Gutbürgerliches Restaurant: Zu Gast bei Meister Lampe im Agnesviertel

Seit Jahren liegt mir der Kollege in den Ohren „Jule, du musst da hin. Diese Spießbratenbrötchen.“ Dabei dehnt er das I so lange, bis ihm beinahe die Stimme wegbricht und verdreht vor lauter Verzückung die Augen. Ich notierte das jedes Mal, nickte eifrig und schob mit Blick auf die mittägliche Kantinenauswahl des Tippgebers die genannte Empfehlung ans Ende der To-do-Liste.

Grober Fehler! Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich entschuldigen: Lieber Düppi, wenn du mich demnächst für den besten Metthappen von Köln ans andere Ende der Stadt schickst, lass ich sofort alles stehen und liegen und flitz los. Versprochen.

Meister Lampe heißt eigentlich Hasi. Also genau genommen Christian Matthäi, aber seine Freunde sehen das anders. Der Koch mit dem flauschigen Spitznamen kommt ursprünglich aus dem Süden Thüringens („Da wo die ganzen Glaskugeln herkommen“) und weigert sich seit jeher, den Kölner Karneval im Hasenkostüm zu begehen. Mit rollendem R und unverblümter Herzlichkeit bugsiert er seine Gäste quer durch den Laden und erklärt das Konzept von Meister Lampe.

Von Montag bis Freitagnachmittag gibt’s Spießbratenbrötchen, vegetarische Tagesgerichte wie Pasta mit Misobutter und Spargel oder frisch gebackene Quiche und natürlich seine legendären Suppen/Eintöpfe im Weckglas. Donnerstag ist Schnitzeltag und Freitagabends gibt es ein festes Drei-Gang-Menü. Unbedingt vorher reservieren und Vegetarier ankündigen. „Getränke holt ihr euch selbst aus’m Kühlschrank. Hier habt’z ’en Stift. Schreibt euren Namen auf die Flasche. Tip-top, los geht’s.“

Christian Matthäi hatte nach 15 Jahren Spitzengastronomie den edlen Mikrokosmos satt: „Ich konnte es nicht mehr sehen. Ich musste da raus. Den Kopf frei kriegen.“ Also kochte er fortan gutbürgerlich. Die Spießbratenbrötchen waren eigentlich eine Mittagstisch-Idee während eines zähen Fußballsommers.

Das „Fußballbrötchen“ wurde ein Verkaufsschlager – und Matthäi zum Spießbratenkönig. Seit acht Jahren serviert er seine Bestseller aus feinstem Schwein und Kraut. Langweilig wird ihm nicht. Als eines Tages doch wieder der Wunsch nach „Schön-Kochen“ in ihm aufkeimte, beschloss er spontan den Freitagabend zum Drei-Gänge-Abend zu machen.

Jedes Menü bekommt ein Motto und Matthäi kocht, worauf er Lust hat – Spargel mit Sauce hollandaise, Lasagne mit Kirschtomatensalat, Kartoffelsalat mit Oktopus. Die Menüs werden online angekündigt und es gilt das erfrischend geradlinige Prinzip „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.“ Der unkonventionelle Plan geht auf. Die Stammkundschaft wächst. Bleibt noch ein Wunsch offen: Bitte, lieber Christian, zieh endlich das Hasenkostüm an.