Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

GrillenMänner, gebt Gas!

Lesezeit 6 Minuten

Köln – Echte Kerle dominieren das Feuer, beherrschen die Glut, machen sich das Fleisch Untertan. Das Grill-Fleisch wohlgemerkt – so will es zumindest das vielbemühte Klischee. Hantieren mit offener Hitze ist Männersache, Rostjonglage und Wendezangenzirkus gehören zum Holzkohlegrillen wie der Jungstraum von rußigen Wangen. Und: Die Hobbyszene wird von Grill-Fundamentalisten bevölkert. Kohle-Fundis oder Brikett-Fundis, Wurst- oder Steak-Fundis; die Grautöne der Asche kann Abendgespräche füllen. Aber: Geht es hier um Genuss oder um die Gaudi für den Mann?

Wer dieses – nennen wir es Vorstadium der Garkunst hinter sich gebracht hat und sowieso nicht mehr im Park sein Feuerchen entfacht, ist wohl auf dem direkten Weg, sich über einen Gasgrill Gedanken zu machen. „Früher war ein Gasgrill etwas für Gutbetuchte. Aber schon seit einigen Jahren wird unsere Kundschaft gemischter und jünger“, beobachtet Willie Walker, der seit zehn Jahren beim Grill-Spezialisten Santos in Köln-Mülheim berät. Was diese Menschen auch immer zum Kauf bewogen hat – zwei schlagende Motive waren dabei: von kulinarischer Seite die Vielseitigkeit der Geräte; von praktischer Seite die schnelle und spontane Einsetzbarkeit, was Grillen das ganze Jahr über viel wahrscheinlicher macht als der Mythos vom pelzbemützten Mann am Rost. Denn ist genau der mal nicht im Haus, drücken einfach die anderen einen Zündknopf – und zehn Minuten später geht die Sause schon los, mit gleichmäßiger und dauerhafter Wunschhitze. Genauso schnell ist das Unterfangen auch wieder abgeschlossen, ohne Angst vor Glutresten im Ascheberg.

Um den stärksten Vorurteilen entgegenzutreten: Auch beim Garen mit Gas entsteht Grillgeschmack, auch dort kann man schöne Muster in Steaks brennen, auch drumherum ist es gesellig und die Zubereitung der Speisen macht sehr viel Spaß. Kurz: Gasgrills sind Trend und was den angehenden Anwender am stärksten umtreibt, wird mit Willie Walker hier in sieben Punkten beantwortet.

Die günstige Variante für den Einstieg, bei wenig Platz oder für alle, die sowieso nur direkt über einem Brenner grillen, sind die Tischgrills wie der O-Grill von Santosgrills, der City von Outdoorchef oder der Q120 von Weber Grills. Sie werden von einem Brenner befeuert, Kosten rund 150 Euro, das Weber-Modell 250 Euro. Wer die Vielseitigkeit einer Gasgrillstation nutzen will, sprich: direkt und indirekt grillt oder räuchert, muss für ein qualitativ solides Gerät laut Willie Walker mindestens 450 Euro im Budget haben. Nach oben sind in Sachen Anschaffungspreis kaum Grenzen gesetzt, je mehr Technik, Design und Markenkult dazukommen. Ein Grandhall X-Series 1 im mattschwarzen Porschedesign mit LCD-Display, Zeitkontrolle und Messfühler steht für 4999 Euro auf der passenden Terrasse.

„Die besten Roste sind aus Gusseisen oder Edelstahl“, sagt Willie Walker. Sie speichern die Hitze gut, machen schöne Muster ins Fleisch, sind leicht zu reinigen und halten sehr, sehr lange. Ein emailliertes Grill-Innenleben ist solide, etwas anfälliger für Risse und Rost. Eine gute Feuerkammer ist massiv und wird vom Deckel möglichst abgeschlossen, hat Öffnungen um Sauerstoff zu ziehen und Abluft abzulassen. Nur so kann sich die Hitze gleichmäßig im Innenraum verteilen. Das Mantelmaterial, also Deckel und Unterschrank, sollte möglichst stabil sein, sich nicht winden und dem Wetter trotzen. „Gute Qualität bleibt rund ums Jahr draußen“, sagt Willie Walker. Aluminiumdruckguss ist sehr witterungsbeständig, Edelstahllegierungen sind noch hochwertiger, aber auch kostenintensiver. Ein Gerät aus pulverbeschichtetem Stahlblech sollte nicht dauerhaft unter freiem Himmel stehen. Eine Abdeckhaube schützt zusätzlich.

Neben der soliden Konstruktion macht die Vielseitigkeit den Gasgrill aus. Deshalb sind zwei Heizzonen das Minimum für Gar-Komfort, drei sind optimal, mehr sind angenehmer Luxus, ebenso wie viel Platz auf dem Rost. Die Temperaturstufen niedrig, mittel und hoch sollte über die Regler gut zu kontrollieren sein. In den Deckel gehört ein Thermometer, der die Innentemperatur anzeigt. Praktisch sind seitlich angebrachte Arbeitsflächen oder ein zusätzlicher Gasbrenner (möglichst mit Deckel), auf dem Beilagen oder Soßen zubereitet oder warmgehalten werden. Die Fettauffangwanne sollte zur Reinigung leicht herausgenommen werden können. Sehr komfortabel ist es, wenn die Gasflasche nicht neben oder hinter dem Gerät steht, sondern im Unterschrank untergebracht werden kann.Bei technischen Extras wie einer Halterung für Grillen am Spieß, eventuell sogar mit entsprechend starkem Motor, einem Infrarotbrenner, einer separaten Warmhalteplatte oder Grillflächenbeleuchtung überlegt man sich am besten in aller Ruhe, ob man das wirklich braucht. Ebenfalls beim Thema Hitzehöchstleistung: Ein sehr leistungsstarkes Gerät kann (witterungsbedingt) 700 bis 1200 Grad Celsius unter die Haube bringen. Aber nur für große Fleischstücke und sehr krosse Ergebnisse benötigt man solche Temperaturen.

Angefeuert wird über einen mechanischen oder elektrischen Zünder. Zunächst den Deckel öffnen, damit sich darunter kein Gas sammeln kann. Ventil der Gasflasche öffnen, dann die gewünschten Brenner zünden, Deckel schließen, vorheizen, nach rund zehn Minuten kann gegrillt werden. Die Temperatur hält, kann über die Bedienknöpfe aber auch einfach hoch- oder runterreguliert werden. Wer über mehrere Brenner verfügt, kann diese gezielt für direktes oder indirektes Grillen einsetzen. Beim direkten Verfahren liegen Fleisch oder Würste eben direkt über den Hitzequellen. Für indirektes Garen wird eine Seite oder werden beide Seiten rechts und links des Grillguts erhitzt, während die Zone darunter kalt bleibt. Für indirektes Grillen sowie Räuchern muss der Deckel geschlossen werden. Für das Garen im Rauch nutzt man entweder eine bereits eingebaute Räucherbox oder eine Zubehör-Box, die mit gewässerten Räucherchips befüllt wird. Was auch immer zubereitet wird – Steak oder Bratkartoffeln – wenn es gar ist, schaltet man das Gerät einfach wieder aus und dreht dann die Gasflasche zu.

Grillzangen und Wender sowie eine gute Grillbürste zur Rost-Reinigung gehören zur Grundausstattung. Zudem kann man mittlerweile unter unglaublich viel Zubehör wählen. Toll sind Räucherbox und Räucherchips – mit dieser Garmethode zu experimentieren macht sehr viel Spaß. Ein Fleischthermometer, um die Kerntemperatur von Steaks, Braten oder Hähnchen zu messen, kann ein Grill-Leben verändern. Ein Pizzastein ist für Gasgriller fast ein Muss, denn hier gibt es die hohen Temperaturen, die eine gute Pizza braucht! Eignet sich auch für Brot und andere Backwaren.´Auf einer Zedernholzplanke lassen sich sehr gute Ergebnisse mit Fisch erzielen (siehe Rezepte S. 4). Je nach Interessenslage gibt es Drehspieße, ein Bratenkorb kann auch als Spare-Rib-Halter genutzt werden. Zusätzliches Kochgeschirr wie Brat-, Grill- oder Gemüsepfannen, Wok oder Fischkörbe machen aus einem Gasgrill eine Freiluftküche.

Gasgrills werden mit Propan oder Butan befeuert, die in Pfand-Gasflaschen erhältlich sind. Propan eignet sich auch zum Wintergrillen, Butan nicht. Umsicht ist beim Umgang mit Gasflaschen geboten: im Stehen transportieren und nie in geschlossenen Räumen aufbewahren, auch nicht in der Garage! Das Gasventil wird nach dem Grillen immer wieder zugedreht. „Den Schlauch sollte man am besten im Frühjahr auf poröse Stellen und Dichtigkeit prüfen“, rät Willie Walker. Schlauch und Druckminderer sollten alle vier Jahre ausgetauscht werden.

„Viele Kunden wollen ihren Grill so saubermachen, dass er wieder aussieht wie neu. Da muss ich sagen: Das klappt nicht!“ Auch wenn das Gerät nicht mehr blitzt – Willie Walker rät von scharfem Reinigungsmittel ab, spezielle Grillreiniger sind oft gar nicht nötig. „Im Normalfall reicht eine Grundreinigung im Quartal“, sagt er. Dann wird die Fettpfanne geleert, Fettreste im Innenraum werden mit Spülmittel bekämpft, Hartnäckigeres mit Backofenspray. Für den Rost und nach oder vor jedem Grillen: pyrolytische Reinigung. Das heißt, dass der Rost so stark unter Hitze gesetzt wird, dass die Speisereste krustig und aschig werden. Mit einer harten Grillbürste können sie dann einfach abgebürstet werden und der Grill ist wieder parat für die nächste Sause.