über Balance, Intensität und Komplexität der Aromen sowie über Lagerfähigkeit verfügen. Die hier ausgezeichneten Winzer haben über einen längeren Zeitraum hinweg bewiesen, dass sie jedes Jahr zuverlässig Spitzenweine erzeugen. Damit sind die hier ausgezeichneten Weine und Weingüter diese, die auch international für die deutsche Weinspitze stehen. So ist der Gault&Millau ein gutes Buch für die, die sich über die Hierarchie in der deutschen Weinszene ein Bild machen möchten. Hier sind auch die zusätzlichen Rubriken wie „Die Klassiker der deutschen Weinkultur“ interessant zu lesen. In gut geschriebenen Artikeln erfährt der Leser viel Wissenswertes über Neuentwicklungen in der Weinbranche, wie etwa die Lagenklassifikation. Ebenso kurze Einführungstexte geben einen guten Überblick zu jeder Weinregion. Nachteil ist, dass dieses System wenig Raum für Neuentdeckungen lässt. Zudem haben es Winzer schwer, einen adäquaten Platz in dem Buch zu finden, wenn sie einen kantigeren aber dafür umso interessanteren Weinstil pflegen. Schnäppchenjäger kommen zudem nur wenig auf ihre Kosten. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Gault & Millau Weinguide sehr übersichtlich und logisch gestaltet ist. Er bietet dem Leser fundierte Bewertungen und gibt einen sehr guten Überblick über die gesamte deutsche Weinszene.
Christian Verlag München, 29,99 Euro, 1000 Weingüter und 11729 Weine ausgewählt und bewertet.
Eichelmann 2015 Deutschlands Weine
Ein Standardwerk wie der Gault&Millau ist der umfangreiche Eichelmann Weinführer, der nun zum 14. Mal, allerdings mit neuem Layout und gebunden erschienen ist. Es ist das dickste und schwerste Buch in diesem Vergleich. Verkostet und bewertet werden die Weine von einem kleinen Autorenteam, bestehend aus fünf Weinjournalisten. Leider gibt es keinen Hinweis, wie und nach welchen Kriterien die Bewertungen entstanden sind. Ebenso gibt es im Buch keine Begründung, warum bestimme Weingüter einen Ehrenpreis wie „Beste Weißweinkollektion“ erhielten. Layout und Einteilung sind auf den ersten Blick unübersichtlich, so dass sich der Weineinsteiger schnell verloren vorkommt. Gut gelungen sind die Texte zu den jeweiligen Betrieben. Sie helfen, die Bewertungen auch geschmacklich einzuordnen. Besonders positiv ist, dass auch Weingüter abseits des Mainstreams gut bewertet werden. Auf einer großen „Schnäppchenliste“ lassen sich viele interessante Entdeckungen machen. Der Eichelmann ist für geübte Weinkenner zu empfehlen, die auf der Suche nach herausfordernden Weinen mit Ecken und Kanten sind.
Verlag Mondo Heidelberg, 29,95 Euro, 9400 Weine / 850 Weingüter
Falstaff Weinguide 2015
Noch neu in der Branche ist der Falstaff Weinguide, der kürzlich zum zweiten Mal erschienen ist. Verkostet und bewertet wurden die Weine von anerkannten und fachkundigen Sommeliers und Journalisten, die auch ausgefallene Weine und mehr geschmackliche Diversität zulassen. Weniger konzentriert auf die großen Traditionsbetriebe bietet der Weinführer eine große Plattform für junge und dynamische Neuentdeckungen. Neben jungen Talenten – wie etwa die rechts vorgestellten Knewitz-Brüder – lernt der Leser eine Vielzahl von Weinen zum besten Preis-Leistungsverhältnis kennen. Besonders gelungen sind die ausführlichen Einführungstexte zu den einzelnen Regionen. Hinzu kommt, dass die vorgestellten Weine nicht nur bepunktet werden, sondern auch ihr Geschmack beschrieben wird. Dies ist für Weineinsteiger gut verständlich sowie kurzweilig zu lesen. Mit Restaurantempfehlungen und Wandertipps ist der Falstaff zudem eine wertvolle Hilfe für alle, die in den wunderschönen deutschen Anbaugebieten einen Kurzurlaub planen. Kurzum: Das handliche Format und das übersichtliche sowie ansprechende Layout mit vielen Bildern macht dieses Buch unterhaltsam und besonders geeignet für den Laien. Und auch Weinfachleute können auf spannende Betriebe aufmerksam werden. Einen umfassenden Überblick über die deutsche Weinbranche gibt das Buch jedoch nicht.
Falstaff Deutschland, Düsseldorf 19,90 Euro, 320 Weingüter, 1800 Weinempfehlungen und 150 Gasthäuser in den Weinregionen